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Knüppeln, Julius Friedrich: Die Rechte der Natur und Menschheit, entweiht durch Menschen. Berlin, 1784.

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Menschen, der ein guter und edler Mann hätte
sein können, wenn seine Brüder ihm nicht das
menschliche Gewand ausgezogen hätten. Doch
Seldau ging heitern Geistes zum Richtplaz --
sah um sich her den stürzenden Pöbel -- blikte
einen jeden ruhig an, und bestieg den Todesort.
Vater vergib mir! stammelte er leise -- einige
Stösse, und seine Seele entfloh -- entfesselt und
los von Sünden und Fehl, zum Ort der Ent-
bundenen, wo keine Träne rinnt, wo Wonne
der Engel strömt. Der Mensch vom Pöbel
weidete sein Auge an diesem Schauspiel, und sah
es mit morddürstiger Neugierde anfangen und
endigen. Auch so manche gingen vorüber, ohne
es gefühlt und empfunden zu haben, auch der
Gerichtete ist dein Bruder!
Sein Herz sprach
ihn frei vom Mord, es wuste nichts von einer
That, die Verzweiflung und Wahnsinn erzeugte.

Du aber, der du Mensch und Bruder
bist, der du das Jnnere menschlicher Hand-
lungen erforschest, und nicht am Aeussern stehen
bleibest, der du im Rauber und Mörder, den
Gesezzen nach, auch den Mitbruder erkennest,
und ihm dein Mitleid, deine Tränen schenkest,
weih der gekränkten Menschheit eine Träne;

Menſchen, der ein guter und edler Mann haͤtte
ſein koͤnnen, wenn ſeine Bruͤder ihm nicht das
menſchliche Gewand ausgezogen haͤtten. Doch
Seldau ging heitern Geiſtes zum Richtplaz —
ſah um ſich her den ſtuͤrzenden Poͤbel — blikte
einen jeden ruhig an, und beſtieg den Todesort.
Vater vergib mir! ſtammelte er leiſe — einige
Stoͤſſe, und ſeine Seele entfloh — entfeſſelt und
los von Suͤnden und Fehl, zum Ort der Ent-
bundenen, wo keine Traͤne rinnt, wo Wonne
der Engel ſtroͤmt. Der Menſch vom Poͤbel
weidete ſein Auge an dieſem Schauſpiel, und ſah
es mit mordduͤrſtiger Neugierde anfangen und
endigen. Auch ſo manche gingen voruͤber, ohne
es gefuͤhlt und empfunden zu haben, auch der
Gerichtete iſt dein Bruder!
Sein Herz ſprach
ihn frei vom Mord, es wuſte nichts von einer
That, die Verzweiflung und Wahnſinn erzeugte.

Du aber, der du Menſch und Bruder
biſt, der du das Jnnere menſchlicher Hand-
lungen erforſcheſt, und nicht am Aeuſſern ſtehen
bleibeſt, der du im Rauber und Moͤrder, den
Geſezzen nach, auch den Mitbruder erkenneſt,
und ihm dein Mitleid, deine Traͤnen ſchenkeſt,
weih der gekraͤnkten Menſchheit eine Traͤne;

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[44/0052] Menſchen, der ein guter und edler Mann haͤtte ſein koͤnnen, wenn ſeine Bruͤder ihm nicht das menſchliche Gewand ausgezogen haͤtten. Doch Seldau ging heitern Geiſtes zum Richtplaz — ſah um ſich her den ſtuͤrzenden Poͤbel — blikte einen jeden ruhig an, und beſtieg den Todesort. Vater vergib mir! ſtammelte er leiſe — einige Stoͤſſe, und ſeine Seele entfloh — entfeſſelt und los von Suͤnden und Fehl, zum Ort der Ent- bundenen, wo keine Traͤne rinnt, wo Wonne der Engel ſtroͤmt. Der Menſch vom Poͤbel weidete ſein Auge an dieſem Schauſpiel, und ſah es mit mordduͤrſtiger Neugierde anfangen und endigen. Auch ſo manche gingen voruͤber, ohne es gefuͤhlt und empfunden zu haben, auch der Gerichtete iſt dein Bruder! Sein Herz ſprach ihn frei vom Mord, es wuſte nichts von einer That, die Verzweiflung und Wahnſinn erzeugte. Du aber, der du Menſch und Bruder biſt, der du das Jnnere menſchlicher Hand- lungen erforſcheſt, und nicht am Aeuſſern ſtehen bleibeſt, der du im Rauber und Moͤrder, den Geſezzen nach, auch den Mitbruder erkenneſt, und ihm dein Mitleid, deine Traͤnen ſchenkeſt, weih der gekraͤnkten Menſchheit eine Traͤne;

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Zitationshilfe: Knüppeln, Julius Friedrich: Die Rechte der Natur und Menschheit, entweiht durch Menschen. Berlin, 1784, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knueppeln_rechte_1784/52>, abgerufen am 23.11.2024.