nung des Joseph. Das Gericht, um sich ausser aller Verautwortung zu sezzen, gab dem Be- leidigten die gehörige Mittel an die Hand, sich gesezlich zu rechtfertigen, ohne ihn zur Verhaft zu ziehen, und ohne ihn für schwer beschuldigt zu halten. Wenigstens war dies der Zweck und Gang des Kriminalrichters, eines eben so un- sträflichen als erleuchteten Mannes, der an der evidenten Unschuld des Joseph nicht einen Au- genblik gezweifelt hatte. -- Wäre ihm die Un- tersuchung nicht abgenommen worden, würde man den Gerichtshöfen eine neue Mühe, der Menschheit einen Schimpf, und den Erzälern ihrer Unglüksfälle einen neuen Beweis ihrer Gefaren erspart haben.
Bereit, seine Aufführung zu vertheidigen, und ohne Furcht vor dem Wetter, welches sich über ihn zusammen zog, kam Joseph zu seinem Regiment zurük. Da fand er die Achtung und das Mitleiden seiner Kameraden; weit entfernt, daß ihre Gesinnungen lauer geworden wären, hatte vielmehr sein Unglük, sie wärmer und inni- ger gemacht. Seine Obern wetteiferten ihm die besten Zeugnisse zu geben, und ihm die ehrenvoll- sten Bekundungen darüber auszufertigen. Un-
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nung des Joſeph. Das Gericht, um ſich auſſer aller Verautwortung zu ſezzen, gab dem Be- leidigten die gehoͤrige Mittel an die Hand, ſich geſezlich zu rechtfertigen, ohne ihn zur Verhaft zu ziehen, und ohne ihn fuͤr ſchwer beſchuldigt zu halten. Wenigſtens war dies der Zweck und Gang des Kriminalrichters, eines eben ſo un- ſtraͤflichen als erleuchteten Mannes, der an der evidenten Unſchuld des Joſeph nicht einen Au- genblik gezweifelt hatte. — Waͤre ihm die Un- terſuchung nicht abgenommen worden, wuͤrde man den Gerichtshoͤfen eine neue Muͤhe, der Menſchheit einen Schimpf, und den Erzaͤlern ihrer Ungluͤksfaͤlle einen neuen Beweis ihrer Gefaren erſpart haben.
Bereit, ſeine Auffuͤhrung zu vertheidigen, und ohne Furcht vor dem Wetter, welches ſich uͤber ihn zuſammen zog, kam Joſeph zu ſeinem Regiment zuruͤk. Da fand er die Achtung und das Mitleiden ſeiner Kameraden; weit entfernt, daß ihre Geſinnungen lauer geworden waͤren, hatte vielmehr ſein Ungluͤk, ſie waͤrmer und inni- ger gemacht. Seine Obern wetteiferten ihm die beſten Zeugniſſe zu geben, und ihm die ehrenvoll- ſten Bekundungen daruͤber auszufertigen. Un-
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nung des Joſeph. Das Gericht, um ſich auſſer
aller Verautwortung zu ſezzen, gab dem Be-
leidigten die gehoͤrige Mittel an die Hand, ſich
geſezlich zu rechtfertigen, ohne ihn zur Verhaft
zu ziehen, und ohne ihn fuͤr ſchwer beſchuldigt
zu halten. Wenigſtens war dies der Zweck und
Gang des Kriminalrichters, eines eben ſo un-
ſtraͤflichen als erleuchteten Mannes, der an der
evidenten Unſchuld des Joſeph nicht einen Au-
genblik gezweifelt hatte. — Waͤre ihm die Un-
terſuchung nicht abgenommen worden, wuͤrde
man den Gerichtshoͤfen eine neue Muͤhe,
der Menſchheit einen Schimpf, und den
Erzaͤlern ihrer Ungluͤksfaͤlle einen neuen
Beweis ihrer Gefaren erſpart haben.
Bereit, ſeine Auffuͤhrung zu vertheidigen,
und ohne Furcht vor dem Wetter, welches ſich
uͤber ihn zuſammen zog, kam Joſeph zu ſeinem
Regiment zuruͤk. Da fand er die Achtung und
das Mitleiden ſeiner Kameraden; weit entfernt,
daß ihre Geſinnungen lauer geworden waͤren,
hatte vielmehr ſein Ungluͤk, ſie waͤrmer und inni-
ger gemacht. Seine Obern wetteiferten ihm die
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ſten Bekundungen daruͤber auszufertigen. Un-
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Knüppeln, Julius Friedrich: Die Rechte der Natur und Menschheit, entweiht durch Menschen. Berlin, 1784, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knueppeln_rechte_1784/193>, abgerufen am 02.05.2024.
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