Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861.

Bild:
<< vorherige Seite

Sechsunddreissigste Vorlesung.
Wand der Vorkammer und vom oberen Rande des Septum ventricu-
lorum
ausgeht. In dieselbe Zeit und vielleicht schon etwas früher
fällt auch die Entwicklung zweier anderer Falten an der hinteren
Valvula
Eustachii.
Valvula
foraminis ovalis.
Wand des Vorhofes, der Valvula Eustachii und der Valvula foraminis
ovalis
rechts und links an der Mündung der unteren Hohlvene, welche
Bildungen alle im dritten Monate viel deutlicher werden und dann
schon eine bessere Scheidung der Vorhöfe bedingen, die jedoch, wie
Ihnen bekannt, während der gangen Fötalperiode unvollkommen
Foramen ovale.bleibt, indem dieselben durch das grosse Foramen ovale verbunden
sind. Dieses Loch ist nicht als eine einfache, von rechts nach links
durchgehende Oeffnung in der Scheidewand zu betrachten, sondern
mehr als ein die Cava inferior, die beim Embryo auch zum Theil in
den linken Vorhof mündet, fortsetzender schiefer Kanal, dessen Be-
grenzungen die um diese Zeit sehr grosse Eustachi'sche Klappe und
die Klappe des eiförmigen Loches sind, die man auch als Fortsetzun-
gen der Wand der Vene auffassen kann. Nach der Geburt verschmilzt
die Valvula foraminis ovalis mit dem nach rechts von ihm gelegenen
Septum und stellen dann beide miteinander das bleibende Septum
atriorum
dar. -- Die Wandungen der Vorhöfe sind beim Embryo
lange Zeit ungemein dünn, verstärken sich dann an den Herzohren,
an denen zuerst Trabeculae sichtbar werden und später auch an den
übrigen Theilen.

Lage des
embryonalen
Herzens.
Zum Schlusse gebe ich Ihnen nun noch einige Bemerkungen
über die Lage des Herzens. Unmittelbar nach seiner Entstehung
liegt das Herz entschieden im Bereiche des Kopfes, wie Sie aus der
Fig. 43 und 46 entnehmen können, wo dasselbe vor dem ersten Ur-
wirbel, wie Sie wissen dem Vorläufer des ersten Halswirbels, in
der Höhe der zweiten und dritten Hirnblase seine Stellung hat. Mit
der grösseren Entwicklung des Kopfes und Halses rückt nun aber
das Herz scheinbar immer weiter zurück, so dass es nach und nach
in die Halsgegend zu liegen kommt, was durch die ferneren von Bi-
schoff
entlehnten Figuren 59, 61 und 60 auf St. 116--118, vortreff-
lich versinnlicht wird. Hier treffen wir auch noch wenigstens theil-
weise das Herz des vier Wochen alten menschlichen Embryo (s. Fig.
71 und 161) allein bald nimmt dasselbe mit der grösseren Ausbil-
dung der Halsgegend seine Stellung ganz und gar in der Brusthöhle
ein, in der es während des ganzen zweiten Monates die volle Breite
und Tiefe derselben erfüllt und mit seiner Längsaxe gerade steht.
Erst von der achten Woche an beginnen die Lungen, die bisher

Sechsunddreissigste Vorlesung.
Wand der Vorkammer und vom oberen Rande des Septum ventricu-
lorum
ausgeht. In dieselbe Zeit und vielleicht schon etwas früher
fällt auch die Entwicklung zweier anderer Falten an der hinteren
Valvula
Eustachii.
Valvula
foraminis ovalis.
Wand des Vorhofes, der Valvula Eustachii und der Valvula foraminis
ovalis
rechts und links an der Mündung der unteren Hohlvene, welche
Bildungen alle im dritten Monate viel deutlicher werden und dann
schon eine bessere Scheidung der Vorhöfe bedingen, die jedoch, wie
Ihnen bekannt, während der gangen Fötalperiode unvollkommen
Foramen ovale.bleibt, indem dieselben durch das grosse Foramen ovale verbunden
sind. Dieses Loch ist nicht als eine einfache, von rechts nach links
durchgehende Oeffnung in der Scheidewand zu betrachten, sondern
mehr als ein die Cava inferior, die beim Embryo auch zum Theil in
den linken Vorhof mündet, fortsetzender schiefer Kanal, dessen Be-
grenzungen die um diese Zeit sehr grosse Eustachi’sche Klappe und
die Klappe des eiförmigen Loches sind, die man auch als Fortsetzun-
gen der Wand der Vene auffassen kann. Nach der Geburt verschmilzt
die Valvula foraminis ovalis mit dem nach rechts von ihm gelegenen
Septum und stellen dann beide miteinander das bleibende Septum
atriorum
dar. — Die Wandungen der Vorhöfe sind beim Embryo
lange Zeit ungemein dünn, verstärken sich dann an den Herzohren,
an denen zuerst Trabeculae sichtbar werden und später auch an den
übrigen Theilen.

