Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Knüppeln, Julius Friedrich: Die Rechte der Natur und Menschheit, entweiht durch Menschen. Berlin, 1784.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

unser Glaubensbekenntnis her, ohne zu wissen,
was wir bekannt, was wir gelobt haben, was
Wunder, wenn bei zunehmenden Jahren sol-
che Schriften Eingang bei uns finden, wenn
wir sie mit heisser Begierde verschlingen, ohne
sie genau zu prüfen, und die Trugschlüsse
einer dunkeln Metaphysik von den wahren un-
terscheiden.

Wie nun auf der einen Seite Unglauben
und Spötterei über das heiligste und wichtigste
der Religion uns mit despotischer Strenge be-
herrschet, so bedrükt uns auf der andern Seite
der Aberglauben mit seinen sklavischen Fesseln,
und so wie wir auf der einen Seite uns aufge-
klärt und weise wähnen, wann wir mit Frivoli-
tät über die wichtigsten Warheiten des Glaubens
hinweggaukeln, so lassen wir uns auf der andern

Jahrhunderts und der Nachwelt schrieb! --
War ihm etwa das Hussageschrei der Lotterbu-
ben theurer, als der Beifall der Edlen seines
Volks? Und hallte ihm nicht jene warnende
Stimme zu: Wehe dem Menschen, durch
welchen Aergernis kommt, es wäre besser,
daß er nie geboren worden!
B 2

unſer Glaubensbekenntnis her, ohne zu wiſſen,
was wir bekannt, was wir gelobt haben, was
Wunder, wenn bei zunehmenden Jahren ſol-
che Schriften Eingang bei uns finden, wenn
wir ſie mit heiſſer Begierde verſchlingen, ohne
ſie genau zu pruͤfen, und die Trugſchluͤſſe
einer dunkeln Metaphyſik von den wahren un-
terſcheiden.

Wie nun auf der einen Seite Unglauben
und Spoͤtterei uͤber das heiligſte und wichtigſte
der Religion uns mit deſpotiſcher Strenge be-
herrſchet, ſo bedruͤkt uns auf der andern Seite
der Aberglauben mit ſeinen ſklaviſchen Feſſeln,
und ſo wie wir auf der einen Seite uns aufge-
klaͤrt und weiſe waͤhnen, wann wir mit Frivoli-
taͤt uͤber die wichtigſten Warheiten des Glaubens
hinweggaukeln, ſo laſſen wir uns auf der andern

Jahrhunderts und der Nachwelt ſchrieb! —
War ihm etwa das Huſſageſchrei der Lotterbu-
ben theurer, als der Beifall der Edlen ſeines
Volks? Und hallte ihm nicht jene warnende
Stimme zu: Wehe dem Menſchen, durch
welchen Aergernis kommt, es waͤre beſſer,
daß er nie geboren worden!
B 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0027" n="19"/>
un&#x017F;er Glaubensbekenntnis her, ohne zu wi&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
was wir bekannt, was wir gelobt haben, was<lb/>
Wunder, wenn bei zunehmenden Jahren &#x017F;ol-<lb/>
che Schriften Eingang bei uns finden, wenn<lb/>
wir &#x017F;ie mit hei&#x017F;&#x017F;er Begierde ver&#x017F;chlingen, ohne<lb/>
&#x017F;ie genau zu pru&#x0364;fen, und die Trug&#x017F;chlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e<lb/>
einer dunkeln Metaphy&#x017F;ik von den wahren un-<lb/>
ter&#x017F;cheiden.</p><lb/>
        <p>Wie nun auf der einen Seite Unglauben<lb/>
und Spo&#x0364;tterei u&#x0364;ber das heilig&#x017F;te und wichtig&#x017F;te<lb/>
der Religion uns mit de&#x017F;poti&#x017F;cher Strenge be-<lb/>
herr&#x017F;chet, &#x017F;o bedru&#x0364;kt uns auf der andern Seite<lb/>
der <hi rendition="#fr">Aberglauben</hi> mit &#x017F;einen &#x017F;klavi&#x017F;chen Fe&#x017F;&#x017F;eln,<lb/>
und &#x017F;o wie wir auf der einen Seite uns aufge-<lb/>
kla&#x0364;rt und wei&#x017F;e wa&#x0364;hnen, wann wir mit Frivoli-<lb/>
ta&#x0364;t u&#x0364;ber die wichtig&#x017F;ten Warheiten des Glaubens<lb/>
hinweggaukeln, &#x017F;o la&#x017F;&#x017F;en wir uns auf der andern<lb/><note xml:id="seg2pn_1_2" prev="#seg2pn_1_1" place="foot" n="*)">Jahrhunderts und der Nachwelt &#x017F;chrieb! &#x2014;<lb/>
War ihm etwa das Hu&#x017F;&#x017F;age&#x017F;chrei der Lotterbu-<lb/>
ben theurer, als der Beifall der Edlen &#x017F;eines<lb/>
Volks? Und hallte ihm nicht jene warnende<lb/>
Stimme zu: <hi rendition="#fr">Wehe dem Men&#x017F;chen, durch<lb/>
welchen Aergernis kommt, es wa&#x0364;re be&#x017F;&#x017F;er,<lb/>
daß er nie geboren worden!</hi></note><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">B 2</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[19/0027] unſer Glaubensbekenntnis her, ohne zu wiſſen, was wir bekannt, was wir gelobt haben, was Wunder, wenn bei zunehmenden Jahren ſol- che Schriften Eingang bei uns finden, wenn wir ſie mit heiſſer Begierde verſchlingen, ohne ſie genau zu pruͤfen, und die Trugſchluͤſſe einer dunkeln Metaphyſik von den wahren un- terſcheiden. Wie nun auf der einen Seite Unglauben und Spoͤtterei uͤber das heiligſte und wichtigſte der Religion uns mit deſpotiſcher Strenge be- herrſchet, ſo bedruͤkt uns auf der andern Seite der Aberglauben mit ſeinen ſklaviſchen Feſſeln, und ſo wie wir auf der einen Seite uns aufge- klaͤrt und weiſe waͤhnen, wann wir mit Frivoli- taͤt uͤber die wichtigſten Warheiten des Glaubens hinweggaukeln, ſo laſſen wir uns auf der andern *) *) Jahrhunderts und der Nachwelt ſchrieb! — War ihm etwa das Huſſageſchrei der Lotterbu- ben theurer, als der Beifall der Edlen ſeines Volks? Und hallte ihm nicht jene warnende Stimme zu: Wehe dem Menſchen, durch welchen Aergernis kommt, es waͤre beſſer, daß er nie geboren worden! B 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/knueppeln_rechte_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/knueppeln_rechte_1784/27
Zitationshilfe: Knüppeln, Julius Friedrich: Die Rechte der Natur und Menschheit, entweiht durch Menschen. Berlin, 1784, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knueppeln_rechte_1784/27>, abgerufen am 23.04.2024.