ben haben! Nichts kann abgeschmackter seyn, als wenn man jene Sitten halb und unvollstän¬ dig copiert, wenn der ehrliche Landmann, der schlichte Bürger, der grade, teutsche Bieder¬ mann den französischen petit Maitre, den Hof¬ mann, den Politiker spielen will, wenn Leute, die einer ausländischen Sprache nicht mächtig sind, alle Gelegenheit aufsuchen, mit fremden Zungen zu reden, oder, wenn sie auch in ihrer Jugend an Höfen gelebt haben, nicht merken, daß die galante Sprache aus Ludwig des Vier¬ zehnten Zeiten jetzt gar nicht mehr im Umlaufe ist, und eine Stutzer-Garderobe aus dem vo¬ rigen Jahrhunderte im Jahre 1788 nur auf dem comischen Theater Würkung thut. Solche Men¬ schen machen sich muthwilliger Weise zum Ge¬ spötte, da man hingegen mit einem ungezwun¬ genen, natürlichen und verständigen Betragen, Anstande und Anzuge, wenn dies alles auch nicht nach dem feinsten Hofschnitte ist, sich, mitten unter dem leichtfertigen Gesindel, Achtung und, wo nicht ein angenehmes, doch ein ruhiges, un¬ gekränktes Leben verschaffen kann. Sey also einfach in Deiner Kleidung und in Deinen Ma¬ nieren, ehrlicher Biedermann! Sey ernsthaft,
be¬
ben haben! Nichts kann abgeſchmackter ſeyn, als wenn man jene Sitten halb und unvollſtaͤn¬ dig copiert, wenn der ehrliche Landmann, der ſchlichte Buͤrger, der grade, teutſche Bieder¬ mann den franzoͤſiſchen petit Maitre, den Hof¬ mann, den Politiker ſpielen will, wenn Leute, die einer auslaͤndiſchen Sprache nicht maͤchtig ſind, alle Gelegenheit aufſuchen, mit fremden Zungen zu reden, oder, wenn ſie auch in ihrer Jugend an Hoͤfen gelebt haben, nicht merken, daß die galante Sprache aus Ludwig des Vier¬ zehnten Zeiten jetzt gar nicht mehr im Umlaufe iſt, und eine Stutzer-Garderobe aus dem vo¬ rigen Jahrhunderte im Jahre 1788 nur auf dem comiſchen Theater Wuͤrkung thut. Solche Men¬ ſchen machen ſich muthwilliger Weiſe zum Ge¬ ſpoͤtte, da man hingegen mit einem ungezwun¬ genen, natuͤrlichen und verſtaͤndigen Betragen, Anſtande und Anzuge, wenn dies alles auch nicht nach dem feinſten Hofſchnitte iſt, ſich, mitten unter dem leichtfertigen Geſindel, Achtung und, wo nicht ein angenehmes, doch ein ruhiges, un¬ gekraͤnktes Leben verſchaffen kann. Sey alſo einfach in Deiner Kleidung und in Deinen Ma¬ nieren, ehrlicher Biedermann! Sey ernſthaft,
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dig copiert, wenn der ehrliche Landmann, der
ſchlichte Buͤrger, der grade, teutſche Bieder¬
mann den franzoͤſiſchen petit Maitre, den Hof¬
mann, den Politiker ſpielen will, wenn Leute,
die einer auslaͤndiſchen Sprache nicht maͤchtig
ſind, alle Gelegenheit aufſuchen, mit fremden
Zungen zu reden, oder, wenn ſie auch in ihrer
Jugend an Hoͤfen gelebt haben, nicht merken,
daß die galante Sprache aus Ludwig des Vier¬
zehnten Zeiten jetzt gar nicht mehr im Umlaufe
iſt, und eine Stutzer-Garderobe aus dem vo¬
rigen Jahrhunderte im Jahre 1788 nur auf dem
comiſchen Theater Wuͤrkung thut. Solche Men¬
ſchen machen ſich muthwilliger Weiſe zum Ge¬
ſpoͤtte, da man hingegen mit einem ungezwun¬
genen, natuͤrlichen und verſtaͤndigen Betragen,
Anſtande und Anzuge, wenn dies alles auch nicht
nach dem feinſten Hofſchnitte iſt, ſich, mitten
unter dem leichtfertigen Geſindel, Achtung und,
wo nicht ein angenehmes, doch ein ruhiges, un¬
gekraͤnktes Leben verſchaffen kann. Sey alſo
einfach in Deiner Kleidung und in Deinen Ma¬
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/69>, abgerufen am 24.11.2024.
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