Lage des
embryonalen
Herzens.
Zum Schlusse gebe ich Ihnen nun noch einige Bemerkungen
über die Lage des Herzens. Unmittelbar nach seiner Entstehung
liegt das Herz entschieden im Bereiche des Kopfes, wie Sie aus der
Fig. 43 und 46 entnehmen können, wo dasselbe vor dem ersten Ur-
wirbel, wie Sie wissen dem Vorläufer des ersten Halswirbels, in
der Höhe der zweiten und dritten Hirnblase seine Stellung hat. Mit
der grösseren Entwicklung des Kopfes und Halses rückt nun aber
das Herz scheinbar immer weiter zurück, so dass es nach und nach
in die Halsgegend zu liegen kommt, was durch die ferneren von Bi-
schoff
entlehnten Figuren 59, 61 und 60 auf St. 116—118, vortreff-
lich versinnlicht wird. Hier treffen wir auch noch wenigstens theil-
weise das Herz des vier Wochen alten menschlichen Embryo (s. Fig.
71 und 161) allein bald nimmt dasselbe mit der grösseren Ausbil-
dung der Halsgegend seine Stellung ganz und gar in der Brusthöhle
ein, in der es während des ganzen zweiten Monates die volle Breite
und Tiefe derselben erfüllt und mit seiner Längsaxe gerade steht.
Erst von der achten Woche an beginnen die Lungen, die bisher

