Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788.

Bild:
<< vorherige Seite

Schmeichler im höchsten Grade, und finden also
Mittel, sich ohne Aufsehn in den größten Häu¬
sern Einfluß zu verschaffen und durchzusetzen,
was man ohne sie schwerlich erlangen würde.

Sie sind mißtrauisch. Haben wir sie aber
einmal von unsrer Pünctlichkeit im Bezahlen
und von der Heilighaltung unsers Worts über¬
zeugt; haben sie oft Geschäfte mit uns gemacht
und wissen, daß wir mit unsern Finanzen nicht
ganz übel stehen; so kann man auch bey ihnen
Hülfe finden, wenn alle christliche Wucherer uns
in Stiche lassen.

Bist Du aber ein schlechter Wirth, oder
sind Deine Vermögens-Umstände in einer zwey¬
deutigen Lage; so wird niemand dies leichter
gewahrwerden, als der Jude. Rechne dann
nicht darauf, daß er Dir Geld vorschiessen
werde, oder mache Dich gefasst, ihm, wenn er es
auf Speculation daran wagt, Dich zu so über¬
triebenen Procenten und zu solchen Clauseln ver¬
bindlich machen zu müssen, daß dadurch Deine
Lage gewiß noch unglücklicher wird!

Es

Schmeichler im hoͤchſten Grade, und finden alſo
Mittel, ſich ohne Aufſehn in den groͤßten Haͤu¬
ſern Einfluß zu verſchaffen und durchzuſetzen,
was man ohne ſie ſchwerlich erlangen wuͤrde.

Sie ſind mißtrauiſch. Haben wir ſie aber
einmal von unſrer Puͤnctlichkeit im Bezahlen
und von der Heilighaltung unſers Worts uͤber¬
zeugt; haben ſie oft Geſchaͤfte mit uns gemacht
und wiſſen, daß wir mit unſern Finanzen nicht
ganz uͤbel ſtehen; ſo kann man auch bey ihnen
Huͤlfe finden, wenn alle chriſtliche Wucherer uns
in Stiche laſſen.

Biſt Du aber ein ſchlechter Wirth, oder
ſind Deine Vermoͤgens-Umſtaͤnde in einer zwey¬
deutigen Lage; ſo wird niemand dies leichter
gewahrwerden, als der Jude. Rechne dann
nicht darauf, daß er Dir Geld vorſchieſſen
werde, oder mache Dich gefaſſt, ihm, wenn er es
auf Speculation daran wagt, Dich zu ſo uͤber¬
triebenen Procenten und zu ſolchen Clauſeln ver¬
bindlich machen zu muͤſſen, daß dadurch Deine
Lage gewiß noch ungluͤcklicher wird!

Es
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0165" n="143"/>
Schmeichler im ho&#x0364;ch&#x017F;ten Grade, und finden al&#x017F;o<lb/>
Mittel, &#x017F;ich ohne Auf&#x017F;ehn in den gro&#x0364;ßten Ha&#x0364;<lb/>
&#x017F;ern Einfluß zu ver&#x017F;chaffen und durchzu&#x017F;etzen,<lb/>
was man ohne &#x017F;ie &#x017F;chwerlich erlangen wu&#x0364;rde.</p><lb/>
            <p>Sie &#x017F;ind mißtraui&#x017F;ch. Haben wir &#x017F;ie aber<lb/>
einmal von un&#x017F;rer Pu&#x0364;nctlichkeit im Bezahlen<lb/>
und von der Heilighaltung un&#x017F;ers Worts u&#x0364;ber¬<lb/>
zeugt; haben &#x017F;ie oft Ge&#x017F;cha&#x0364;fte mit uns gemacht<lb/>
und wi&#x017F;&#x017F;en, daß wir mit un&#x017F;ern Finanzen nicht<lb/>
ganz u&#x0364;bel &#x017F;tehen; &#x017F;o kann man auch bey ihnen<lb/>
Hu&#x0364;lfe finden, wenn alle chri&#x017F;tliche Wucherer uns<lb/>
in Stiche la&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
            <p>Bi&#x017F;t Du aber ein &#x017F;chlechter Wirth, oder<lb/>
&#x017F;ind Deine Vermo&#x0364;gens-Um&#x017F;ta&#x0364;nde in einer zwey¬<lb/>
deutigen Lage; &#x017F;o wird niemand dies leichter<lb/>
gewahrwerden, als der Jude. Rechne dann<lb/>
nicht darauf, daß er Dir Geld vor&#x017F;chie&#x017F;&#x017F;en<lb/>
werde, oder mache Dich gefa&#x017F;&#x017F;t, ihm, wenn er es<lb/>
auf Speculation daran wagt, Dich zu &#x017F;o u&#x0364;ber¬<lb/>
triebenen Procenten und zu &#x017F;olchen Clau&#x017F;eln ver¬<lb/>
bindlich machen zu mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, daß dadurch Deine<lb/>
Lage gewiß noch unglu&#x0364;cklicher wird!</p><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Es<lb/></fw>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[143/0165] Schmeichler im hoͤchſten Grade, und finden alſo Mittel, ſich ohne Aufſehn in den groͤßten Haͤu¬ ſern Einfluß zu verſchaffen und durchzuſetzen, was man ohne ſie ſchwerlich erlangen wuͤrde. Sie ſind mißtrauiſch. Haben wir ſie aber einmal von unſrer Puͤnctlichkeit im Bezahlen und von der Heilighaltung unſers Worts uͤber¬ zeugt; haben ſie oft Geſchaͤfte mit uns gemacht und wiſſen, daß wir mit unſern Finanzen nicht ganz uͤbel ſtehen; ſo kann man auch bey ihnen Huͤlfe finden, wenn alle chriſtliche Wucherer uns in Stiche laſſen. Biſt Du aber ein ſchlechter Wirth, oder ſind Deine Vermoͤgens-Umſtaͤnde in einer zwey¬ deutigen Lage; ſo wird niemand dies leichter gewahrwerden, als der Jude. Rechne dann nicht darauf, daß er Dir Geld vorſchieſſen werde, oder mache Dich gefaſſt, ihm, wenn er es auf Speculation daran wagt, Dich zu ſo uͤber¬ triebenen Procenten und zu ſolchen Clauſeln ver¬ bindlich machen zu muͤſſen, daß dadurch Deine Lage gewiß noch ungluͤcklicher wird! Es

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/165
Zitationshilfe: Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/165>, abgerufen am 26.04.2024.