Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Koch, Robert: Untersuchung über die Aetiologie der Wundinfectionskrankheiten. Leipzig, 1878.

Bild:
<< vorherige Seite

Beschreibung der Untersuchungsmethode.
Bacillen1), sind so charakteristisch, dass sie mit den pathogenen
Bakterien nicht leicht zu verwechseln sind. Dennoch ist es besser
Objecte, in denen sich schon Fäulnissbakterien eingefunden haben,
nur mit Reserve oder noch richtiger gar nicht zu benutzen. Ich
habe, um jeden Einwand von Verwechslung mit Fäulnissbakterien
auszuschliessen und um nicht zu der Meinung Veranlassung zu
geben, dass in Anordnung und Zahl der pathogenen Bakterien
nach dem Tode noch Veränderungen eingetreten sein könnten,
nur solche Objecte zur Untersuchung gezogen, die unmittelbar
nach dem Tode des Versuchsthieres, nur in wenigen Fällen einige
Stunden nach dem Tode, in absoluten Alkohol gelegt wurden.
Deswegen habe ich in meinen in dieser Weise gewonnenen Prä¬
paraten niemals Fäulnissbakterien gefunden. Dagegen habe ich
sie selten in menschlichen Leichentheilen, trotzdem die Section
15 bis 20 Stunden nach dem Tode gemacht war, vermisst.

Auf eine merkwürdige Art von Zellen will ich bei dieser Ge¬
legenheit noch aufmerksam machen, welche zu Verwechslungen
mit kleinen Mikrokokkenhaufen Veranlassung geben könnte. Es
sind das die von Ehrlich 2) beschriebenen und abgebildeten so¬
genannten Plasmazellen, platte, meistens der Aussenwand von Ge¬
fässen aufsitzende Zellen, die aus einem rund um einen Kern
gruppirten Körnerhaufen bestehen. Sie verhalten sich den Anilin¬
farben gegenüber gerade entgegengesetzt wie alle übrigen Zellen.
Bei letzteren wird nur der Kern gefärbt, bei den Plasmazellen
färbt sich dagegen nur das feinkörnige Plasma und der Kern
bleibt ungefärbt. Da nun die Körnchen genau die Grösse mancher
Mikrokokken haben, so sieht, besonders wenn der Kern undeut¬
lich oder verschwunden ist, die Plasmazelle fast genau so aus,
wie eine kleine Mikrokokkenkolonie. Doch sind die Körnchen
gewöhnlich von ungleicher Grösse. Dieses letztere Verhalten, das
Vorhandensein eines Kernes und der Vergleich mit anderen eben¬
solchen Zellen sichern indessen leicht ihre Diagnose. In mensch¬
lichen Geweben sind sie nicht gerade häufig, aber massenhaft
kommen sie bei der Maus, besonders in der Haut des Ohrs, vor.

Handelt es sich darum, jede Verwechslung der Bakterien mit
thierischen Gewebstheilen auszuschliessen, oder kommt es darauf

1) Vgl. meine Abhandlung über Photographiren u. s. w. der Bakterien.
Beiträge zur Biologie der Pflanzen. 2. Bd. 3. Heft. Photogramm Nr. 6 auf
Taf. XVI.
2) Archiv für mikroskopische Anatomie. Bd. XIII. 1877. S. 263.

Beschreibung der Untersuchungsmethode.
Bacillen1), sind so charakteristisch, dass sie mit den pathogenen
Bakterien nicht leicht zu verwechseln sind. Dennoch ist es besser
Objecte, in denen sich schon Fäulnissbakterien eingefunden haben,
nur mit Reserve oder noch richtiger gar nicht zu benutzen. Ich
habe, um jeden Einwand von Verwechslung mit Fäulnissbakterien
auszuschliessen und um nicht zu der Meinung Veranlassung zu
geben, dass in Anordnung und Zahl der pathogenen Bakterien
nach dem Tode noch Veränderungen eingetreten sein könnten,
nur solche Objecte zur Untersuchung gezogen, die unmittelbar
nach dem Tode des Versuchsthieres, nur in wenigen Fällen einige
Stunden nach dem Tode, in absoluten Alkohol gelegt wurden.
Deswegen habe ich in meinen in dieser Weise gewonnenen Prä¬
paraten niemals Fäulnissbakterien gefunden. Dagegen habe ich
sie selten in menschlichen Leichentheilen, trotzdem die Section
15 bis 20 Stunden nach dem Tode gemacht war, vermisst.

