setze solche an Tafeln nebeneinander, die sich fremd, oder gar feind sind, sich nicht verstehen, nicht zu einander passen, sich Langeweile ma¬ chen! Alle diese Aufmerksamkeiten aber müssen auf eine solche Art erwiesen werden, daß sie nicht mehr Zwang auflegen, als sie Wohlthat für den Gast sind. Jeder, der auf kurze oder lange Zeit in Deinem Hause ist, und wäre er Dein ärgster Feind, muß daselbst von Dir ge¬ gen alle Arten von Beleidigungen und Verfol¬ gungen Andrer, so viel an Dir ist, geschützt seyn! Es müsse Jeder unter unserm Dache sich so frey als unter seinem eigenen fühlen! Man lasse ihn seinen Gang gehn, renne ihm nicht in jedem Winkel nach, wenn er vielleicht allein seyn will, und verlange nicht von ihm, daß er für die Kost, welche er geniesst, uns unterhal¬ ten, und dadurch seine Zeche bezahlen solle; Endlich lasse man nicht nach in Gefälligkeit und Bewirthung, wenn der Freund sich längere Zeit bey uns aufhält, sondern erzeige ihm gleich in den ersten Tagen nicht mehr und nicht weni¬ ger, als man in der Folge fortsetzen kann!
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ſetze ſolche an Tafeln nebeneinander, die ſich fremd, oder gar feind ſind, ſich nicht verſtehen, nicht zu einander paſſen, ſich Langeweile ma¬ chen! Alle dieſe Aufmerkſamkeiten aber muͤſſen auf eine ſolche Art erwieſen werden, daß ſie nicht mehr Zwang auflegen, als ſie Wohlthat fuͤr den Gaſt ſind. Jeder, der auf kurze oder lange Zeit in Deinem Hauſe iſt, und waͤre er Dein aͤrgſter Feind, muß daſelbſt von Dir ge¬ gen alle Arten von Beleidigungen und Verfol¬ gungen Andrer, ſo viel an Dir iſt, geſchuͤtzt ſeyn! Es muͤſſe Jeder unter unſerm Dache ſich ſo frey als unter ſeinem eigenen fuͤhlen! Man laſſe ihn ſeinen Gang gehn, renne ihm nicht in jedem Winkel nach, wenn er vielleicht allein ſeyn will, und verlange nicht von ihm, daß er fuͤr die Koſt, welche er genieſſt, uns unterhal¬ ten, und dadurch ſeine Zeche bezahlen ſolle; Endlich laſſe man nicht nach in Gefaͤlligkeit und Bewirthung, wenn der Freund ſich laͤngere Zeit bey uns aufhaͤlt, ſondern erzeige ihm gleich in den erſten Tagen nicht mehr und nicht weni¬ ger, als man in der Folge fortſetzen kann!
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ſetze ſolche an Tafeln nebeneinander, die ſich
fremd, oder gar feind ſind, ſich nicht verſtehen,
nicht zu einander paſſen, ſich Langeweile ma¬
chen! Alle dieſe Aufmerkſamkeiten aber muͤſſen
auf eine ſolche Art erwieſen werden, daß ſie
nicht mehr Zwang auflegen, als ſie Wohlthat
fuͤr den Gaſt ſind. Jeder, der auf kurze oder
lange Zeit in Deinem Hauſe iſt, und waͤre er
Dein aͤrgſter Feind, muß daſelbſt von Dir ge¬
gen alle Arten von Beleidigungen und Verfol¬
gungen Andrer, ſo viel an Dir iſt, geſchuͤtzt
ſeyn! Es muͤſſe Jeder unter unſerm Dache ſich
ſo frey als unter ſeinem eigenen fuͤhlen! Man
laſſe ihn ſeinen Gang gehn, renne ihm nicht
in jedem Winkel nach, wenn er vielleicht allein
ſeyn will, und verlange nicht von ihm, daß er
fuͤr die Koſt, welche er genieſſt, uns unterhal¬
ten, und dadurch ſeine Zeche bezahlen ſolle;
Endlich laſſe man nicht nach in Gefaͤlligkeit
und Bewirthung, wenn der Freund ſich laͤngere
Zeit bey uns aufhaͤlt, ſondern erzeige ihm gleich
in den erſten Tagen nicht mehr und nicht weni¬
ger, als man in der Folge fortſetzen kann!
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang01_1788/256>, abgerufen am 24.11.2024.
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