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Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861.

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Achtundzwanzigste Vorlesung.
innere zur ganzen Retina, das äussere zur Chorioidea sich umwandle,
eine Aufstellung, die a priori allerdings nicht für sich einnimmt, da
mit derselben ausgesprochen wird, dass die primitive Augenblase
mit ihrer vorderen und hinteren Hälfte zu ganz verschiedenartigen
Membranen sich metamorphosire. Indessen kann, wie Sie leicht ein-
sehen werden, eine exacte Naturforschung auf solche Gründe nicht
viel Gewicht legen, dagegen fällt es schwerer in die Wagschale,
dass der neueste Beobachter A. Müller (Allg. med. Centralzeit. 1858.
Nr. 46) gegen Remak sich ausgesprochen hat und wie Huschke die
äussere Wand der eingestülpten primitiven Blase zur Stäbchen-
schicht sich gestalten lässt. Ich bin so glücklich, in dieser schwie-
rigen Frage Ihnen eine ganz bestimmte Entscheidung geben zu kön-
nen, welche zwar weder mit der einen noch mit der anderen
Annahme ganz stimmt, aber doch näher an die von Remak sich an-
schliesst. Bei dem in der Fig. 141 abgebildeten Auge eines vier
Wochen alten menschlichen Embryo nämlich war das schwarze
[Abbildung] Fig. 141.
Augenpigment in der allerersten
Anlage vorhanden und dieses Pig-
ment in Gestalt feiner schwarzer
Körnchen fand sich einzig und allein
in den innersten Theilen der
äusseren Lamelle der eingestülpten
primitiven Blase und zwar nur in
der vorderen Hälfte des Auges.
Somit ist klar, dass die genannte
äussere Lamelle nicht zur Retina,
sondern zur Chorioidea gehört und
zwar glaube ich, gestützt auf Erfahrungen, die später erwähnt wer-
den sollen, dass dieselbe nicht zur ganzen Aderhaut, sondern ein-
zig und allein zur Pigmentschicht derselben
sich um-
[Abbildung]

Fig. 141. Vordere Hälfte eines senkrecht durchschnittenen Auges eines
vier Wochen alten menschlichen Embryo, von der Schnittfläche aus gesehen,
100mal vergr. l Linse mit einer centralen Höhle, g Glaskörper durch einen
Stiel g', der durch die Augenspalte hindurchdringt, mit der Haut unterhalb des
Auges verbunden, v Gefässschlinge, die in diesem Stiele in das Innere des Glas-
körpers eindringt und hinter der Linse liegt, i innere Lamelle der secundären
Augenblase oder Retina, a äussere Lamelle derselben, die bei a' schon Pigment
in ihren Zellen enthält und zur Pigmentlage der Chorioidea sich gestaltet, h
Zwischenraum zwischen beiden Lamellen oder Rest der Höhle der primitiven
Augenblase.

Achtundzwanzigste Vorlesung.
innere zur ganzen Retina, das äussere zur Chorioidea sich umwandle,
eine Aufstellung, die a priori allerdings nicht für sich einnimmt, da
mit derselben ausgesprochen wird, dass die primitive Augenblase
mit ihrer vorderen und hinteren Hälfte zu ganz verschiedenartigen
Membranen sich metamorphosire. Indessen kann, wie Sie leicht ein-
sehen werden, eine exacte Naturforschung auf solche Gründe nicht
viel Gewicht legen, dagegen fällt es schwerer in die Wagschale,
dass der neueste Beobachter A. Müller (Allg. med. Centralzeit. 1858.
Nr. 46) gegen Remak sich ausgesprochen hat und wie Huschke die
äussere Wand der eingestülpten primitiven Blase zur Stäbchen-
schicht sich gestalten lässt. Ich bin so glücklich, in dieser schwie-
rigen Frage Ihnen eine ganz bestimmte Entscheidung geben zu kön-
nen, welche zwar weder mit der einen noch mit der anderen
Annahme ganz stimmt, aber doch näher an die von Remak sich an-
schliesst. Bei dem in der Fig. 141 abgebildeten Auge eines vier
Wochen alten menschlichen Embryo nämlich war das schwarze
[Abbildung] Fig. 141.
Augenpigment in der allerersten
Anlage vorhanden und dieses Pig-
ment in Gestalt feiner schwarzer
Körnchen fand sich einzig und allein
in den innersten Theilen der
äusseren Lamelle der eingestülpten
primitiven Blase und zwar nur in
der vorderen Hälfte des Auges.
Somit ist klar, dass die genannte
äussere Lamelle nicht zur Retina,
sondern zur Chorioidea gehört und
zwar glaube ich, gestützt auf Erfahrungen, die später erwähnt wer-
den sollen, dass dieselbe nicht zur ganzen Aderhaut, sondern ein-
zig und allein zur Pigmentschicht derselben
sich um-
[Abbildung]

