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Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861.

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Fünfunddreissigste Vorlesung.
ganz mit dem bei der Bildung der gewöhnlichen traubenförmigen
Drüsen übereinkommt. Welchen Antheil die Abschnürungen der ur-
sprünglichen hohlen Blasen und welchen die letztgenannten soliden
Sprossen an der Bildung der späteren Drüsenfollikel haben und was
aus den Resten der ursprünglichen Blase wird, das hat Remak nicht
bestimmt genug ermittelt, immerhin ist es schon interessant genug
zu wissen, dass die Drüsenanlage in doppelter Weise sich vermehrt
und vergrössert.

Schilddrüse der
Säuger.
Was die Säugethiere und den Menschen anlangt, so ist
die erste Entwicklung der Schilddrüse gänzlich unbekannt, dagegen
sicher, dass sie sehr früh auftritt und längere Zeit hindurch aus
zwei getrennten Hälften besteht. Ersteres anlangend so sah Bischoff
die Drüse bei 1" langen Rindsfötus und ich habe sie schon bei sol-
chen von 7--8''' wahrgenommen, und doch war sie in beiden Fällen
nicht in der ersten Anlage begriffen, denn sie bestand schon ganz
und gar aus kleinen Drüsenkörnern, die ich zu 0,01--0,02''' be-
stimmte. Beim Menschen habe ich ihrem ersten Auftreten nicht
nachgespürt und weiss ich nur so viel, dass sie in der siebenten bis
achten Woche doppelt vorhanden ist und ebenfalls aus kleinen Folli-
keln besteht. Die Entwicklung dieser betreffend so habe ich schon
früher mitgetheilt (Mikr. Anat. II, 2. St. 331), dass allem Anscheine
nach beim Menschen die Follikel durch Treiben rundlicher Sprossen
und Abschnürung derselben sich vervielfältigen, eine Angabe, die
später Remak für Schweinsembryonen bestätigt hat (l. c. St. 122).
Doch glaubt Remak auch hier eine Vermehrung der Blasen durch Bil-
dung solider Epithelialknospen wahrgenommen zu haben (Unters.
Taf. VIII. Fig. 13), was ich nach meinen neueren Erfahrungen voll-
kommen bestätigen muss. Bei Kalbsembryonen von 3" Länge, bei
denen die zwei Schilddrüsenanlagen schon durch einen Isthmus ver-
bunden sind, zeigten dieselben nur im Innern kleine hohle Follikel,
während die oberflächlichen Lagen ganz und gar aus eigenthüm-
lichen soliden Zellenhaufen von den verschiedensten Formen bestan-
den. Durch Präparation gelang es ziemlich lange, gewundene, leicht
ästige Stränge von 0,008--0,015''' Breite zu isoliren, welche theils
seitlich, theils endständig mit cylindrischen oder leicht angeschwol-
lenen Sprossen besetzt waren, doch kann ich nicht sagen, dass es
mir geglückt ist, diese Gebilde, die in ihrem Bau sehr an Leber-
zellenbalken erinnern, vollständig darzustellen und ihre Form genau
zu bestimmen. Sei dem wie ihm wolle, so ist doch auf jeden Fall

Fünfunddreissigste Vorlesung.
ganz mit dem bei der Bildung der gewöhnlichen traubenförmigen
Drüsen übereinkommt. Welchen Antheil die Abschnürungen der ur-
sprünglichen hohlen Blasen und welchen die letztgenannten soliden
Sprossen an der Bildung der späteren Drüsenfollikel haben und was
aus den Resten der ursprünglichen Blase wird, das hat Remak nicht
bestimmt genug ermittelt, immerhin ist es schon interessant genug
zu wissen, dass die Drüsenanlage in doppelter Weise sich vermehrt
und vergrössert.