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0422" n="406"/><fw place="top" type="header">Sechsunddreissigste Vorlesung.</fw><lb/>
Wand der Vorkammer und vom oberen Rande des <hi rendition="#i">Septum ventricu-<lb/>
lorum</hi> ausgeht. In dieselbe Zeit und vielleicht schon etwas früher<lb/>
fällt auch die Entwicklung zweier anderer Falten an der hinteren<lb/><note place="left"><hi rendition="#i">Valvula<lb/>
Eustachii.<lb/>
Valvula<lb/>
foraminis ovalis.</hi></note>Wand des Vorhofes, der <hi rendition="#i">Valvula Eustachii</hi> und der <hi rendition="#i">Valvula foraminis<lb/>
ovalis</hi> rechts und links an der Mündung der unteren Hohlvene, welche<lb/>
Bildungen alle im dritten Monate viel deutlicher werden und dann<lb/>
schon eine bessere Scheidung der Vorhöfe bedingen, die jedoch, wie<lb/>
Ihnen bekannt, während der gangen Fötalperiode unvollkommen<lb/><note place="left"><hi rendition="#i">Foramen ovale.</hi></note>bleibt, indem dieselben durch das grosse <hi rendition="#i">Foramen ovale</hi> verbunden<lb/>
sind. Dieses Loch ist nicht als eine einfache, von rechts nach links<lb/>
durchgehende Oeffnung in der Scheidewand zu betrachten, sondern<lb/>
mehr als ein die <hi rendition="#i">Cava inferior</hi>, die beim Embryo auch zum Theil in<lb/>
den linken Vorhof mündet, fortsetzender schiefer Kanal, dessen Be-<lb/>
grenzungen die um diese Zeit sehr grosse <hi rendition="#k">Eustachi</hi>&#x2019;sche Klappe und<lb/>
die Klappe des eiförmigen Loches sind, die man auch als Fortsetzun-<lb/>
gen der Wand der Vene auffassen kann. Nach der Geburt verschmilzt<lb/>
die <hi rendition="#i">Valvula foraminis ovalis</hi> mit dem nach rechts von ihm gelegenen<lb/><hi rendition="#i">Septum</hi> und stellen dann beide miteinander das bleibende <hi rendition="#i">Septum<lb/>
atriorum</hi> dar. &#x2014; Die Wandungen der Vorhöfe sind beim Embryo<lb/>
lange Zeit ungemein dünn, verstärken sich dann an den Herzohren,<lb/>
an denen zuerst <hi rendition="#i">Trabeculae</hi> sichtbar werden und später auch an den<lb/>
übrigen Theilen.</p><lb/>
          <p><note place="left">Lage des<lb/>
embryonalen<lb/>
Herzens.</note>Zum Schlusse gebe ich Ihnen nun noch einige Bemerkungen<lb/>
über die <hi rendition="#g">Lage</hi> des Herzens. Unmittelbar nach seiner Entstehung<lb/>
liegt das Herz entschieden im Bereiche des Kopfes, wie Sie aus der<lb/>
Fig. 43 und 46 entnehmen können, wo dasselbe <hi rendition="#g">vor</hi> dem ersten Ur-<lb/>
wirbel, wie Sie wissen dem Vorläufer des ersten Halswirbels, in<lb/>
der Höhe der zweiten und dritten Hirnblase seine Stellung hat. Mit<lb/>
der grösseren Entwicklung des Kopfes und Halses rückt nun aber<lb/>
das Herz scheinbar immer weiter zurück, so dass es nach und nach<lb/>
in die Halsgegend zu liegen kommt, was durch die ferneren von <hi rendition="#k">Bi-<lb/>
schoff</hi> entlehnten Figuren 59, 61 und 60 auf St. 116&#x2014;118, vortreff-<lb/>
lich versinnlicht wird. Hier treffen wir auch noch wenigstens theil-<lb/>
weise das Herz des vier Wochen alten menschlichen Embryo (s. Fig.<lb/>
71 und 161) allein bald nimmt dasselbe mit der grösseren Ausbil-<lb/>
dung der Halsgegend seine Stellung ganz und gar in der Brusthöhle<lb/>
ein, in der es während des ganzen zweiten Monates die volle Breite<lb/>
und Tiefe derselben erfüllt und mit seiner Längsaxe gerade steht.<lb/>
Erst von der achten Woche an beginnen die Lungen, die bisher<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[406/0422] Sechsunddreissigste Vorlesung. Wand der Vorkammer und vom oberen Rande des Septum ventricu- lorum ausgeht. In dieselbe Zeit und vielleicht schon etwas früher fällt auch die Entwicklung zweier anderer Falten an der hinteren Wand des Vorhofes, der Valvula Eustachii und der Valvula foraminis ovalis rechts und links an der Mündung der unteren Hohlvene, welche Bildungen alle im dritten Monate viel deutlicher werden und dann schon eine bessere Scheidung der Vorhöfe bedingen, die jedoch, wie Ihnen bekannt, während der gangen Fötalperiode unvollkommen bleibt, indem dieselben durch das grosse Foramen ovale verbunden sind. Dieses Loch ist nicht als eine einfache, von rechts nach links durchgehende Oeffnung in der Scheidewand zu betrachten, sondern mehr als ein die Cava inferior, die beim Embryo auch zum Theil in den linken Vorhof mündet, fortsetzender schiefer Kanal, dessen Be- grenzungen die um diese Zeit sehr grosse Eustachi’sche Klappe und die Klappe des eiförmigen Loches sind, die man auch als Fortsetzun- gen der Wand der Vene auffassen kann. Nach der Geburt verschmilzt die Valvula foraminis ovalis mit dem nach rechts von ihm gelegenen Septum und stellen dann beide miteinander das bleibende Septum atriorum dar. — Die Wandungen der Vorhöfe sind beim Embryo lange Zeit ungemein dünn, verstärken sich dann an den Herzohren, an denen zuerst Trabeculae sichtbar werden und später auch an den übrigen Theilen. Valvula Eustachii. Valvula foraminis ovalis. Foramen ovale. Zum Schlusse gebe ich Ihnen nun noch einige Bemerkungen über die Lage des Herzens. Unmittelbar nach seiner Entstehung liegt das Herz entschieden im Bereiche des Kopfes, wie Sie aus der Fig. 43 und 46 entnehmen können, wo dasselbe vor dem ersten Ur- wirbel, wie Sie wissen dem Vorläufer des ersten Halswirbels, in der Höhe der zweiten und dritten Hirnblase seine Stellung hat. Mit der grösseren Entwicklung des Kopfes und Halses rückt nun aber das Herz scheinbar immer weiter zurück, so dass es nach und nach in die Halsgegend zu liegen kommt, was durch die ferneren von Bi- schoff entlehnten Figuren 59, 61 und 60 auf St. 116—118, vortreff- lich versinnlicht wird. Hier treffen wir auch noch wenigstens theil- weise das Herz des vier Wochen alten menschlichen Embryo (s. Fig. 71 und 161) allein bald nimmt dasselbe mit der grösseren Ausbil- dung der Halsgegend seine Stellung ganz und gar in der Brusthöhle ein, in der es während des ganzen zweiten Monates die volle Breite und Tiefe derselben erfüllt und mit seiner Längsaxe gerade steht. Erst von der achten Woche an beginnen die Lungen, die bisher Lage des embryonalen Herzens.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/koelliker_entwicklungs_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/koelliker_entwicklungs_1861/422
Zitationshilfe: Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861, S. 406. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/koelliker_entwicklungs_1861/422>, abgerufen am 22.11.2024.