Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788.

Bild:
<< vorherige Seite

verachtet zu werden. Allgemeiner Beyfall, all¬
gemeines Lob sind sehr entbehrliche Dinge; all¬
gemeine Achtung können dem Redlichen und
Weisen wieder Willen selbst die Schurken in ih¬
ren Herzen nicht versagen, und der warmen
Freunde bedarf man etwa nur drey in der Welt,
um glücklich zu seyn.

Will man ohne Angst in dem Umgange
mit Menschen leben; so darf es uns nicht beun¬
ruhigen, wenn nicht alle Menschen uns für gut
und weise halten. Je mehr hervorleuchtende
edle Eigenschaften aber ein Mann hat, um desto
gewisser kann er darauf rechnen, von der Scheel¬
sucht schwacher und schlechter Menschen manches
ertragen zu müssen, und Die, welche die allge¬
meine Stimme des Pöbels aller Classen vor
sich haben, sind mehrentheils die mittelmäßig¬
sten Leute, Leute ohne Character, oder niedrige
Schmeichler und Heuchler. Es ist wahrlich
nicht schwer, Menschen zu gewinnen, auch die
zu gewinnen, welche am heftigsten gegen uns
eingenommen waren, und das oft durch ein ein¬
ziges Gespräch unter vier Augen, wenn man
ihre schwache Seite studiert hat, und es recht

dar¬

verachtet zu werden. Allgemeiner Beyfall, all¬
gemeines Lob ſind ſehr entbehrliche Dinge; all¬
gemeine Achtung koͤnnen dem Redlichen und
Weiſen wieder Willen ſelbſt die Schurken in ih¬
ren Herzen nicht verſagen, und der warmen
Freunde bedarf man etwa nur drey in der Welt,
um gluͤcklich zu ſeyn.

Will man ohne Angſt in dem Umgange
mit Menſchen leben; ſo darf es uns nicht beun¬
ruhigen, wenn nicht alle Menſchen uns fuͤr gut
und weiſe halten. Je mehr hervorleuchtende
edle Eigenſchaften aber ein Mann hat, um deſto
gewiſſer kann er darauf rechnen, von der Scheel¬
ſucht ſchwacher und ſchlechter Menſchen manches
ertragen zu muͤſſen, und Die, welche die allge¬
meine Stimme des Poͤbels aller Claſſen vor
ſich haben, ſind mehrentheils die mittelmaͤßig¬
ſten Leute, Leute ohne Character, oder niedrige
Schmeichler und Heuchler. Es iſt wahrlich
nicht ſchwer, Menſchen zu gewinnen, auch die
zu gewinnen, welche am heftigſten gegen uns
eingenommen waren, und das oft durch ein ein¬
ziges Geſpraͤch unter vier Augen, wenn man
ihre ſchwache Seite ſtudiert hat, und es recht

dar¬
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0197" n="175"/>
verachtet zu werden. Allgemeiner Beyfall, all¬<lb/>
gemeines Lob &#x017F;ind &#x017F;ehr entbehrliche Dinge; all¬<lb/>
gemeine Achtung ko&#x0364;nnen dem Redlichen und<lb/>
Wei&#x017F;en wieder Willen &#x017F;elb&#x017F;t die Schurken in ih¬<lb/>
ren Herzen nicht ver&#x017F;agen, und der warmen<lb/>
Freunde bedarf man etwa nur drey in der Welt,<lb/>
um glu&#x0364;cklich zu &#x017F;eyn.</p><lb/>
            <p>Will man ohne Ang&#x017F;t in dem Umgange<lb/>
mit Men&#x017F;chen leben; &#x017F;o darf es uns nicht beun¬<lb/>
ruhigen, wenn nicht alle Men&#x017F;chen uns fu&#x0364;r gut<lb/>
und wei&#x017F;e halten. Je mehr hervorleuchtende<lb/>
edle Eigen&#x017F;chaften aber ein Mann hat, um de&#x017F;to<lb/>
gewi&#x017F;&#x017F;er kann er darauf rechnen, von der Scheel¬<lb/>
&#x017F;ucht &#x017F;chwacher und &#x017F;chlechter Men&#x017F;chen manches<lb/>
ertragen zu mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, und Die, welche die allge¬<lb/>
meine Stimme des Po&#x0364;bels aller Cla&#x017F;&#x017F;en vor<lb/>
&#x017F;ich haben, &#x017F;ind mehrentheils die mittelma&#x0364;ßig¬<lb/>
&#x017F;ten Leute, Leute ohne Character, oder niedrige<lb/>
Schmeichler und Heuchler. Es i&#x017F;t wahrlich<lb/>
nicht &#x017F;chwer, Men&#x017F;chen zu gewinnen, auch die<lb/>
zu gewinnen, welche am heftig&#x017F;ten gegen uns<lb/>
eingenommen waren, und das oft durch ein ein¬<lb/>
ziges Ge&#x017F;pra&#x0364;ch unter vier Augen, wenn man<lb/>
ihre &#x017F;chwache Seite &#x017F;tudiert hat, und es recht<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">dar¬<lb/></fw>
</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[175/0197] verachtet zu werden. Allgemeiner Beyfall, all¬ gemeines Lob ſind ſehr entbehrliche Dinge; all¬ gemeine Achtung koͤnnen dem Redlichen und Weiſen wieder Willen ſelbſt die Schurken in ih¬ ren Herzen nicht verſagen, und der warmen Freunde bedarf man etwa nur drey in der Welt, um gluͤcklich zu ſeyn. Will man ohne Angſt in dem Umgange mit Menſchen leben; ſo darf es uns nicht beun¬ ruhigen, wenn nicht alle Menſchen uns fuͤr gut und weiſe halten. Je mehr hervorleuchtende edle Eigenſchaften aber ein Mann hat, um deſto gewiſſer kann er darauf rechnen, von der Scheel¬ ſucht ſchwacher und ſchlechter Menſchen manches ertragen zu muͤſſen, und Die, welche die allge¬ meine Stimme des Poͤbels aller Claſſen vor ſich haben, ſind mehrentheils die mittelmaͤßig¬ ſten Leute, Leute ohne Character, oder niedrige Schmeichler und Heuchler. Es iſt wahrlich nicht ſchwer, Menſchen zu gewinnen, auch die zu gewinnen, welche am heftigſten gegen uns eingenommen waren, und das oft durch ein ein¬ ziges Geſpraͤch unter vier Augen, wenn man ihre ſchwache Seite ſtudiert hat, und es recht dar¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/197
Zitationshilfe: Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/197>, abgerufen am 24.04.2024.