soll, dem amtlichen Befehl zu Folge, unterm Galgen begraben werden, und nur das einstim- mige inständige Anhalten der Gemeine, erwirbt ihm einen Plaz auf dem Gottesakker. -- --
Sollte man sich solche Grausamkeit noch in unsern Tagen gedenken, wo wir so viel von Menschenliebe schwazzen, und über die unmensch- lichen Handlungen, die uns die Jahrbücher der Zeit liefern, erstaunen? -- Ja | Schwaben liegt noch in der Barbarei und Unwissenheit, wird mir der Bewoner der Elbe und Oder zu- rufen -- aber wir! -- o, ich bitte euch, haltet euch nicht für besser und weiser als jene; bei ih- nen herrschen noch uralte deutsche Sitten; Bidersinn und Redlichkeit sind noch nicht durch Modegefühle des Ausländers verdrungen, wie bei euch der Fall ist; und was die Handlun- gen der Menschenliebe anbetrifft, so laßt uns nicht, wenn ihr nicht vor Schaam erröten wollt, die unzähligen Arten der Bedrükkungen entziffern, die auf euren Boden begangen wer- den. Es gibt bei euch auch barbarische Guts- besizzer und Amtleute, die ihre Untertanen als Sklaven behandeln, Steuren und Abgaben mit despotischer Strenge von ihnen erpressen, und
ſoll, dem amtlichen Befehl zu Folge, unterm Galgen begraben werden, und nur das einſtim- mige inſtaͤndige Anhalten der Gemeine, erwirbt ihm einen Plaz auf dem Gottesakker. — —
Sollte man ſich ſolche Grauſamkeit noch in unſern Tagen gedenken, wo wir ſo viel von Menſchenliebe ſchwazzen, und uͤber die unmenſch- lichen Handlungen, die uns die Jahrbuͤcher der Zeit liefern, erſtaunen? — Ja | Schwaben liegt noch in der Barbarei und Unwiſſenheit, wird mir der Bewoner der Elbe und Oder zu- rufen — aber wir! — o, ich bitte euch, haltet euch nicht fuͤr beſſer und weiſer als jene; bei ih- nen herrſchen noch uralte deutſche Sitten; Biderſinn und Redlichkeit ſind noch nicht durch Modegefuͤhle des Auslaͤnders verdrungen, wie bei euch der Fall iſt; und was die Handlun- gen der Menſchenliebe anbetrifft, ſo laßt uns nicht, wenn ihr nicht vor Schaam erroͤten wollt, die unzaͤhligen Arten der Bedruͤkkungen entziffern, die auf euren Boden begangen wer- den. Es gibt bei euch auch barbariſche Guts- beſizzer und Amtleute, die ihre Untertanen als Sklaven behandeln, Steuren und Abgaben mit despotiſcher Strenge von ihnen erpreſſen, und
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ſoll, dem amtlichen Befehl zu Folge, unterm
Galgen begraben werden, und nur das einſtim-
mige inſtaͤndige Anhalten der Gemeine, erwirbt
ihm einen Plaz auf dem Gottesakker. — —
Sollte man ſich ſolche Grauſamkeit noch in
unſern Tagen gedenken, wo wir ſo viel von
Menſchenliebe ſchwazzen, und uͤber die unmenſch-
lichen Handlungen, die uns die Jahrbuͤcher der
Zeit liefern, erſtaunen? — Ja | Schwaben liegt
noch in der Barbarei und Unwiſſenheit,
wird mir der Bewoner der Elbe und Oder zu-
rufen — aber wir! — o, ich bitte euch, haltet
euch nicht fuͤr beſſer und weiſer als jene; bei ih-
nen herrſchen noch uralte deutſche Sitten;
Biderſinn und Redlichkeit ſind noch nicht durch
Modegefuͤhle des Auslaͤnders verdrungen,
wie bei euch der Fall iſt; und was die Handlun-
gen der Menſchenliebe anbetrifft, ſo laßt
uns nicht, wenn ihr nicht vor Schaam erroͤten
wollt, die unzaͤhligen Arten der Bedruͤkkungen
entziffern, die auf euren Boden begangen wer-
den. Es gibt bei euch auch barbariſche Guts-
beſizzer und Amtleute, die ihre Untertanen als
Sklaven behandeln, Steuren und Abgaben mit
despotiſcher Strenge von ihnen erpreſſen, und
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Knüppeln, Julius Friedrich: Die Rechte der Natur und Menschheit, entweiht durch Menschen. Berlin, 1784, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knueppeln_rechte_1784/162>, abgerufen am 27.11.2024.
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