Fig. 141. Vordere Hälfte eines senkrecht durchschnittenen Auges eines
vier Wochen alten menschlichen Embryo, von der Schnittfläche aus gesehen,
100mal vergr. l Linse mit einer centralen Höhle, g Glaskörper durch einen
Stiel g′, der durch die Augenspalte hindurchdringt, mit der Haut unterhalb des
Auges verbunden, v Gefässschlinge, die in diesem Stiele in das Innere des Glas-
körpers eindringt und hinter der Linse liegt, i innere Lamelle der secundären
Augenblase oder Retina, a äussere Lamelle derselben, die bei a′ schon Pigment
in ihren Zellen enthält und zur Pigmentlage der Chorioidea sich gestaltet, h
Zwischenraum zwischen beiden Lamellen oder Rest der Höhle der primitiven
Augenblase.

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[284/0300] Achtundzwanzigste Vorlesung. innere zur ganzen Retina, das äussere zur Chorioidea sich umwandle, eine Aufstellung, die a priori allerdings nicht für sich einnimmt, da mit derselben ausgesprochen wird, dass die primitive Augenblase mit ihrer vorderen und hinteren Hälfte zu ganz verschiedenartigen Membranen sich metamorphosire. Indessen kann, wie Sie leicht ein- sehen werden, eine exacte Naturforschung auf solche Gründe nicht viel Gewicht legen, dagegen fällt es schwerer in die Wagschale, dass der neueste Beobachter A. Müller (Allg. med. Centralzeit. 1858. Nr. 46) gegen Remak sich ausgesprochen hat und wie Huschke die äussere Wand der eingestülpten primitiven Blase zur Stäbchen- schicht sich gestalten lässt. Ich bin so glücklich, in dieser schwie- rigen Frage Ihnen eine ganz bestimmte Entscheidung geben zu kön- nen, welche zwar weder mit der einen noch mit der anderen Annahme ganz stimmt, aber doch näher an die von Remak sich an- schliesst. Bei dem in der Fig. 141 abgebildeten Auge eines vier Wochen alten menschlichen Embryo nämlich war das schwarze [Abbildung Fig. 141.] Augenpigment in der allerersten Anlage vorhanden und dieses Pig- ment in Gestalt feiner schwarzer Körnchen fand sich einzig und allein in den innersten Theilen der äusseren Lamelle der eingestülpten primitiven Blase und zwar nur in der vorderen Hälfte des Auges. Somit ist klar, dass die genannte äussere Lamelle nicht zur Retina, sondern zur Chorioidea gehört und zwar glaube ich, gestützt auf Erfahrungen, die später erwähnt wer- den sollen, dass dieselbe nicht zur ganzen Aderhaut, sondern ein- zig und allein zur Pigmentschicht derselben sich um- [Abbildung Fig. 141. Vordere Hälfte eines senkrecht durchschnittenen Auges eines vier Wochen alten menschlichen Embryo, von der Schnittfläche aus gesehen, 100mal vergr. l Linse mit einer centralen Höhle, g Glaskörper durch einen Stiel g′, der durch die Augenspalte hindurchdringt, mit der Haut unterhalb des Auges verbunden, v Gefässschlinge, die in diesem Stiele in das Innere des Glas- körpers eindringt und hinter der Linse liegt, i innere Lamelle der secundären Augenblase oder Retina, a äussere Lamelle derselben, die bei a′ schon Pigment in ihren Zellen enthält und zur Pigmentlage der Chorioidea sich gestaltet, h Zwischenraum zwischen beiden Lamellen oder Rest der Höhle der primitiven Augenblase.]

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Zitationshilfe: Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/koelliker_entwicklungs_1861/300>, abgerufen am 24.11.2024.