ohne Sinn für das Große, verachten. Mitlei¬ den mit Deiner Weisheit haben, und sich lieber an ein Paar andre Narren von ähnlichem Schwunge schliessen, die in ihren Unsinn ein¬ stimmen. Ist Dir's also darum zu thun, einen solchen Schwärmer von etwas zu überzeugen, oder auch nur irgend in Ansehn bey ihm zu stehn; so müssen Deine Gespräche warm und feurig seyn, und Du musst mit eben so viel Enthusias¬ mus der gesunden Vernunft das Wort reden, als womit er die Sache seiner Thorheit verficht. Selten aber richtet man überhaupt etwas mit solchen Menschen aus, und es ist am besten ge¬ than, der Zeit ihre Cur zu überlassen. Indessen steckt zum Unglücke Schwärmerey an, wie der Schnupfen. Wer daher eine sehr lebhafte Ein¬ bildungskraft hat, und nicht ganz sicher von der Herrschaft seines Verstandes über dieselbe ist, dem rathe ich, im Umgange mit Enthusiasten jeder Gattung, auf seiner Hut seyn. In diesem Jahrhunderte, in welchem die Wuth nach gehei¬ men Verbindungen, die fast alle auf solche Gril¬ len beruhen, so allgemein geworden ist, hat man sogar Mittel gefunden, alle Arten von religioser, theosophischer, chymischer und politischer, oder
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ohne Sinn fuͤr das Große, verachten. Mitlei¬ den mit Deiner Weisheit haben, und ſich lieber an ein Paar andre Narren von aͤhnlichem Schwunge ſchlieſſen, die in ihren Unſinn ein¬ ſtimmen. Iſt Dir's alſo darum zu thun, einen ſolchen Schwaͤrmer von etwas zu uͤberzeugen, oder auch nur irgend in Anſehn bey ihm zu ſtehn; ſo muͤſſen Deine Geſpraͤche warm und feurig ſeyn, und Du muſſt mit eben ſo viel Enthuſias¬ mus der geſunden Vernunft das Wort reden, als womit er die Sache ſeiner Thorheit verficht. Selten aber richtet man uͤberhaupt etwas mit ſolchen Menſchen aus, und es iſt am beſten ge¬ than, der Zeit ihre Cur zu uͤberlaſſen. Indeſſen ſteckt zum Ungluͤcke Schwaͤrmerey an, wie der Schnupfen. Wer daher eine ſehr lebhafte Ein¬ bildungskraft hat, und nicht ganz ſicher von der Herrſchaft ſeines Verſtandes uͤber dieſelbe iſt, dem rathe ich, im Umgange mit Enthuſiaſten jeder Gattung, auf ſeiner Hut ſeyn. In dieſem Jahrhunderte, in welchem die Wuth nach gehei¬ men Verbindungen, die faſt alle auf ſolche Gril¬ len beruhen, ſo allgemein geworden iſt, hat man ſogar Mittel gefunden, alle Arten von religioſer, theoſophiſcher, chymiſcher und politiſcher, oder
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ohne Sinn fuͤr das Große, verachten. Mitlei¬
den mit Deiner Weisheit haben, und ſich lieber
an ein Paar andre Narren von aͤhnlichem
Schwunge ſchlieſſen, die in ihren Unſinn ein¬
ſtimmen. Iſt Dir's alſo darum zu thun, einen
ſolchen Schwaͤrmer von etwas zu uͤberzeugen,
oder auch nur irgend in Anſehn bey ihm zu ſtehn;
ſo muͤſſen Deine Geſpraͤche warm und feurig
ſeyn, und Du muſſt mit eben ſo viel Enthuſias¬
mus der geſunden Vernunft das Wort reden,
als womit er die Sache ſeiner Thorheit verficht.
Selten aber richtet man uͤberhaupt etwas mit
ſolchen Menſchen aus, und es iſt am beſten ge¬
than, der Zeit ihre Cur zu uͤberlaſſen. Indeſſen
ſteckt zum Ungluͤcke Schwaͤrmerey an, wie der
Schnupfen. Wer daher eine ſehr lebhafte Ein¬
bildungskraft hat, und nicht ganz ſicher von der
Herrſchaft ſeines Verſtandes uͤber dieſelbe iſt,
dem rathe ich, im Umgange mit Enthuſiaſten
jeder Gattung, auf ſeiner Hut ſeyn. In dieſem
Jahrhunderte, in welchem die Wuth nach gehei¬
men Verbindungen, die faſt alle auf ſolche Gril¬
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ſogar Mittel gefunden, alle Arten von religioſer,
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/283>, abgerufen am 24.11.2024.
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