delst, schlecht für wesentliche Dienste belohnst, die Schmeichler unter ihnen den graden, auf¬ richtigen, treuen Dienern vorziehst; wenn sie sich schämen müssen, einem Manne anzugehö¬ ren, den Jeder hasst, oder verachtet; wenn Du mehr von ihnen verlangst, als Du selbst an ihrer Stelle würdest leisten können; wenn Du Dich weder um ihr moralisches, noch öko¬ nomisches, noch physisches Wohl bekümmerst, ihnen den Lohn ihrer Arbeit so sparsam zutheilst, daß sie verzweifeln, oder Dich betrügen müssen, oder wenigstens keine frohe Stunde haben kön¬ nen; wenn Du nicht Rücksicht nimmst auf ihren cörperlichen Zustand, sie verstoßest, sobald sie alt und schwächlich werden; wenn Du ihnen wenig Ruhe und Schlaf erlaubst; wenn sie, in¬ deß Du schwelgst, in rauher Jahrszeit bis nach Mitternacht, vielleicht gar dem bösen Wetter blosgestellt, auf Dich voll tödtender Langeweile warten müssen; wenn Dein lächerlicher Hoch¬ muth ein Gegenstand ihres Spottes wird, oder Dein Jähzorn sie mit Schimpfwörtern über¬ häuft; wenn sie mit aller Aufmerksamkeit kein freundliches Wort von Dir gewinnen können! -- Gradheit, Redlichkeit, wahre Menschen¬
liebe,
O 2
delſt, ſchlecht fuͤr weſentliche Dienſte belohnſt, die Schmeichler unter ihnen den graden, auf¬ richtigen, treuen Dienern vorziehſt; wenn ſie ſich ſchaͤmen muͤſſen, einem Manne anzugehoͤ¬ ren, den Jeder haſſt, oder verachtet; wenn Du mehr von ihnen verlangſt, als Du ſelbſt an ihrer Stelle wuͤrdeſt leiſten koͤnnen; wenn Du Dich weder um ihr moraliſches, noch oͤko¬ nomiſches, noch phyſiſches Wohl bekuͤmmerſt, ihnen den Lohn ihrer Arbeit ſo ſparſam zutheilſt, daß ſie verzweifeln, oder Dich betruͤgen muͤſſen, oder wenigſtens keine frohe Stunde haben koͤn¬ nen; wenn Du nicht Ruͤckſicht nimmſt auf ihren coͤrperlichen Zuſtand, ſie verſtoßeſt, ſobald ſie alt und ſchwaͤchlich werden; wenn Du ihnen wenig Ruhe und Schlaf erlaubſt; wenn ſie, in¬ deß Du ſchwelgſt, in rauher Jahrszeit bis nach Mitternacht, vielleicht gar dem boͤſen Wetter blosgeſtellt, auf Dich voll toͤdtender Langeweile warten muͤſſen; wenn Dein laͤcherlicher Hoch¬ muth ein Gegenſtand ihres Spottes wird, oder Dein Jaͤhzorn ſie mit Schimpfwoͤrtern uͤber¬ haͤuft; wenn ſie mit aller Aufmerkſamkeit kein freundliches Wort von Dir gewinnen koͤnnen! — Gradheit, Redlichkeit, wahre Menſchen¬
liebe,
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delſt, ſchlecht fuͤr weſentliche Dienſte belohnſt,
die Schmeichler unter ihnen den graden, auf¬
richtigen, treuen Dienern vorziehſt; wenn ſie
ſich ſchaͤmen muͤſſen, einem Manne anzugehoͤ¬
ren, den Jeder haſſt, oder verachtet; wenn
Du mehr von ihnen verlangſt, als Du ſelbſt
an ihrer Stelle wuͤrdeſt leiſten koͤnnen; wenn
Du Dich weder um ihr moraliſches, noch oͤko¬
nomiſches, noch phyſiſches Wohl bekuͤmmerſt,
ihnen den Lohn ihrer Arbeit ſo ſparſam zutheilſt,
daß ſie verzweifeln, oder Dich betruͤgen muͤſſen,
oder wenigſtens keine frohe Stunde haben koͤn¬
nen; wenn Du nicht Ruͤckſicht nimmſt auf ihren
coͤrperlichen Zuſtand, ſie verſtoßeſt, ſobald ſie
alt und ſchwaͤchlich werden; wenn Du ihnen
wenig Ruhe und Schlaf erlaubſt; wenn ſie, in¬
deß Du ſchwelgſt, in rauher Jahrszeit bis nach
Mitternacht, vielleicht gar dem boͤſen Wetter
blosgeſtellt, auf Dich voll toͤdtender Langeweile
warten muͤſſen; wenn Dein laͤcherlicher Hoch¬
muth ein Gegenſtand ihres Spottes wird, oder
Dein Jaͤhzorn ſie mit Schimpfwoͤrtern uͤber¬
haͤuft; wenn ſie mit aller Aufmerkſamkeit kein
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang01_1788/241>, abgerufen am 16.02.2025.
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