Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788.

Bild:
<< vorherige Seite

trieb sie ihren Spaß mit ihm, indem er sehr
dumm und zugleich hochmüthig und verliebt
war. Sie nannten ihn Fürst, gaben ihm einen
Orden, liessen erdichtete Briefe von hohen Po¬
tentaten an ihn schreiben, in welchen ihm ent¬
deckt wurde: daß er eigentlich aus einem großen
Hause abstamme, aber in seiner Jugend entführt
worden sey; daß der Großsultan, welcher un¬
rechtmäßigerweise seine Länder besäße, ihm nach
dem Leben trachtete; daß eine griechische oder he¬
bräische Prinzessinn in ihn verliebt sey, und
dergleichen mehr. Es mussten lustige Freunde,
als Gesandten verkleidet, in Unterhandlungen
mit ihm treten -- Und kurz! nach wenig Jah¬
ren brachte man es dahin, daß der arme Tropf
würklich verrückt wurde, und alle diese Thor¬
heiten glaubte.

Ich enthalte mich aller Anmerkungen über
diese beyden Geschichten; Der Leser wird sie,
ohne meine Anweisung machen können.


Eilf¬
(Zweiter Th.) S

trieb ſie ihren Spaß mit ihm, indem er ſehr
dumm und zugleich hochmuͤthig und verliebt
war. Sie nannten ihn Fuͤrſt, gaben ihm einen
Orden, lieſſen erdichtete Briefe von hohen Po¬
tentaten an ihn ſchreiben, in welchen ihm ent¬
deckt wurde: daß er eigentlich aus einem großen
Hauſe abſtamme, aber in ſeiner Jugend entfuͤhrt
worden ſey; daß der Großſultan, welcher un¬
rechtmaͤßigerweiſe ſeine Laͤnder beſaͤße, ihm nach
dem Leben trachtete; daß eine griechiſche oder he¬
braͤiſche Prinzeſſinn in ihn verliebt ſey, und
dergleichen mehr. Es muſſten luſtige Freunde,
als Geſandten verkleidet, in Unterhandlungen
mit ihm treten — Und kurz! nach wenig Jah¬
ren brachte man es dahin, daß der arme Tropf
wuͤrklich verruͤckt wurde, und alle dieſe Thor¬
heiten glaubte.

Ich enthalte mich aller Anmerkungen uͤber
dieſe beyden Geſchichten; Der Leſer wird ſie,
ohne meine Anweiſung machen koͤnnen.


Eilf¬
(Zweiter Th.) S
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0295" n="273"/>
trieb &#x017F;ie ihren Spaß mit ihm, indem er &#x017F;ehr<lb/>
dumm und zugleich hochmu&#x0364;thig und verliebt<lb/>
war. Sie nannten ihn Fu&#x0364;r&#x017F;t, gaben ihm einen<lb/>
Orden, lie&#x017F;&#x017F;en erdichtete Briefe von hohen Po¬<lb/>
tentaten an ihn &#x017F;chreiben, in welchen ihm ent¬<lb/>
deckt wurde: daß er eigentlich aus einem großen<lb/>
Hau&#x017F;e ab&#x017F;tamme, aber in &#x017F;einer Jugend entfu&#x0364;hrt<lb/>
worden &#x017F;ey; daß der Groß&#x017F;ultan, welcher un¬<lb/>
rechtma&#x0364;ßigerwei&#x017F;e &#x017F;eine La&#x0364;nder be&#x017F;a&#x0364;ße, ihm nach<lb/>
dem Leben trachtete; daß eine griechi&#x017F;che oder he¬<lb/>
bra&#x0364;i&#x017F;che Prinze&#x017F;&#x017F;inn in ihn verliebt &#x017F;ey, und<lb/>
dergleichen mehr. Es mu&#x017F;&#x017F;ten lu&#x017F;tige Freunde,<lb/>
als Ge&#x017F;andten verkleidet, in Unterhandlungen<lb/>
mit ihm treten &#x2014; Und kurz! nach wenig Jah¬<lb/>
ren brachte man es dahin, daß der arme Tropf<lb/>
wu&#x0364;rklich verru&#x0364;ckt wurde, und alle die&#x017F;e Thor¬<lb/>
heiten glaubte.</p><lb/>
            <p>Ich enthalte mich aller Anmerkungen u&#x0364;ber<lb/>
die&#x017F;e beyden Ge&#x017F;chichten; Der Le&#x017F;er wird &#x017F;ie,<lb/>
ohne meine Anwei&#x017F;ung machen ko&#x0364;nnen.</p><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
            <fw place="bottom" type="catch">Eilf¬<lb/></fw>
            <fw place="bottom" type="sig">(Zweiter Th.) S<lb/></fw>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[273/0295] trieb ſie ihren Spaß mit ihm, indem er ſehr dumm und zugleich hochmuͤthig und verliebt war. Sie nannten ihn Fuͤrſt, gaben ihm einen Orden, lieſſen erdichtete Briefe von hohen Po¬ tentaten an ihn ſchreiben, in welchen ihm ent¬ deckt wurde: daß er eigentlich aus einem großen Hauſe abſtamme, aber in ſeiner Jugend entfuͤhrt worden ſey; daß der Großſultan, welcher un¬ rechtmaͤßigerweiſe ſeine Laͤnder beſaͤße, ihm nach dem Leben trachtete; daß eine griechiſche oder he¬ braͤiſche Prinzeſſinn in ihn verliebt ſey, und dergleichen mehr. Es muſſten luſtige Freunde, als Geſandten verkleidet, in Unterhandlungen mit ihm treten — Und kurz! nach wenig Jah¬ ren brachte man es dahin, daß der arme Tropf wuͤrklich verruͤckt wurde, und alle dieſe Thor¬ heiten glaubte. Ich enthalte mich aller Anmerkungen uͤber dieſe beyden Geſchichten; Der Leſer wird ſie, ohne meine Anweiſung machen koͤnnen. Eilf¬ (Zweiter Th.) S

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/295
Zitationshilfe: Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 273. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/295>, abgerufen am 03.05.2024.