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Knüppeln, Julius Friedrich: Die Rechte der Natur und Menschheit, entweiht durch Menschen. Berlin, 1784.

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und Ruhe zu Begleitern, deren Verlezzung aber
Unglük und Elend zu Gefährten hat.

Wie wir diese Rechte beobachten, wie wir
sie ausüben sollen, lehrt uns die Natur. Jhre
Stimme ist es, die uns stets zuruft: "Mensch!
lies im Buch der Schöpfung, da findest
du alle deine Pflichten verzeichnet, da
schrieb die Gottheit Dir jene Rechte nie-
der, die du in Rüksicht deiner selbst, und
deiner Mitbrüder zu befolgen hast, han-
dele darnach, mache es dir zur heiligen
Pflicht, sie auszuüben und du wirst glük-
lich sein!
" Dies ist die laute Stimme der Na-
tur, die uns täglich zuhallt, und unser Herz be-
stätigt ihren Ausspruch. Und dennoch seh ich
Menschen, die dieser Stimme ihr Ohr verschlies-
sen, die alle Gefühle der Menschheit in ihrem
Herzen erstikken; ich seh Verbindungen entweiht
und zerrissen, worauf die Natur das Siegel
drükte, ich seh' die Menschheit unterjocht, und
keuchend unter den Ketten der Sklaverei -- ich
seh heilige Gesezze freventlich entweiht, und zu
Menschensazzungen herabgewürdigt -- ich seh
den Rechtschaffenen im Staube, den Boshaften
auf dem höchsten Gipfel der Ehre -- ja ich sehe

und Ruhe zu Begleitern, deren Verlezzung aber
Ungluͤk und Elend zu Gefaͤhrten hat.

Wie wir dieſe Rechte beobachten, wie wir
ſie ausuͤben ſollen, lehrt uns die Natur. Jhre
Stimme iſt es, die uns ſtets zuruft: „Menſch!
lies im Buch der Schoͤpfung, da findeſt
du alle deine Pflichten verzeichnet, da
ſchrieb die Gottheit Dir jene Rechte nie-
der, die du in Ruͤkſicht deiner ſelbſt, und
deiner Mitbruͤder zu befolgen haſt, han-
dele darnach, mache es dir zur heiligen
Pflicht, ſie auszuuͤben und du wirſt gluͤk-
lich ſein!
‟ Dies iſt die laute Stimme der Na-
tur, die uns taͤglich zuhallt, und unſer Herz be-
ſtaͤtigt ihren Ausſpruch. Und dennoch ſeh ich
Menſchen, die dieſer Stimme ihr Ohr verſchlieſ-
ſen, die alle Gefuͤhle der Menſchheit in ihrem
Herzen erſtikken; ich ſeh Verbindungen entweiht
und zerriſſen, worauf die Natur das Siegel
druͤkte, ich ſeh’ die Menſchheit unterjocht, und
keuchend unter den Ketten der Sklaverei — ich
ſeh heilige Geſezze freventlich entweiht, und zu
Menſchenſazzungen herabgewuͤrdigt — ich ſeh
den Rechtſchaffenen im Staube, den Boshaften
auf dem hoͤchſten Gipfel der Ehre — ja ich ſehe

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[14/0022] und Ruhe zu Begleitern, deren Verlezzung aber Ungluͤk und Elend zu Gefaͤhrten hat. Wie wir dieſe Rechte beobachten, wie wir ſie ausuͤben ſollen, lehrt uns die Natur. Jhre Stimme iſt es, die uns ſtets zuruft: „Menſch! lies im Buch der Schoͤpfung, da findeſt du alle deine Pflichten verzeichnet, da ſchrieb die Gottheit Dir jene Rechte nie- der, die du in Ruͤkſicht deiner ſelbſt, und deiner Mitbruͤder zu befolgen haſt, han- dele darnach, mache es dir zur heiligen Pflicht, ſie auszuuͤben und du wirſt gluͤk- lich ſein!‟ Dies iſt die laute Stimme der Na- tur, die uns taͤglich zuhallt, und unſer Herz be- ſtaͤtigt ihren Ausſpruch. Und dennoch ſeh ich Menſchen, die dieſer Stimme ihr Ohr verſchlieſ- ſen, die alle Gefuͤhle der Menſchheit in ihrem Herzen erſtikken; ich ſeh Verbindungen entweiht und zerriſſen, worauf die Natur das Siegel druͤkte, ich ſeh’ die Menſchheit unterjocht, und keuchend unter den Ketten der Sklaverei — ich ſeh heilige Geſezze freventlich entweiht, und zu Menſchenſazzungen herabgewuͤrdigt — ich ſeh den Rechtſchaffenen im Staube, den Boshaften auf dem hoͤchſten Gipfel der Ehre — ja ich ſehe

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Zitationshilfe: Knüppeln, Julius Friedrich: Die Rechte der Natur und Menschheit, entweiht durch Menschen. Berlin, 1784, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knueppeln_rechte_1784/22>, abgerufen am 23.11.2024.