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Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861.

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Fünfundzwanzigste Vorlesung.
Bleibende
Windungen.
besonders vom 8. Monate an bilden sich die bleibenden Windungen
und zwar einfach durch Wucherungen der Oberfläche der nun schon
sehr dickwandigen Hemisphären, genau in derselben Weise, wie sie
Fossa Sylvii.
[Abbildung] Fig. 110.
auch am kleinen Gehirne entstehen,
welches ja nie eine innere Höhle
enthält.

Was nun die besonderen, früh
auftretenden und nicht vergängli-
chen Furchen betrifft, so ist eine
erste solche die Furche, die zur
Bildung der Fossa Sylvii führt. Ihre
Entstehung hängt mit der Entwick-
lung des Unterlappens zusammen
und tritt dieselbe immer stärker
hervor, je mehr dieser sich ausbil-
det. Im 3. Monate ist die Sylvische
Spalte schon angedeutet, jedoch
ganz flach und breit (Fig. 109. 111). Ganz langsam bildet sich die-
selbe nun weiter aus, so dass sie im 6. Monate, wenn auch tiefer
und bestimmter ausgeprägt, doch immer noch weit offen ist (Fig.
110). Vom 7. Monate an entwickeln sich die Windungen der Insel
oder des Stammlappens in dem seitlichen Theile der breiten Furche,
welche mithin anfänglich ganz frei liegen und erst am Ende des Em-
bryonallebens durch Ausbildung des sogenannten Operculum von
oben her bedeckt werden.

Wichtige Furchen liegen ferner an der inneren Fläche der Hemi-
sphären, deren Verhältnisse Ihnen die von Herrn Dr. Schmidt aus
Kopenhagen gelieferten Schemata am klarsten versinnlichen, der
diese wichtige Gegend genauer als alle bisherigen Beobachter ver-
folgt hat. Die Vergleichung der Fig. 107 1--4 zeigt Ihnen, dass die
in die Hemisphärenblase führende, anfangs senkrecht stehende Spalte
mit der Entwicklung der Hemisphären nach hinten nach und nach
sich umbiegt und ebenfalls wie um den Hirnstiel sich herumkrümmt,
so dass sie immer mehr die Gestalt und Lage der grossen Querspalte
des Gehirns zwischen dem Sehhügel und Hirnstiel einerseits und
dem Gewölbe anderseits annimmt. Sehr früh nun tritt parallel dem

[Abbildung]

Fig. 110. Gehirn eines 6monatlichen menschlichen Embryo in natürlicher
Grösse. ol Bulbus olfactorius, fs Fossa Sylvii, c Cerebellum, p Pons Varoli, f Floc-
culus, o Oliva
.

Fünfundzwanzigste Vorlesung.
Bleibende
Windungen.
besonders vom 8. Monate an bilden sich die bleibenden Windungen
und zwar einfach durch Wucherungen der Oberfläche der nun schon
sehr dickwandigen Hemisphären, genau in derselben Weise, wie sie
Fossa Sylvii.
[Abbildung] Fig. 110.
auch am kleinen Gehirne entstehen,
welches ja nie eine innere Höhle
enthält.

Was nun die besonderen, früh
auftretenden und nicht vergängli-
chen Furchen betrifft, so ist eine
erste solche die Furche, die zur
Bildung der Fossa Sylvii führt. Ihre
Entstehung hängt mit der Entwick-
lung des Unterlappens zusammen
und tritt dieselbe immer stärker
hervor, je mehr dieser sich ausbil-
det. Im 3. Monate ist die Sylvische
Spalte schon angedeutet, jedoch
ganz flach und breit (Fig. 109. 111). Ganz langsam bildet sich die-
selbe nun weiter aus, so dass sie im 6. Monate, wenn auch tiefer
und bestimmter ausgeprägt, doch immer noch weit offen ist (Fig.
110). Vom 7. Monate an entwickeln sich die Windungen der Insel
oder des Stammlappens in dem seitlichen Theile der breiten Furche,
welche mithin anfänglich ganz frei liegen und erst am Ende des Em-
bryonallebens durch Ausbildung des sogenannten Operculum von
oben her bedeckt werden.

