tergange und den Dottersackgefässen angehört. Der von der Allan- tois herstammende Theil und der Stiel des Dottersackes sind in sehr frühen Zeiten als besondere Gebilde deutlich zu unterscheiden und liegt letzterer Theil wie in einer Furche des ersteren, später aber umwächst der zur Allantois gehörige Theil vollständig den Dotter- gang und seine Annexa und bildet sich so unter. Mitbetheiligung der immer enger werdenden Nabelstrangscheide des Amnios ein ein- facher cylindrischer Strang, an dem man keine Spur der ursprüng- lichen Verhältnisse mehr erkennt.
Mütterliche Eihüllen.Ich wende mich nun zur Entwicklungsgeschichte der mütterlichen Eihüllen und will Ihnen zunächst einige That- sachen mittheilen, die geeignet sind, einen richtigen Einblick in die Zusammensetzung und Bedeutung der Decidua vera, Decidua reflexa und Placenta uterina zu gewähren. Die Decidua reflexa habe ich Ihnen aus dem vierten und fünften Monate als gefässlos beschrieben, bemerken Sie aber, dass diese Membran bei jüngeren Eiern Gefässe enthält und zwar um so mehr, je jünger dieselbe ist, wie besonders die schönen Abbildungen von Coste (l. c. Pl. II--V.) lehren. Nur an einer einzigen Stelle ist die Reflexa gefässarm, ja, in einem kleinen Bezirke wenigstens, selbst gefässlos, an einer Stelle, die wie eine Art Nabel ziemlich in der Mitte erscheint, und an die- ser Stelle bemerkt man auch wie eine Art Narbe, oder eine kleine Einsenkung, wie wenn hier eine Schliessung einer ursprünglich offenen Blase stattgefunden hätte. Ausser diesen Gefässen, die man im zweiten Monate deutlich erkennt, zeigt die Reflexa in frühen Sta- dien fast überall Drüsenmündungen oder jene Löcher, die ich Ihnen schon früher von der Vera beschrieben habe; nur jene Stelle in der Mitte, wo jene narbenähnliche Bildung sich befindet, bleibt Decidua vera.auch von diesen Mündungen frei. Was die Vera anlangt, so ist von ihr besonders hervorzuheben, dass sie, je jünger das Ei ist, um so mehr der Schleimhaut des Uterus ähnlich ist und immer deutlicher und bestimmter als Abkömmling derselben sich zu erkennen gibt. In der That haben auch die Untersuchungen von E. H. Weber (Mül- ler's Phys. 1840. Bd. II. pag. 740 und Zusätze z. Lehre vom Baue und von den Verricht. der Geschlechtsorgane in Abh. d. K. sächs. Aka- demie 1846. S. 406 flgd.) und von Sharpey (in der engl. Uebersetz. v. d. Müll. Physiol.) ergeben, dass die Decidua vera nichts anderes ist als die umgewandelte Schleimhaut des Uterus, eine Ansicht, die allerdings schon viel früher von Oken, Seiler und Sabatier ausge-
Einundzwanzigste Vorlesung.
tergange und den Dottersackgefässen angehört. Der von der Allan- tois herstammende Theil und der Stiel des Dottersackes sind in sehr frühen Zeiten als besondere Gebilde deutlich zu unterscheiden und liegt letzterer Theil wie in einer Furche des ersteren, später aber umwächst der zur Allantois gehörige Theil vollständig den Dotter- gang und seine Annexa und bildet sich so unter. Mitbetheiligung der immer enger werdenden Nabelstrangscheide des Amnios ein ein- facher cylindrischer Strang, an dem man keine Spur der ursprüng- lichen Verhältnisse mehr erkennt.
