und sodann auf dem Gerichtsplaz geführt, ihm die Hand abgehauen, lebendig gerädert, und sogleich verbrannt zu werden.
Aus Furcht, der Befehl zu dieser Exekution möchte widerrufen werden, ward er beschleunigt. Der unglükliche Soldat wird nach Laon zurük gebracht, seinen Freunden, seiner Familie, und allen seinen fühlbaren Landsleuten ein Schauspiel seiner Schändung; er trägt die lügenvolle Schrift, womit er beschimpft wird; er ist im Begriff Gott zu lügen, und seinen Richtern zu gehorchen, und sich zu schänden. Die Schande, und der bittere Schmerz der leidenden Unschuld, wirken so stark auf ihn, daß er ein lautes Ge- schrei aufstößt, worüber alle Umstehende seufzen und erbeben; er haucht seine schuldlose Seele aus, indem er den Himmel zum Zeugen seiner Unschuld anruft, und nachdem er die Schrekken der Hinrichtung, mit der Stirn eines ehrlichen Mannes geduldet hatte. --
Durch eine Folge des Unsinns, der in dieser ganzen Untersuchung geherrscht hatte, befolgte man nicht den Gebrauch, nach welchen der weni- ger kriminelle Verbrecher zuerst hingerichtet wird; als Brudermörder, muste Joseph zu-
und ſodann auf dem Gerichtsplaz gefuͤhrt, ihm die Hand abgehauen, lebendig geraͤdert, und ſogleich verbrannt zu werden.
Aus Furcht, der Befehl zu dieſer Exekution moͤchte widerrufen werden, ward er beſchleunigt. Der ungluͤkliche Soldat wird nach Laon zuruͤk gebracht, ſeinen Freunden, ſeiner Familie, und allen ſeinen fuͤhlbaren Landsleuten ein Schauſpiel ſeiner Schaͤndung; er traͤgt die luͤgenvolle Schrift, womit er beſchimpft wird; er iſt im Begriff Gott zu luͤgen, und ſeinen Richtern zu gehorchen, und ſich zu ſchaͤnden. Die Schande, und der bittere Schmerz der leidenden Unſchuld, wirken ſo ſtark auf ihn, daß er ein lautes Ge- ſchrei aufſtoͤßt, woruͤber alle Umſtehende ſeufzen und erbeben; er haucht ſeine ſchuldloſe Seele aus, indem er den Himmel zum Zeugen ſeiner Unſchuld anruft, und nachdem er die Schrekken der Hinrichtung, mit der Stirn eines ehrlichen Mannes geduldet hatte. —
Durch eine Folge des Unſinns, der in dieſer ganzen Unterſuchung geherrſcht hatte, befolgte man nicht den Gebrauch, nach welchen der weni- ger kriminelle Verbrecher zuerſt hingerichtet wird; als Brudermoͤrder, muſte Joſeph zu-
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und ſodann auf dem Gerichtsplaz gefuͤhrt,
ihm die Hand abgehauen, lebendig geraͤdert,
und ſogleich verbrannt zu werden.
Aus Furcht, der Befehl zu dieſer Exekution
moͤchte widerrufen werden, ward er beſchleunigt.
Der ungluͤkliche Soldat wird nach Laon zuruͤk
gebracht, ſeinen Freunden, ſeiner Familie, und
allen ſeinen fuͤhlbaren Landsleuten ein Schauſpiel
ſeiner Schaͤndung; er traͤgt die luͤgenvolle
Schrift, womit er beſchimpft wird; er iſt im
Begriff Gott zu luͤgen, und ſeinen Richtern zu
gehorchen, und ſich zu ſchaͤnden. Die Schande,
und der bittere Schmerz der leidenden Unſchuld,
wirken ſo ſtark auf ihn, daß er ein lautes Ge-
ſchrei aufſtoͤßt, woruͤber alle Umſtehende ſeufzen
und erbeben; er haucht ſeine ſchuldloſe Seele
aus, indem er den Himmel zum Zeugen ſeiner
Unſchuld anruft, und nachdem er die Schrekken
der Hinrichtung, mit der Stirn eines ehrlichen
Mannes geduldet hatte. —
Durch eine Folge des Unſinns, der in dieſer
ganzen Unterſuchung geherrſcht hatte, befolgte
man nicht den Gebrauch, nach welchen der weni-
ger kriminelle Verbrecher zuerſt hingerichtet
wird; als Brudermoͤrder, muſte Joſeph zu-
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Knüppeln, Julius Friedrich: Die Rechte der Natur und Menschheit, entweiht durch Menschen. Berlin, 1784, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knueppeln_rechte_1784/199>, abgerufen am 17.02.2025.
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