Auf eine merkwürdige Art von Zellen will ich bei dieser Ge¬
legenheit noch aufmerksam machen, welche zu Verwechslungen
mit kleinen Mikrokokkenhaufen Veranlassung geben könnte. Es
sind das die von Ehrlich 2) beschriebenen und abgebildeten so¬
genannten Plasmazellen, platte, meistens der Aussenwand von Ge¬
fässen aufsitzende Zellen, die aus einem rund um einen Kern
gruppirten Körnerhaufen bestehen. Sie verhalten sich den Anilin¬
farben gegenüber gerade entgegengesetzt wie alle übrigen Zellen.
Bei letzteren wird nur der Kern gefärbt, bei den Plasmazellen
färbt sich dagegen nur das feinkörnige Plasma und der Kern
bleibt ungefärbt. Da nun die Körnchen genau die Grösse mancher
Mikrokokken haben, so sieht, besonders wenn der Kern undeut¬
lich oder verschwunden ist, die Plasmazelle fast genau so aus,
wie eine kleine Mikrokokkenkolonie. Doch sind die Körnchen
gewöhnlich von ungleicher Grösse. Dieses letztere Verhalten, das
Vorhandensein eines Kernes und der Vergleich mit anderen eben¬
solchen Zellen sichern indessen leicht ihre Diagnose. In mensch¬
lichen Geweben sind sie nicht gerade häufig, aber massenhaft
kommen sie bei der Maus, besonders in der Haut des Ohrs, vor.

Handelt es sich darum, jede Verwechslung der Bakterien mit
thierischen Gewebstheilen auszuschliessen, oder kommt es darauf