Mütterliche Eihüllen.Ich wende mich nun zur Entwicklungsgeschichte der mütterlichen Eihüllen und will Ihnen zunächst einige That- sachen mittheilen, die geeignet sind, einen richtigen Einblick in die Zusammensetzung und Bedeutung der Decidua vera, Decidua reflexa und Placenta uterina zu gewähren. Die Decidua reflexa habe ich Ihnen aus dem vierten und fünften Monate als gefässlos beschrieben, bemerken Sie aber, dass diese Membran bei jüngeren Eiern Gefässe enthält und zwar um so mehr, je jünger dieselbe ist, wie besonders die schönen Abbildungen von Coste (l. c. Pl. II—V.) lehren. Nur an einer einzigen Stelle ist die Reflexa gefässarm, ja, in einem kleinen Bezirke wenigstens, selbst gefässlos, an einer Stelle, die wie eine Art Nabel ziemlich in der Mitte erscheint, und an die- ser Stelle bemerkt man auch wie eine Art Narbe, oder eine kleine Einsenkung, wie wenn hier eine Schliessung einer ursprünglich offenen Blase stattgefunden hätte. Ausser diesen Gefässen, die man im zweiten Monate deutlich erkennt, zeigt die Reflexa in frühen Sta- dien fast überall Drüsenmündungen oder jene Löcher, die ich Ihnen schon früher von der Vera beschrieben habe; nur jene Stelle in der Mitte, wo jene narbenähnliche Bildung sich befindet, bleibt Decidua vera.auch von diesen Mündungen frei. Was die Vera anlangt, so ist von ihr besonders hervorzuheben, dass sie, je jünger das Ei ist, um so mehr der Schleimhaut des Uterus ähnlich ist und immer deutlicher und bestimmter als Abkömmling derselben sich zu erkennen gibt. In der That haben auch die Untersuchungen von E. H. Weber (Mül- ler’s Phys. 1840. Bd. II. pag. 740 und Zusätze z. Lehre vom Baue und von den Verricht. der Geschlechtsorgane in Abh. d. K. sächs. Aka- demie 1846. S. 406 flgd.) und von Sharpey (in der engl. Uebersetz. v. d. Müll. Physiol.) ergeben, dass die Decidua vera nichts anderes ist als die umgewandelte Schleimhaut des Uterus, eine Ansicht, die allerdings schon viel früher von Oken, Seiler und Sabatier ausge-
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Einundzwanzigste Vorlesung.
tergange und den Dottersackgefässen angehört. Der von der Allan-
tois herstammende Theil und der Stiel des Dottersackes sind in sehr
frühen Zeiten als besondere Gebilde deutlich zu unterscheiden und
liegt letzterer Theil wie in einer Furche des ersteren, später aber
umwächst der zur Allantois gehörige Theil vollständig den Dotter-
gang und seine Annexa und bildet sich so unter. Mitbetheiligung der
immer enger werdenden Nabelstrangscheide des Amnios ein ein-
facher cylindrischer Strang, an dem man keine Spur der ursprüng-
lichen Verhältnisse mehr erkennt.
Ich wende mich nun zur Entwicklungsgeschichte der
mütterlichen Eihüllen und will Ihnen zunächst einige That-
sachen mittheilen, die geeignet sind, einen richtigen Einblick in die
Zusammensetzung und Bedeutung der Decidua vera, Decidua reflexa
und Placenta uterina zu gewähren. Die Decidua reflexa habe ich
Ihnen aus dem vierten und fünften Monate als gefässlos beschrieben,
bemerken Sie aber, dass diese Membran bei jüngeren Eiern
Gefässe enthält und zwar um so mehr, je jünger dieselbe ist, wie
besonders die schönen Abbildungen von Coste (l. c. Pl. II—V.) lehren.
Nur an einer einzigen Stelle ist die Reflexa gefässarm, ja, in
einem kleinen Bezirke wenigstens, selbst gefässlos, an einer Stelle,
die wie eine Art Nabel ziemlich in der Mitte erscheint, und an die-
ser Stelle bemerkt man auch wie eine Art Narbe, oder eine kleine
Einsenkung, wie wenn hier eine Schliessung einer ursprünglich
offenen Blase stattgefunden hätte. Ausser diesen Gefässen, die man
im zweiten Monate deutlich erkennt, zeigt die Reflexa in frühen Sta-
dien fast überall Drüsenmündungen oder jene Löcher, die ich
Ihnen schon früher von der Vera beschrieben habe; nur jene Stelle
in der Mitte, wo jene narbenähnliche Bildung sich befindet, bleibt
auch von diesen Mündungen frei. Was die Vera anlangt, so ist von
ihr besonders hervorzuheben, dass sie, je jünger das Ei ist, um so
mehr der Schleimhaut des Uterus ähnlich ist und immer deutlicher
und bestimmter als Abkömmling derselben sich zu erkennen gibt.
In der That haben auch die Untersuchungen von E. H. Weber (Mül-
ler’s Phys. 1840. Bd. II. pag. 740 und Zusätze z. Lehre vom Baue
und von den Verricht. der Geschlechtsorgane in Abh. d. K. sächs. Aka-
demie 1846. S. 406 flgd.) und von Sharpey (in der engl. Uebersetz.
v. d. Müll. Physiol.) ergeben, dass die Decidua vera nichts anderes
ist als die umgewandelte Schleimhaut des Uterus, eine Ansicht, die
allerdings schon viel früher von Oken, Seiler und Sabatier ausge-
Mütterliche
Eihüllen.
Decidua vera.
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Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/koelliker_entwicklungs_1861/194>, abgerufen am 25.07.2024.
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