Schilddrüse der
Säuger.
Was die Säugethiere und den Menschen anlangt, so ist
die erste Entwicklung der Schilddrüse gänzlich unbekannt, dagegen
sicher, dass sie sehr früh auftritt und längere Zeit hindurch aus
zwei getrennten Hälften besteht. Ersteres anlangend so sah Bischoff
die Drüse bei 1″ langen Rindsfötus und ich habe sie schon bei sol-
chen von 7—8‴ wahrgenommen, und doch war sie in beiden Fällen
nicht in der ersten Anlage begriffen, denn sie bestand schon ganz
und gar aus kleinen Drüsenkörnern, die ich zu 0,01—0,02‴ be-
stimmte. Beim Menschen habe ich ihrem ersten Auftreten nicht
nachgespürt und weiss ich nur so viel, dass sie in der siebenten bis
achten Woche doppelt vorhanden ist und ebenfalls aus kleinen Folli-
keln besteht. Die Entwicklung dieser betreffend so habe ich schon
früher mitgetheilt (Mikr. Anat. II, 2. St. 331), dass allem Anscheine
nach beim Menschen die Follikel durch Treiben rundlicher Sprossen
und Abschnürung derselben sich vervielfältigen, eine Angabe, die
später Remak für Schweinsembryonen bestätigt hat (l. c. St. 122).
Doch glaubt Remak auch hier eine Vermehrung der Blasen durch Bil-
dung solider Epithelialknospen wahrgenommen zu haben (Unters.
Taf. VIII. Fig. 13), was ich nach meinen neueren Erfahrungen voll-
kommen bestätigen muss. Bei Kalbsembryonen von 3″ Länge, bei
denen die zwei Schilddrüsenanlagen schon durch einen Isthmus ver-
bunden sind, zeigten dieselben nur im Innern kleine hohle Follikel,
während die oberflächlichen Lagen ganz und gar aus eigenthüm-
lichen soliden Zellenhaufen von den verschiedensten Formen bestan-
den. Durch Präparation gelang es ziemlich lange, gewundene, leicht
ästige Stränge von 0,008—0,015‴ Breite zu isoliren, welche theils
seitlich, theils endständig mit cylindrischen oder leicht angeschwol-
lenen Sprossen besetzt waren, doch kann ich nicht sagen, dass es
mir geglückt ist, diese Gebilde, die in ihrem Bau sehr an Leber-
zellenbalken erinnern, vollständig darzustellen und ihre Form genau
zu bestimmen. Sei dem wie ihm wolle, so ist doch auf jeden Fall

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[390/0406] Fünfunddreissigste Vorlesung. ganz mit dem bei der Bildung der gewöhnlichen traubenförmigen Drüsen übereinkommt. Welchen Antheil die Abschnürungen der ur- sprünglichen hohlen Blasen und welchen die letztgenannten soliden Sprossen an der Bildung der späteren Drüsenfollikel haben und was aus den Resten der ursprünglichen Blase wird, das hat Remak nicht bestimmt genug ermittelt, immerhin ist es schon interessant genug zu wissen, dass die Drüsenanlage in doppelter Weise sich vermehrt und vergrössert. Was die Säugethiere und den Menschen anlangt, so ist die erste Entwicklung der Schilddrüse gänzlich unbekannt, dagegen sicher, dass sie sehr früh auftritt und längere Zeit hindurch aus zwei getrennten Hälften besteht. Ersteres anlangend so sah Bischoff die Drüse bei 1″ langen Rindsfötus und ich habe sie schon bei sol- chen von 7—8‴ wahrgenommen, und doch war sie in beiden Fällen nicht in der ersten Anlage begriffen, denn sie bestand schon ganz und gar aus kleinen Drüsenkörnern, die ich zu 0,01—0,02‴ be- stimmte. Beim Menschen habe ich ihrem ersten Auftreten nicht nachgespürt und weiss ich nur so viel, dass sie in der siebenten bis achten Woche doppelt vorhanden ist und ebenfalls aus kleinen Folli- keln besteht. Die Entwicklung dieser betreffend so habe ich schon früher mitgetheilt (Mikr. Anat. II, 2. St. 331), dass allem Anscheine nach beim Menschen die Follikel durch Treiben rundlicher Sprossen und Abschnürung derselben sich vervielfältigen, eine Angabe, die später Remak für Schweinsembryonen bestätigt hat (l. c. St. 122). Doch glaubt Remak auch hier eine Vermehrung der Blasen durch Bil- dung solider Epithelialknospen wahrgenommen zu haben (Unters. Taf. VIII. Fig. 13), was ich nach meinen neueren Erfahrungen voll- kommen bestätigen muss. Bei Kalbsembryonen von 3″ Länge, bei denen die zwei Schilddrüsenanlagen schon durch einen Isthmus ver- bunden sind, zeigten dieselben nur im Innern kleine hohle Follikel, während die oberflächlichen Lagen ganz und gar aus eigenthüm- lichen soliden Zellenhaufen von den verschiedensten Formen bestan- den. Durch Präparation gelang es ziemlich lange, gewundene, leicht ästige Stränge von 0,008—0,015‴ Breite zu isoliren, welche theils seitlich, theils endständig mit cylindrischen oder leicht angeschwol- lenen Sprossen besetzt waren, doch kann ich nicht sagen, dass es mir geglückt ist, diese Gebilde, die in ihrem Bau sehr an Leber- zellenbalken erinnern, vollständig darzustellen und ihre Form genau zu bestimmen. Sei dem wie ihm wolle, so ist doch auf jeden Fall Schilddrüse der Säuger.

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Zitationshilfe: Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861, S. 390. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/koelliker_entwicklungs_1861/406>, abgerufen am 22.11.2024.