Wichtige Furchen liegen ferner an der inneren Fläche der Hemi-
sphären, deren Verhältnisse Ihnen die von Herrn Dr. Schmidt aus
Kopenhagen gelieferten Schemata am klarsten versinnlichen, der
diese wichtige Gegend genauer als alle bisherigen Beobachter ver-
folgt hat. Die Vergleichung der Fig. 107 1—4 zeigt Ihnen, dass die
in die Hemisphärenblase führende, anfangs senkrecht stehende Spalte
mit der Entwicklung der Hemisphären nach hinten nach und nach
sich umbiegt und ebenfalls wie um den Hirnstiel sich herumkrümmt,
so dass sie immer mehr die Gestalt und Lage der grossen Querspalte
des Gehirns zwischen dem Sehhügel und Hirnstiel einerseits und
dem Gewölbe anderseits annimmt. Sehr früh nun tritt parallel dem

[Abbildung]

Fig. 110. Gehirn eines 6monatlichen menschlichen Embryo in natürlicher
Grösse. ol Bulbus olfactorius, fs Fossa Sylvii, c Cerebellum, p Pons Varoli, f Floc-
culus, o Oliva
.

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[234/0250] Fünfundzwanzigste Vorlesung. besonders vom 8. Monate an bilden sich die bleibenden Windungen und zwar einfach durch Wucherungen der Oberfläche der nun schon sehr dickwandigen Hemisphären, genau in derselben Weise, wie sie [Abbildung Fig. 110.] auch am kleinen Gehirne entstehen, welches ja nie eine innere Höhle enthält. Bleibende Windungen. Fossa Sylvii. Was nun die besonderen, früh auftretenden und nicht vergängli- chen Furchen betrifft, so ist eine erste solche die Furche, die zur Bildung der Fossa Sylvii führt. Ihre Entstehung hängt mit der Entwick- lung des Unterlappens zusammen und tritt dieselbe immer stärker hervor, je mehr dieser sich ausbil- det. Im 3. Monate ist die Sylvische Spalte schon angedeutet, jedoch ganz flach und breit (Fig. 109. 111). Ganz langsam bildet sich die- selbe nun weiter aus, so dass sie im 6. Monate, wenn auch tiefer und bestimmter ausgeprägt, doch immer noch weit offen ist (Fig. 110). Vom 7. Monate an entwickeln sich die Windungen der Insel oder des Stammlappens in dem seitlichen Theile der breiten Furche, welche mithin anfänglich ganz frei liegen und erst am Ende des Em- bryonallebens durch Ausbildung des sogenannten Operculum von oben her bedeckt werden. Wichtige Furchen liegen ferner an der inneren Fläche der Hemi- sphären, deren Verhältnisse Ihnen die von Herrn Dr. Schmidt aus Kopenhagen gelieferten Schemata am klarsten versinnlichen, der diese wichtige Gegend genauer als alle bisherigen Beobachter ver- folgt hat. Die Vergleichung der Fig. 107 1—4 zeigt Ihnen, dass die in die Hemisphärenblase führende, anfangs senkrecht stehende Spalte mit der Entwicklung der Hemisphären nach hinten nach und nach sich umbiegt und ebenfalls wie um den Hirnstiel sich herumkrümmt, so dass sie immer mehr die Gestalt und Lage der grossen Querspalte des Gehirns zwischen dem Sehhügel und Hirnstiel einerseits und dem Gewölbe anderseits annimmt. Sehr früh nun tritt parallel dem [Abbildung Fig. 110. Gehirn eines 6monatlichen menschlichen Embryo in natürlicher Grösse. ol Bulbus olfactorius, fs Fossa Sylvii, c Cerebellum, p Pons Varoli, f Floc- culus, o Oliva.]

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Zitationshilfe: Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/koelliker_entwicklungs_1861/250>, abgerufen am 24.11.2024.