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Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861.

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Entwicklung des Knochensystems.
chen des Schädels von einem kleinen weichen Anfange aus gleich
in den knöchernen Zustand übergeht. Erwähnenswerth ist auch
das frühe Auftreten dieses Knochens, das in die 7. Woche fällt, so-
wie dass derselbe rasch eine relativ sehr bedeutende Grösse erreicht
und nach Meckel im 2. Monate den Oberschenkel um das Vierfache
an Länge übertrifft. Wie beim Unterkiefer treten übrigens auch
am Schlüsselbeine später knorpelige Epiphysen auf, von denen die
sternale zwischen dem 15.--18. Jahre einen Knochenpunct in sich
entwickelt, die erst am Ende der Wachsthumsperiode zwischen dem
22. und 25. Jahre mit dem Hauptstücke verwächst.

Das Schulterblatt verknöchert im Anfange des 3. MonatesSchulterblatt.
mit einem mittleren Kern, der nach und nach über den ganzen Knor-
pel sich ausdehnt mit Ausnahme des hintern Randes, des Processus
coracoideus
, der Cavitas glenoidea und des Acromion, die noch beim
Neugebornen knorplig sind und wie Apophysen eines Röhrenkno-
chens beim weiteren Wachsthume sich betheiligen. Im ersten Jahre
erhält der Processus coracoideus einen besonderen Knochenkern, an-
dere Kerne erscheinen erst zur Zeit der Pubertät im Acromion, am
untern Winkel, und ein streifenförmiger am ganzen hinteren Rande,
welche erst am Ende des Wachsthums mit dem Körper verschmelzen.

Das Oberarmbein ossificirt in der 8. oder 9. Woche in derOberarmbein.
Diaphyse. Bei der Geburt sind die beiden Apophysen noch voll-
kommen knorpelig, die Diaphyse verknöchert. Im ersten Jahre bil-
den sich dann zuerst zwei Kerne in der untern Apophyse und zwar
einer in der Eminentia capitata und einer in der Trochlea, einige Mo-
nate später tritt dann auch im Kopfe ein Ossificationspunct auf.
Ausserdem erscheinen noch am Anfange des zweiten Jahres ein Kern
im Tuberculum majus, zwischen dem zweiten und dritten einer im
Tuberculum minus und noch etwas später je einer in den Condylen,
von welchen Kernen die obern früher als die untern mit dem Haupt-
epiphysenkerne sich verbinden. Zwischen dem 16. und 20. Jahre
verwachsen die Epiphysen mit der Diaphyse, und zwar die untern
früher als die obern.

Die Vorderarmknochen sollen nach ältern Angaben, vonVorderarm-
knochen.

deren Richtigkeit ich jedoch mich nicht habe überzeugen können,
ursprünglich nur Eine Knorpelmasse bilden, die nachträglich in zwei
sich sondere. Die Verknöcherung beginnt in beiden Knochen zwi-
schen dem 2. und 3. Monate, doch bleiben die Enden auch nach der
Geburt noch lange knorpelig. Der Radius erhält nach Arnold am

Entwicklung des Knochensystems.
chen des Schädels von einem kleinen weichen Anfange aus gleich
in den knöchernen Zustand übergeht. Erwähnenswerth ist auch
das frühe Auftreten dieses Knochens, das in die 7. Woche fällt, so-
wie dass derselbe rasch eine relativ sehr bedeutende Grösse erreicht
und nach Meckel im 2. Monate den Oberschenkel um das Vierfache
an Länge übertrifft. Wie beim Unterkiefer treten übrigens auch
am Schlüsselbeine später knorpelige Epiphysen auf, von denen die
sternale zwischen dem 15.—18. Jahre einen Knochenpunct in sich
entwickelt, die erst am Ende der Wachsthumsperiode zwischen dem
22. und 25. Jahre mit dem Hauptstücke verwächst.

Das Schulterblatt verknöchert im Anfange des 3. MonatesSchulterblatt.
mit einem mittleren Kern, der nach und nach über den ganzen Knor-
pel sich ausdehnt mit Ausnahme des hintern Randes, des Processus
coracoideus
, der Cavitas glenoidea und des Acromion, die noch beim
Neugebornen knorplig sind und wie Apophysen eines Röhrenkno-
chens beim weiteren Wachsthume sich betheiligen. Im ersten Jahre
erhält der Processus coracoideus einen besonderen Knochenkern, an-
dere Kerne erscheinen erst zur Zeit der Pubertät im Acromion, am
untern Winkel, und ein streifenförmiger am ganzen hinteren Rande,
welche erst am Ende des Wachsthums mit dem Körper verschmelzen.

