zu gefallen und vortheilhafte Eindrücke zu ma¬ chen, an sich hat; so kann man ohne Sünde hie und da einem sonst guten Manne, dem diese kleine Schwachheit anklebt, in diesen Puncten ein wenig nachsehn, ein Wörtgen, so er gern hört, gegen ihn fallen lassen, ihm erlauben an dem Lobe, so er einerndtet, sich zu erquicken, oder sich selbst nach Gelegenheit ein wenig zu lo¬ ben. Das schändlichste Handwerk aber treiben die niedrigen Schmeichler, die durch unaufhör¬ liches Weyrauch-Streuen eiteln Leuten den Kopf so einnehmen, daß Diese zuletzt nichts anders mehr hören mögen, als Lob, daß ihre Ohren für die Stimme der Wahrheit verschlossen sind, und daß sie jeden guten graden Mann fliehen und zurücksetzen, der sich nicht so weit erniedri¬ gen kann, oder es für eine Art von Unbeschei¬ denheit und Grobheit hält, ihnen dergleichen Süßigkeiten grade in's Gesicht zu werfen. Ge¬ lehrte und Damen pflegen am mehrsten in die¬ sem Falle zu seyn, und ich habe deren Einige gekannt, mit denen ein schlichter Biedermann deswegen fast gar nicht umgehn konnte. Wie die Kinder dem Fremden nach den Taschen schie¬ len, um zu erfahren, ob man ihnen keine Zucker¬
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zu gefallen und vortheilhafte Eindruͤcke zu ma¬ chen, an ſich hat; ſo kann man ohne Suͤnde hie und da einem ſonſt guten Manne, dem dieſe kleine Schwachheit anklebt, in dieſen Puncten ein wenig nachſehn, ein Woͤrtgen, ſo er gern hoͤrt, gegen ihn fallen laſſen, ihm erlauben an dem Lobe, ſo er einerndtet, ſich zu erquicken, oder ſich ſelbſt nach Gelegenheit ein wenig zu lo¬ ben. Das ſchaͤndlichſte Handwerk aber treiben die niedrigen Schmeichler, die durch unaufhoͤr¬ liches Weyrauch-Streuen eiteln Leuten den Kopf ſo einnehmen, daß Dieſe zuletzt nichts anders mehr hoͤren moͤgen, als Lob, daß ihre Ohren fuͤr die Stimme der Wahrheit verſchloſſen ſind, und daß ſie jeden guten graden Mann fliehen und zuruͤckſetzen, der ſich nicht ſo weit erniedri¬ gen kann, oder es fuͤr eine Art von Unbeſchei¬ denheit und Grobheit haͤlt, ihnen dergleichen Suͤßigkeiten grade in's Geſicht zu werfen. Ge¬ lehrte und Damen pflegen am mehrſten in die¬ ſem Falle zu ſeyn, und ich habe deren Einige gekannt, mit denen ein ſchlichter Biedermann deswegen faſt gar nicht umgehn konnte. Wie die Kinder dem Fremden nach den Taſchen ſchie¬ len, um zu erfahren, ob man ihnen keine Zucker¬
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zu gefallen und vortheilhafte Eindruͤcke zu ma¬
chen, an ſich hat; ſo kann man ohne Suͤnde
hie und da einem ſonſt guten Manne, dem dieſe
kleine Schwachheit anklebt, in dieſen Puncten
ein wenig nachſehn, ein Woͤrtgen, ſo er gern
hoͤrt, gegen ihn fallen laſſen, ihm erlauben an
dem Lobe, ſo er einerndtet, ſich zu erquicken,
oder ſich ſelbſt nach Gelegenheit ein wenig zu lo¬
ben. Das ſchaͤndlichſte Handwerk aber treiben
die niedrigen Schmeichler, die durch unaufhoͤr¬
liches Weyrauch-Streuen eiteln Leuten den Kopf
ſo einnehmen, daß Dieſe zuletzt nichts anders
mehr hoͤren moͤgen, als Lob, daß ihre Ohren
fuͤr die Stimme der Wahrheit verſchloſſen ſind,
und daß ſie jeden guten graden Mann fliehen
und zuruͤckſetzen, der ſich nicht ſo weit erniedri¬
gen kann, oder es fuͤr eine Art von Unbeſchei¬
denheit und Grobheit haͤlt, ihnen dergleichen
Suͤßigkeiten grade in's Geſicht zu werfen. Ge¬
lehrte und Damen pflegen am mehrſten in die¬
ſem Falle zu ſeyn, und ich habe deren Einige
gekannt, mit denen ein ſchlichter Biedermann
deswegen faſt gar nicht umgehn konnte. Wie
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/228>, abgerufen am 24.11.2024.
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