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Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861.

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Entwicklung des Darmkanales.
Munddarmes (Rathke), den Remak speciell mit dem Namen Vorder-
darm
bezeichnet, sich entwickelt, anfänglich sehr weit nach vorn.
Mit der Ausbildung des Kopfes erlangt dann aber auch der Schlund
eine immer grössere Länge, zugleich treten an demselben von vorn
nach hinten die Kiemen- oder Schlundbogen und die Kiemen- oder
Schlundspalten auf und hiermit rückt dann auch das Herz schein-
bar zurück und nimmt die Lage ein, die Sie in der Fig. 61 darge-
stellt finden. Die innere Ausbildung des Schlundes anlangend, so
habe ich Ihnen schon früher mitgetheilt (Vorl. IX), dass der Schlund
ursprünglich nur Eine Hülle, nämlich das Darmdrüsenblatt, besitzt
(s. Fig. 21), zu der dann aber nachträglich durch Ablösung einer
Schicht des mittleren Keimblattes noch eine Faserhaut sich gesellt.
Die hierbei stattfindenden Vorgänge sind noch nicht genauer ver-
folgt, es scheint jedoch, dass hier sowohl die Seitenplatten des Ko-
pfes als auch die den Urwirbeln des Rumpfes entsprechenden Theile
desselben an der Bildung dieser Hülle betheiligt sind, was, wenn
dem so wäre, einen nicht unwichtigen Unterschied zwischen diesem
Theile des Darmes und dem in der Pleuroperitonealhöhle gelegenen
begründen würde (s. Vorl. IX).

Auch das Endstück des von mir sogenannten AnfangsdarmesSpeiseröhre.
oder die Speiseröhre ist, wie der Schlund, von Anfang an ein äus-
serst kurzer Abschnitt und bleibt länger so als der Schlund. Erst mit
der Streckung des Embryo und der Ausbildung der bleibenden Brust-
wand entwickelt sich auch dieser Theil mehr und nimmt Verhält-
nisse an, die von den bleibenden nicht mehr wesentlich sich unter-
scheiden. Auch dieses Darmstück hat ursprünglich keine besondere
Wand an der hinteren Seite (Fig. 22) und gewinnt dieselbe erst
später in einer ebenfalls noch nicht genau verfolgten Weise.

Wir kommen jetzt zu dem Theile des Darmes den ich seinerMitteldarm.
gemeinsamen Lage in der Bauchhöhle halber, und weil derselbe an
den meisten Stellen auch ein Gekröse besitzt, als Mitteldarm zu-
sammenfasse. Ich habe Ihnen schon früher mitgetheilt, dass dieser
mittlere Theil des Darmkanales anfänglich ganz gerade ist und auch
überall denselben Durchmesser darbietet. Erst in zweiter Linie bil-
det sich am Anfange desselben eine kleine Erweiterung aus, aus
welcher dann der Magen sich entwickelt, und während diess ge-Magen.
schieht, zieht sich zugleich der darauffolgende Theil, der die Anlage
des Dünndarmes und Dickdarmes darstellt, schleifenförmig aus.
Der Magen ist anfänglich nichts als ein einfacher spindelförmiger, in

Entwicklung des Darmkanales.
Munddarmes (Rathke), den Remak speciell mit dem Namen Vorder-
darm
bezeichnet, sich entwickelt, anfänglich sehr weit nach vorn.
Mit der Ausbildung des Kopfes erlangt dann aber auch der Schlund
eine immer grössere Länge, zugleich treten an demselben von vorn
nach hinten die Kiemen- oder Schlundbogen und die Kiemen- oder
Schlundspalten auf und hiermit rückt dann auch das Herz schein-
bar zurück und nimmt die Lage ein, die Sie in der Fig. 61 darge-
stellt finden. Die innere Ausbildung des Schlundes anlangend, so
habe ich Ihnen schon früher mitgetheilt (Vorl. IX), dass der Schlund
ursprünglich nur Eine Hülle, nämlich das Darmdrüsenblatt, besitzt
(s. Fig. 21), zu der dann aber nachträglich durch Ablösung einer
Schicht des mittleren Keimblattes noch eine Faserhaut sich gesellt.
Die hierbei stattfindenden Vorgänge sind noch nicht genauer ver-
folgt, es scheint jedoch, dass hier sowohl die Seitenplatten des Ko-
pfes als auch die den Urwirbeln des Rumpfes entsprechenden Theile
desselben an der Bildung dieser Hülle betheiligt sind, was, wenn
dem so wäre, einen nicht unwichtigen Unterschied zwischen diesem
Theile des Darmes und dem in der Pleuroperitonealhöhle gelegenen
begründen würde (s. Vorl. IX).

