Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788.

Bild:
<< vorherige Seite

verfällt in Ausschweifungen; von Innen zer¬
nagt ihn das unruhige Gewissen, von Aussen
verfolgen ihn bittre Vorwürfe seines Weibes;
das Winseln seiner Kinder schreckt ihn auf aus
fürchterlichen Träumen; Die Verachtung,
womit der vornehme und reiche Pöbel auf ihn
herabblickt, umwölkt jeden Strahl von Hof¬
nung; Muth und Trost schwinden; die Freunde
fliehen; das Hohngelächter der Feinde und
Neider erschüttert jede Nerve, und in dieser
traurigen Lage schwindet denn freylich aller
Schatten von häuslicher Freude; Der Elende
fliehet auch nichts so sehr, als den Anblick und
den Umgang Derer, die er mit sich in das Un¬
glück gestürzt hat -- sollte also Einer von den
Eheleuten zur Verschwendung geneigt seyn; so
ist es rathsam, weil es noch Zeit ist, Mittel
vorzuschieben, jener gräßlichen Lage auszuwei¬
chen. Der andre Theil, der besser mit Gelde
umzugehn weiß, übernehme die Casse! Man
mache sich einen genauen Etat, wie man dem
Haushalte wieder aufhelfen will, und befolge
diesen pünctlich, schränke sich ein, sorge aber
dafür, daß, wo möglich, auch etwas zu erlaub¬
ten Vergnügungen übrig bleibe, damit dem

Ver¬

verfaͤllt in Ausſchweifungen; von Innen zer¬
nagt ihn das unruhige Gewiſſen, von Auſſen
verfolgen ihn bittre Vorwuͤrfe ſeines Weibes;
das Winſeln ſeiner Kinder ſchreckt ihn auf aus
fuͤrchterlichen Traͤumen; Die Verachtung,
womit der vornehme und reiche Poͤbel auf ihn
herabblickt, umwoͤlkt jeden Strahl von Hof¬
nung; Muth und Troſt ſchwinden; die Freunde
fliehen; das Hohngelaͤchter der Feinde und
Neider erſchuͤttert jede Nerve, und in dieſer
traurigen Lage ſchwindet denn freylich aller
Schatten von haͤuslicher Freude; Der Elende
fliehet auch nichts ſo ſehr, als den Anblick und
den Umgang Derer, die er mit ſich in das Un¬
gluͤck geſtuͤrzt hat — ſollte alſo Einer von den
Eheleuten zur Verſchwendung geneigt ſeyn; ſo
iſt es rathſam, weil es noch Zeit iſt, Mittel
vorzuſchieben, jener graͤßlichen Lage auszuwei¬
chen. Der andre Theil, der beſſer mit Gelde
umzugehn weiß, uͤbernehme die Caſſe! Man
mache ſich einen genauen Etat, wie man dem
Haushalte wieder aufhelfen will, und befolge
dieſen puͤnctlich, ſchraͤnke ſich ein, ſorge aber
dafuͤr, daß, wo moͤglich, auch etwas zu erlaub¬
ten Vergnuͤgungen uͤbrig bleibe, damit dem

Ver¬
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0173" n="143"/>
verfa&#x0364;llt in Aus&#x017F;chweifungen; von Innen zer¬<lb/>
nagt ihn das unruhige Gewi&#x017F;&#x017F;en, von Au&#x017F;&#x017F;en<lb/>
verfolgen ihn bittre Vorwu&#x0364;rfe &#x017F;eines Weibes;<lb/>
das Win&#x017F;eln &#x017F;einer Kinder &#x017F;chreckt ihn auf aus<lb/>
fu&#x0364;rchterlichen Tra&#x0364;umen; Die Verachtung,<lb/>
womit der vornehme und reiche Po&#x0364;bel auf ihn<lb/>
herabblickt, umwo&#x0364;lkt jeden Strahl von Hof¬<lb/>
nung; Muth und Tro&#x017F;t &#x017F;chwinden; die Freunde<lb/>
fliehen; das Hohngela&#x0364;chter der Feinde und<lb/>
Neider er&#x017F;chu&#x0364;ttert jede Nerve, und in die&#x017F;er<lb/>
traurigen Lage &#x017F;chwindet denn freylich aller<lb/>
Schatten von ha&#x0364;uslicher Freude; Der Elende<lb/>
fliehet auch nichts &#x017F;o &#x017F;ehr, als den Anblick und<lb/>
den Umgang Derer, die er mit &#x017F;ich in das Un¬<lb/>
glu&#x0364;ck ge&#x017F;tu&#x0364;rzt hat &#x2014; &#x017F;ollte al&#x017F;o Einer von den<lb/>
Eheleuten zur Ver&#x017F;chwendung geneigt &#x017F;eyn; &#x017F;o<lb/>
i&#x017F;t es rath&#x017F;am, weil es noch Zeit i&#x017F;t, Mittel<lb/>
vorzu&#x017F;chieben, jener gra&#x0364;ßlichen Lage auszuwei¬<lb/>
chen. Der andre Theil, der be&#x017F;&#x017F;er mit Gelde<lb/>
umzugehn weiß, u&#x0364;bernehme die Ca&#x017F;&#x017F;e! Man<lb/>
mache &#x017F;ich einen genauen Etat, wie man dem<lb/>
Haushalte wieder aufhelfen will, und befolge<lb/>
die&#x017F;en pu&#x0364;nctlich, &#x017F;chra&#x0364;nke &#x017F;ich ein, &#x017F;orge aber<lb/>
dafu&#x0364;r, daß, wo mo&#x0364;glich, auch etwas zu erlaub¬<lb/>
ten Vergnu&#x0364;gungen u&#x0364;brig bleibe, damit dem<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Ver¬<lb/></fw>
</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[143/0173] verfaͤllt in Ausſchweifungen; von Innen zer¬ nagt ihn das unruhige Gewiſſen, von Auſſen verfolgen ihn bittre Vorwuͤrfe ſeines Weibes; das Winſeln ſeiner Kinder ſchreckt ihn auf aus fuͤrchterlichen Traͤumen; Die Verachtung, womit der vornehme und reiche Poͤbel auf ihn herabblickt, umwoͤlkt jeden Strahl von Hof¬ nung; Muth und Troſt ſchwinden; die Freunde fliehen; das Hohngelaͤchter der Feinde und Neider erſchuͤttert jede Nerve, und in dieſer traurigen Lage ſchwindet denn freylich aller Schatten von haͤuslicher Freude; Der Elende fliehet auch nichts ſo ſehr, als den Anblick und den Umgang Derer, die er mit ſich in das Un¬ gluͤck geſtuͤrzt hat — ſollte alſo Einer von den Eheleuten zur Verſchwendung geneigt ſeyn; ſo iſt es rathſam, weil es noch Zeit iſt, Mittel vorzuſchieben, jener graͤßlichen Lage auszuwei¬ chen. Der andre Theil, der beſſer mit Gelde umzugehn weiß, uͤbernehme die Caſſe! Man mache ſich einen genauen Etat, wie man dem Haushalte wieder aufhelfen will, und befolge dieſen puͤnctlich, ſchraͤnke ſich ein, ſorge aber dafuͤr, daß, wo moͤglich, auch etwas zu erlaub¬ ten Vergnuͤgungen uͤbrig bleibe, damit dem Ver¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang01_1788
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang01_1788/173
Zitationshilfe: Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang01_1788/173>, abgerufen am 25.11.2024.