Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788.

Bild:
<< vorherige Seite

Sey nur trotzig gegen mächtige, siegende
Feinde! Des Ueberwundenen, des Unglückli¬
chen schone, und verschweige alles Unrecht, das
er Dir vormals zugefügt, sobald er ausser
Stande ist, Dir ferner zu schaden, sobald er
die Stimme des Publicums gegen sich hat!

Laß Dir nie zweymal die Hand zur Ver¬
söhnung reichen! Vergiß dann alle Beleidigun¬
gen, solltest Du auch fürchten müssen, daß der
Mann bey der ersten Gelegenheit die Feindse¬
ligkeit erneuern wird! Sey zwar auf Deiner
Hut; aber zeige kein Mistraun! Es ist besser,
unschuldigerweise zum zweytenmal beleidigt zu
werden, als ein einzigmal den Mann zu krän¬
ken, zu erbittern, und ihm allen Muth zu neh¬
men, dem es mit seiner Rückkehr zu Dir ein
Ernst ist!

Je vornehmer der Mann, der von Fein¬
den verfolgt wird, um desto wichtiger ist es, daß
er den größten Theil dieser Vorschriften sich zu
Nutzen mache. Ein Minister wird oft durch
kleine, sehr kleine Leute, deren Einfluß er ver¬
achtet, blos dadurch gestürzt, daß er bey dem

er¬
M 2

Sey nur trotzig gegen maͤchtige, ſiegende
Feinde! Des Ueberwundenen, des Ungluͤckli¬
chen ſchone, und verſchweige alles Unrecht, das
er Dir vormals zugefuͤgt, ſobald er auſſer
Stande iſt, Dir ferner zu ſchaden, ſobald er
die Stimme des Publicums gegen ſich hat!

Laß Dir nie zweymal die Hand zur Ver¬
ſoͤhnung reichen! Vergiß dann alle Beleidigun¬
gen, ſollteſt Du auch fuͤrchten muͤſſen, daß der
Mann bey der erſten Gelegenheit die Feindſe¬
ligkeit erneuern wird! Sey zwar auf Deiner
Hut; aber zeige kein Mistraun! Es iſt beſſer,
unſchuldigerweiſe zum zweytenmal beleidigt zu
werden, als ein einzigmal den Mann zu kraͤn¬
ken, zu erbittern, und ihm allen Muth zu neh¬
men, dem es mit ſeiner Ruͤckkehr zu Dir ein
Ernſt iſt!

Je vornehmer der Mann, der von Fein¬
den verfolgt wird, um deſto wichtiger iſt es, daß
er den groͤßten Theil dieſer Vorſchriften ſich zu
Nutzen mache. Ein Miniſter wird oft durch
kleine, ſehr kleine Leute, deren Einfluß er ver¬
achtet, blos dadurch geſtuͤrzt, daß er bey dem

er¬
M 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0201" n="179"/>
            <p>Sey nur trotzig gegen ma&#x0364;chtige, &#x017F;iegende<lb/>
Feinde! Des Ueberwundenen, des Unglu&#x0364;ckli¬<lb/>
chen &#x017F;chone, und ver&#x017F;chweige alles Unrecht, das<lb/>
er Dir vormals zugefu&#x0364;gt, &#x017F;obald er au&#x017F;&#x017F;er<lb/>
Stande i&#x017F;t, Dir ferner zu &#x017F;chaden, &#x017F;obald er<lb/>
die Stimme des Publicums gegen &#x017F;ich hat!</p><lb/>
            <p>Laß Dir nie zweymal die Hand zur Ver¬<lb/>
&#x017F;o&#x0364;hnung reichen! Vergiß dann alle Beleidigun¬<lb/>
gen, &#x017F;ollte&#x017F;t Du auch fu&#x0364;rchten mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, daß der<lb/>
Mann bey der er&#x017F;ten Gelegenheit die Feind&#x017F;<lb/>
ligkeit erneuern wird! Sey zwar auf Deiner<lb/>
Hut; aber zeige kein Mistraun! Es i&#x017F;t be&#x017F;&#x017F;er,<lb/>
un&#x017F;chuldigerwei&#x017F;e zum zweytenmal beleidigt zu<lb/>
werden, als ein einzigmal den Mann zu kra&#x0364;<lb/>
ken, zu erbittern, und ihm allen Muth zu neh¬<lb/>
men, dem es mit &#x017F;einer Ru&#x0364;ckkehr zu Dir ein<lb/>
Ern&#x017F;t i&#x017F;t!</p><lb/>
            <p>Je vornehmer der Mann, der von Fein¬<lb/>
den verfolgt wird, um de&#x017F;to wichtiger i&#x017F;t es, daß<lb/>
er den gro&#x0364;ßten Theil die&#x017F;er Vor&#x017F;chriften &#x017F;ich zu<lb/>
Nutzen mache. Ein Mini&#x017F;ter wird oft durch<lb/>
kleine, &#x017F;ehr kleine Leute, deren Einfluß er ver¬<lb/>
achtet, blos dadurch ge&#x017F;tu&#x0364;rzt, daß er bey dem<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">M 2<lb/></fw> <fw place="bottom" type="catch">er¬<lb/></fw>
</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[179/0201] Sey nur trotzig gegen maͤchtige, ſiegende Feinde! Des Ueberwundenen, des Ungluͤckli¬ chen ſchone, und verſchweige alles Unrecht, das er Dir vormals zugefuͤgt, ſobald er auſſer Stande iſt, Dir ferner zu ſchaden, ſobald er die Stimme des Publicums gegen ſich hat! Laß Dir nie zweymal die Hand zur Ver¬ ſoͤhnung reichen! Vergiß dann alle Beleidigun¬ gen, ſollteſt Du auch fuͤrchten muͤſſen, daß der Mann bey der erſten Gelegenheit die Feindſe¬ ligkeit erneuern wird! Sey zwar auf Deiner Hut; aber zeige kein Mistraun! Es iſt beſſer, unſchuldigerweiſe zum zweytenmal beleidigt zu werden, als ein einzigmal den Mann zu kraͤn¬ ken, zu erbittern, und ihm allen Muth zu neh¬ men, dem es mit ſeiner Ruͤckkehr zu Dir ein Ernſt iſt! Je vornehmer der Mann, der von Fein¬ den verfolgt wird, um deſto wichtiger iſt es, daß er den groͤßten Theil dieſer Vorſchriften ſich zu Nutzen mache. Ein Miniſter wird oft durch kleine, ſehr kleine Leute, deren Einfluß er ver¬ achtet, blos dadurch geſtuͤrzt, daß er bey dem er¬ M 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/201
Zitationshilfe: Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/201>, abgerufen am 25.04.2024.