giebt es eine Menge Menschen, die, was sie auf gradem Wege erlangen könnten, nicht halb so eifrig wünschen, als was sie heimlich zu erschlei¬ chen hoffen. Man kann aber endlich den edel¬ sten, offenherzigsten Menschen, besonders in jün¬ gern Jahren, zu Winkelzügen verleiten, wenn man ihm ohne Unterlaß Mistraun zeigt, oder ihn mit so viel Strenge behandelt, ihn in einer solchen Entfernung von uns hält, daß er kein Zutraun zu uns haben kann.
Was nun auch dazu beygetragen haben mag, manchen Menschen Ränke und Winkel¬ züge zur Gewohnheit zu machen; so ist wohl folgende Art sich gegen sie zu betragen die beste, die man wählen kann:
Man handle selbst immer so offen und un¬ verstellt, und zeige sich ihnen in Worten und Thaten als einen so entschiedenen Feind von al¬ lem, was Schiefigkeit, Intrigue und Verstel¬ lung heisst, und als einen so warmen Verehrer jedes redlichen aufrichtigen Mannes, daß sie we¬ nigstens fühlen, wie viel sie in unsern Augen verliehren würden, wenn wir sie auf bösen Schli¬ chen ertappten!
Man
giebt es eine Menge Menſchen, die, was ſie auf gradem Wege erlangen koͤnnten, nicht halb ſo eifrig wuͤnſchen, als was ſie heimlich zu erſchlei¬ chen hoffen. Man kann aber endlich den edel¬ ſten, offenherzigſten Menſchen, beſonders in juͤn¬ gern Jahren, zu Winkelzuͤgen verleiten, wenn man ihm ohne Unterlaß Mistraun zeigt, oder ihn mit ſo viel Strenge behandelt, ihn in einer ſolchen Entfernung von uns haͤlt, daß er kein Zutraun zu uns haben kann.
Was nun auch dazu beygetragen haben mag, manchen Menſchen Raͤnke und Winkel¬ zuͤge zur Gewohnheit zu machen; ſo iſt wohl folgende Art ſich gegen ſie zu betragen die beſte, die man waͤhlen kann:
Man handle ſelbſt immer ſo offen und un¬ verſtellt, und zeige ſich ihnen in Worten und Thaten als einen ſo entſchiedenen Feind von al¬ lem, was Schiefigkeit, Intrigue und Verſtel¬ lung heiſſt, und als einen ſo warmen Verehrer jedes redlichen aufrichtigen Mannes, daß ſie we¬ nigſtens fuͤhlen, wie viel ſie in unſern Augen verliehren wuͤrden, wenn wir ſie auf boͤſen Schli¬ chen ertappten!
Man
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giebt es eine Menge Menſchen, die, was ſie auf
gradem Wege erlangen koͤnnten, nicht halb ſo
eifrig wuͤnſchen, als was ſie heimlich zu erſchlei¬
chen hoffen. Man kann aber endlich den edel¬
ſten, offenherzigſten Menſchen, beſonders in juͤn¬
gern Jahren, zu Winkelzuͤgen verleiten, wenn
man ihm ohne Unterlaß Mistraun zeigt, oder
ihn mit ſo viel Strenge behandelt, ihn in einer
ſolchen Entfernung von uns haͤlt, daß er kein
Zutraun zu uns haben kann.
Was nun auch dazu beygetragen haben
mag, manchen Menſchen Raͤnke und Winkel¬
zuͤge zur Gewohnheit zu machen; ſo iſt wohl
folgende Art ſich gegen ſie zu betragen die beſte,
die man waͤhlen kann:
Man handle ſelbſt immer ſo offen und un¬
verſtellt, und zeige ſich ihnen in Worten und
Thaten als einen ſo entſchiedenen Feind von al¬
lem, was Schiefigkeit, Intrigue und Verſtel¬
lung heiſſt, und als einen ſo warmen Verehrer
jedes redlichen aufrichtigen Mannes, daß ſie we¬
nigſtens fuͤhlen, wie viel ſie in unſern Augen
verliehren wuͤrden, wenn wir ſie auf boͤſen Schli¬
chen ertappten!
Man
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/252>, abgerufen am 24.11.2024.
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