Das Oberarmbein ossificirt in der 8. oder 9. Woche in derOberarmbein.
Diaphyse. Bei der Geburt sind die beiden Apophysen noch voll-
kommen knorpelig, die Diaphyse verknöchert. Im ersten Jahre bil-
den sich dann zuerst zwei Kerne in der untern Apophyse und zwar
einer in der Eminentia capitata und einer in der Trochlea, einige Mo-
nate später tritt dann auch im Kopfe ein Ossificationspunct auf.
Ausserdem erscheinen noch am Anfange des zweiten Jahres ein Kern
im Tuberculum majus, zwischen dem zweiten und dritten einer im
Tuberculum minus und noch etwas später je einer in den Condylen,
von welchen Kernen die obern früher als die untern mit dem Haupt-
epiphysenkerne sich verbinden. Zwischen dem 16. und 20. Jahre
verwachsen die Epiphysen mit der Diaphyse, und zwar die untern
früher als die obern.

Die Vorderarmknochen sollen nach ältern Angaben, vonVorderarm-
knochen.

deren Richtigkeit ich jedoch mich nicht habe überzeugen können,
ursprünglich nur Eine Knorpelmasse bilden, die nachträglich in zwei
sich sondere. Die Verknöcherung beginnt in beiden Knochen zwi-
schen dem 2. und 3. Monate, doch bleiben die Enden auch nach der
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[223/0239] Entwicklung des Knochensystems. chen des Schädels von einem kleinen weichen Anfange aus gleich in den knöchernen Zustand übergeht. Erwähnenswerth ist auch das frühe Auftreten dieses Knochens, das in die 7. Woche fällt, so- wie dass derselbe rasch eine relativ sehr bedeutende Grösse erreicht und nach Meckel im 2. Monate den Oberschenkel um das Vierfache an Länge übertrifft. Wie beim Unterkiefer treten übrigens auch am Schlüsselbeine später knorpelige Epiphysen auf, von denen die sternale zwischen dem 15.—18. Jahre einen Knochenpunct in sich entwickelt, die erst am Ende der Wachsthumsperiode zwischen dem 22. und 25. Jahre mit dem Hauptstücke verwächst. Das Schulterblatt verknöchert im Anfange des 3. Monates mit einem mittleren Kern, der nach und nach über den ganzen Knor- pel sich ausdehnt mit Ausnahme des hintern Randes, des Processus coracoideus, der Cavitas glenoidea und des Acromion, die noch beim Neugebornen knorplig sind und wie Apophysen eines Röhrenkno- chens beim weiteren Wachsthume sich betheiligen. Im ersten Jahre erhält der Processus coracoideus einen besonderen Knochenkern, an- dere Kerne erscheinen erst zur Zeit der Pubertät im Acromion, am untern Winkel, und ein streifenförmiger am ganzen hinteren Rande, welche erst am Ende des Wachsthums mit dem Körper verschmelzen. Schulterblatt. Das Oberarmbein ossificirt in der 8. oder 9. Woche in der Diaphyse. Bei der Geburt sind die beiden Apophysen noch voll- kommen knorpelig, die Diaphyse verknöchert. Im ersten Jahre bil- den sich dann zuerst zwei Kerne in der untern Apophyse und zwar einer in der Eminentia capitata und einer in der Trochlea, einige Mo- nate später tritt dann auch im Kopfe ein Ossificationspunct auf. Ausserdem erscheinen noch am Anfange des zweiten Jahres ein Kern im Tuberculum majus, zwischen dem zweiten und dritten einer im Tuberculum minus und noch etwas später je einer in den Condylen, von welchen Kernen die obern früher als die untern mit dem Haupt- epiphysenkerne sich verbinden. Zwischen dem 16. und 20. Jahre verwachsen die Epiphysen mit der Diaphyse, und zwar die untern früher als die obern. Oberarmbein. Die Vorderarmknochen sollen nach ältern Angaben, von deren Richtigkeit ich jedoch mich nicht habe überzeugen können, ursprünglich nur Eine Knorpelmasse bilden, die nachträglich in zwei sich sondere. Die Verknöcherung beginnt in beiden Knochen zwi- schen dem 2. und 3. Monate, doch bleiben die Enden auch nach der Geburt noch lange knorpelig. Der Radius erhält nach Arnold am Vorderarm- knochen.

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Zitationshilfe: Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/koelliker_entwicklungs_1861/239>, abgerufen am 05.05.2024.