Auch das Endstück des von mir sogenannten AnfangsdarmesSpeiseröhre.
oder die Speiseröhre ist, wie der Schlund, von Anfang an ein äus-
serst kurzer Abschnitt und bleibt länger so als der Schlund. Erst mit
der Streckung des Embryo und der Ausbildung der bleibenden Brust-
wand entwickelt sich auch dieser Theil mehr und nimmt Verhält-
nisse an, die von den bleibenden nicht mehr wesentlich sich unter-
scheiden. Auch dieses Darmstück hat ursprünglich keine besondere
Wand an der hinteren Seite (Fig. 22) und gewinnt dieselbe erst
später in einer ebenfalls noch nicht genau verfolgten Weise.

Wir kommen jetzt zu dem Theile des Darmes den ich seinerMitteldarm.
gemeinsamen Lage in der Bauchhöhle halber, und weil derselbe an
den meisten Stellen auch ein Gekröse besitzt, als Mitteldarm zu-
sammenfasse. Ich habe Ihnen schon früher mitgetheilt, dass dieser
mittlere Theil des Darmkanales anfänglich ganz gerade ist und auch
überall denselben Durchmesser darbietet. Erst in zweiter Linie bil-
det sich am Anfange desselben eine kleine Erweiterung aus, aus
welcher dann der Magen sich entwickelt, und während diess ge-Magen.
schieht, zieht sich zugleich der darauffolgende Theil, der die Anlage
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Der Magen ist anfänglich nichts als ein einfacher spindelförmiger, in

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[359/0375] Entwicklung des Darmkanales. Munddarmes (Rathke), den Remak speciell mit dem Namen Vorder- darm bezeichnet, sich entwickelt, anfänglich sehr weit nach vorn. Mit der Ausbildung des Kopfes erlangt dann aber auch der Schlund eine immer grössere Länge, zugleich treten an demselben von vorn nach hinten die Kiemen- oder Schlundbogen und die Kiemen- oder Schlundspalten auf und hiermit rückt dann auch das Herz schein- bar zurück und nimmt die Lage ein, die Sie in der Fig. 61 darge- stellt finden. Die innere Ausbildung des Schlundes anlangend, so habe ich Ihnen schon früher mitgetheilt (Vorl. IX), dass der Schlund ursprünglich nur Eine Hülle, nämlich das Darmdrüsenblatt, besitzt (s. Fig. 21), zu der dann aber nachträglich durch Ablösung einer Schicht des mittleren Keimblattes noch eine Faserhaut sich gesellt. Die hierbei stattfindenden Vorgänge sind noch nicht genauer ver- folgt, es scheint jedoch, dass hier sowohl die Seitenplatten des Ko- pfes als auch die den Urwirbeln des Rumpfes entsprechenden Theile desselben an der Bildung dieser Hülle betheiligt sind, was, wenn dem so wäre, einen nicht unwichtigen Unterschied zwischen diesem Theile des Darmes und dem in der Pleuroperitonealhöhle gelegenen begründen würde (s. Vorl. IX). Auch das Endstück des von mir sogenannten Anfangsdarmes oder die Speiseröhre ist, wie der Schlund, von Anfang an ein äus- serst kurzer Abschnitt und bleibt länger so als der Schlund. Erst mit der Streckung des Embryo und der Ausbildung der bleibenden Brust- wand entwickelt sich auch dieser Theil mehr und nimmt Verhält- nisse an, die von den bleibenden nicht mehr wesentlich sich unter- scheiden. Auch dieses Darmstück hat ursprünglich keine besondere Wand an der hinteren Seite (Fig. 22) und gewinnt dieselbe erst später in einer ebenfalls noch nicht genau verfolgten Weise. Speiseröhre. Wir kommen jetzt zu dem Theile des Darmes den ich seiner gemeinsamen Lage in der Bauchhöhle halber, und weil derselbe an den meisten Stellen auch ein Gekröse besitzt, als Mitteldarm zu- sammenfasse. Ich habe Ihnen schon früher mitgetheilt, dass dieser mittlere Theil des Darmkanales anfänglich ganz gerade ist und auch überall denselben Durchmesser darbietet. Erst in zweiter Linie bil- det sich am Anfange desselben eine kleine Erweiterung aus, aus welcher dann der Magen sich entwickelt, und während diess ge- schieht, zieht sich zugleich der darauffolgende Theil, der die Anlage des Dünndarmes und Dickdarmes darstellt, schleifenförmig aus. Der Magen ist anfänglich nichts als ein einfacher spindelförmiger, in Mitteldarm. Magen.

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Zitationshilfe: Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861, S. 359. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/koelliker_entwicklungs_1861/375>, abgerufen am 18.05.2024.