nicht immer gemeine, ohne Mühe leicht zu ver¬ dauende Seelen-Speise. Sey also nicht zu strenge, mein gelehrtes Leserlein! in Beurthei¬ lung eines sonst nicht schlecht geschriebenen Buchs! oder behalte wenigstens Deine Meinung darüber in Deinem Kopfe, in welchem oft viel leerer Raum ist, und verschreye das Buch nicht! Am wenigsten aber laß Dich verleiten, den morali¬ schen Character des Schriftstellers, auf bloße Muthmaßung, bey dieser Gelegenheit anzugrei¬ fen, ihm schädliche Absichten beyzumessen, seinen Worten einen erzwungenen Sinn zu geben, und seine Winke hämisch auszudeuten! Beur¬ theile nicht ein Buch, wenn Du nur einzelne Stellen daraus gelesen hast, und bethe nicht das Lob und den Tadel unwissender, boshafter, oder feiler Rezensenten nach!
Funf¬
nicht immer gemeine, ohne Muͤhe leicht zu ver¬ dauende Seelen-Speiſe. Sey alſo nicht zu ſtrenge, mein gelehrtes Leſerlein! in Beurthei¬ lung eines ſonſt nicht ſchlecht geſchriebenen Buchs! oder behalte wenigſtens Deine Meinung daruͤber in Deinem Kopfe, in welchem oft viel leerer Raum iſt, und verſchreye das Buch nicht! Am wenigſten aber laß Dich verleiten, den morali¬ ſchen Character des Schriftſtellers, auf bloße Muthmaßung, bey dieſer Gelegenheit anzugrei¬ fen, ihm ſchaͤdliche Abſichten beyzumeſſen, ſeinen Worten einen erzwungenen Sinn zu geben, und ſeine Winke haͤmiſch auszudeuten! Beur¬ theile nicht ein Buch, wenn Du nur einzelne Stellen daraus geleſen haſt, und bethe nicht das Lob und den Tadel unwiſſender, boshafter, oder feiler Rezenſenten nach!
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dauende Seelen-Speiſe. Sey alſo nicht zu
ſtrenge, mein gelehrtes Leſerlein! in Beurthei¬
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oder behalte wenigſtens Deine Meinung daruͤber
in Deinem Kopfe, in welchem oft viel leerer
Raum iſt, und verſchreye das Buch nicht! Am
wenigſten aber laß Dich verleiten, den morali¬
ſchen Character des Schriftſtellers, auf bloße
Muthmaßung, bey dieſer Gelegenheit anzugrei¬
fen, ihm ſchaͤdliche Abſichten beyzumeſſen, ſeinen
Worten einen erzwungenen Sinn zu geben,
und ſeine Winke haͤmiſch auszudeuten! Beur¬
theile nicht ein Buch, wenn Du nur einzelne
Stellen daraus geleſen haſt, und bethe nicht
das Lob und den Tadel unwiſſender, boshafter,
oder feiler Rezenſenten nach!
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/336>, abgerufen am 25.11.2024.
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