1) Vgl. meine Abhandlung über Photographiren u. s. w. der Bakterien.
Beiträge zur Biologie der Pflanzen. 2. Bd. 3. Heft. Photogramm Nr. 6 auf
Taf. XVI.
2) Archiv für mikroskopische Anatomie. Bd. XIII. 1877. S. 263.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0048" n="38"/><fw place="top" type="header">Beschreibung der Untersuchungsmethode.<lb/></fw> Bacillen<note place="foot" n="1)">Vgl. meine Abhandlung über Photographiren u. s. w. der Bakterien.<lb/>
Beiträge zur Biologie der Pflanzen. 2. Bd. 3. Heft. Photogramm Nr. 6 auf<lb/>
Taf. XVI.</note>, sind so charakteristisch, dass sie mit den pathogenen<lb/>
Bakterien nicht leicht zu verwechseln sind. Dennoch ist es besser<lb/>
Objecte, in denen sich schon Fäulnissbakterien eingefunden haben,<lb/>
nur mit Reserve oder noch richtiger gar nicht zu benutzen. Ich<lb/>
habe, um jeden Einwand von Verwechslung mit Fäulnissbakterien<lb/>
auszuschliessen und um nicht zu der Meinung Veranlassung zu<lb/>
geben, dass in Anordnung und Zahl der pathogenen Bakterien<lb/>
nach dem Tode noch Veränderungen eingetreten sein könnten,<lb/>
nur solche Objecte zur Untersuchung gezogen, die unmittelbar<lb/>
nach dem Tode des Versuchsthieres, nur in wenigen Fällen einige<lb/>
Stunden nach dem Tode, in absoluten Alkohol gelegt wurden.<lb/>
Deswegen habe ich in meinen in dieser Weise gewonnenen Prä¬<lb/>
paraten niemals Fäulnissbakterien gefunden. Dagegen habe ich<lb/>
sie selten in menschlichen Leichentheilen, trotzdem die Section<lb/>
15 bis 20 Stunden nach dem Tode gemacht war, vermisst.</p><lb/>
        <p>Auf eine merkwürdige Art von Zellen will ich bei dieser Ge¬<lb/>
legenheit noch aufmerksam machen, welche zu Verwechslungen<lb/>
mit kleinen Mikrokokkenhaufen Veranlassung geben könnte. Es<lb/>
sind das die von <hi rendition="#k">Ehrlich</hi> <note place="foot" n="2)">Archiv für mikroskopische Anatomie. Bd. XIII. 1877. S. 263.</note> beschriebenen und abgebildeten so¬<lb/>
genannten Plasmazellen, platte, meistens der Aussenwand von Ge¬<lb/>
fässen aufsitzende Zellen, die aus einem rund um einen Kern<lb/>
gruppirten Körnerhaufen bestehen. Sie verhalten sich den Anilin¬<lb/>
farben gegenüber gerade entgegengesetzt wie alle übrigen Zellen.<lb/>
Bei letzteren wird nur der Kern gefärbt, bei den Plasmazellen<lb/>
färbt sich dagegen nur das feinkörnige Plasma und der Kern<lb/>
bleibt ungefärbt. Da nun die Körnchen genau die Grösse mancher<lb/>
Mikrokokken haben, so sieht, besonders wenn der Kern undeut¬<lb/>
lich oder verschwunden ist, die Plasmazelle fast genau so aus,<lb/>
wie eine kleine Mikrokokkenkolonie. Doch sind die Körnchen<lb/>
gewöhnlich von ungleicher Grösse. Dieses letztere Verhalten, das<lb/>
Vorhandensein eines Kernes und der Vergleich mit anderen eben¬<lb/>
solchen Zellen sichern indessen leicht ihre Diagnose. In mensch¬<lb/>
lichen Geweben sind sie nicht gerade häufig, aber massenhaft<lb/>
kommen sie bei der Maus, besonders in der Haut des Ohrs, vor.</p><lb/>
        <p>Handelt es sich darum, jede Verwechslung der Bakterien mit<lb/>
thierischen Gewebstheilen auszuschliessen, oder kommt es darauf<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[38/0048] Beschreibung der Untersuchungsmethode. Bacillen 1), sind so charakteristisch, dass sie mit den pathogenen Bakterien nicht leicht zu verwechseln sind. Dennoch ist es besser Objecte, in denen sich schon Fäulnissbakterien eingefunden haben, nur mit Reserve oder noch richtiger gar nicht zu benutzen. Ich habe, um jeden Einwand von Verwechslung mit Fäulnissbakterien auszuschliessen und um nicht zu der Meinung Veranlassung zu geben, dass in Anordnung und Zahl der pathogenen Bakterien nach dem Tode noch Veränderungen eingetreten sein könnten, nur solche Objecte zur Untersuchung gezogen, die unmittelbar nach dem Tode des Versuchsthieres, nur in wenigen Fällen einige Stunden nach dem Tode, in absoluten Alkohol gelegt wurden. Deswegen habe ich in meinen in dieser Weise gewonnenen Prä¬ paraten niemals Fäulnissbakterien gefunden. Dagegen habe ich sie selten in menschlichen Leichentheilen, trotzdem die Section 15 bis 20 Stunden nach dem Tode gemacht war, vermisst. Auf eine merkwürdige Art von Zellen will ich bei dieser Ge¬ legenheit noch aufmerksam machen, welche zu Verwechslungen mit kleinen Mikrokokkenhaufen Veranlassung geben könnte. Es sind das die von Ehrlich 2) beschriebenen und abgebildeten so¬ genannten Plasmazellen, platte, meistens der Aussenwand von Ge¬ fässen aufsitzende Zellen, die aus einem rund um einen Kern gruppirten Körnerhaufen bestehen. Sie verhalten sich den Anilin¬ farben gegenüber gerade entgegengesetzt wie alle übrigen Zellen. Bei letzteren wird nur der Kern gefärbt, bei den Plasmazellen färbt sich dagegen nur das feinkörnige Plasma und der Kern bleibt ungefärbt. Da nun die Körnchen genau die Grösse mancher Mikrokokken haben, so sieht, besonders wenn der Kern undeut¬ lich oder verschwunden ist, die Plasmazelle fast genau so aus, wie eine kleine Mikrokokkenkolonie. Doch sind die Körnchen gewöhnlich von ungleicher Grösse. Dieses letztere Verhalten, das Vorhandensein eines Kernes und der Vergleich mit anderen eben¬ solchen Zellen sichern indessen leicht ihre Diagnose. In mensch¬ lichen Geweben sind sie nicht gerade häufig, aber massenhaft kommen sie bei der Maus, besonders in der Haut des Ohrs, vor. Handelt es sich darum, jede Verwechslung der Bakterien mit thierischen Gewebstheilen auszuschliessen, oder kommt es darauf 1) Vgl. meine Abhandlung über Photographiren u. s. w. der Bakterien. Beiträge zur Biologie der Pflanzen. 2. Bd. 3. Heft. Photogramm Nr. 6 auf Taf. XVI. 2) Archiv für mikroskopische Anatomie. Bd. XIII. 1877. S. 263.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/koch_wundinfektionskrankheiten_1878
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/koch_wundinfektionskrankheiten_1878/48
Zitationshilfe: Koch, Robert: Untersuchung über die Aetiologie der Wundinfectionskrankheiten. Leipzig, 1878, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/koch_wundinfektionskrankheiten_1878/48>, abgerufen am 22.11.2024.