wenn der Körper mitspricht, wird oft der hef¬ tigste Streit durch eine einzige eheliche Umar¬ mung wieder geschlichtet. Dazu kommen dann nach und nach Gewohnheit, Bedürfniß mit ein¬ ander zu leben, gemeinschaftliches Interesse, häusliche Geschäfte, die uns nicht viel Zeit zu müßigen Grillen lassen, Freude an Kindern, ge¬ theilte Sorgfalt für derselben Erziehung und Versorgung, welches alles, statt die Last des Ehestandes zu erschweren, in den Jahren, wenn Jugend, Kräfte und Munterkeit mitwürken, dies Joch sehr süß machen, und mannigfaltig abwechselnde Freuden gewähren, die durch Theil¬ lung mit einer Gattinn doppelt schmackhaft wer¬ den. Nicht also im männlichen Alter! Da for¬ dert man mehr für sich, will erndten, geniessen, nicht neue Bürden übernehmen; man will gepflegt seyn; der Character hat Festigkeit, mag sich nicht mehr umformen lassen; die Begier¬ den dringen nicht so laut auf Befriedigung. Nur wenig Ausnahmen mögten hier Statt finden, und diese nur unter den edelsten Men¬ schen, die bey zunehmenden Jahren nachsichti¬ ger, sanfter werden, und, fest überzeugt von der allgemeinen Schwäche der menschlichen Na¬
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wenn der Koͤrper mitſpricht, wird oft der hef¬ tigſte Streit durch eine einzige eheliche Umar¬ mung wieder geſchlichtet. Dazu kommen dann nach und nach Gewohnheit, Beduͤrfniß mit ein¬ ander zu leben, gemeinſchaftliches Intereſſe, haͤusliche Geſchaͤfte, die uns nicht viel Zeit zu muͤßigen Grillen laſſen, Freude an Kindern, ge¬ theilte Sorgfalt fuͤr derſelben Erziehung und Verſorgung, welches alles, ſtatt die Laſt des Eheſtandes zu erſchweren, in den Jahren, wenn Jugend, Kraͤfte und Munterkeit mitwuͤrken, dies Joch ſehr ſuͤß machen, und mannigfaltig abwechſelnde Freuden gewaͤhren, die durch Theil¬ lung mit einer Gattinn doppelt ſchmackhaft wer¬ den. Nicht alſo im maͤnnlichen Alter! Da for¬ dert man mehr fuͤr ſich, will erndten, genieſſen, nicht neue Buͤrden uͤbernehmen; man will gepflegt ſeyn; der Character hat Feſtigkeit, mag ſich nicht mehr umformen laſſen; die Begier¬ den dringen nicht ſo laut auf Befriedigung. Nur wenig Ausnahmen moͤgten hier Statt finden, und dieſe nur unter den edelſten Men¬ ſchen, die bey zunehmenden Jahren nachſichti¬ ger, ſanfter werden, und, feſt uͤberzeugt von der allgemeinen Schwaͤche der menſchlichen Na¬
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wenn der Koͤrper mitſpricht, wird oft der hef¬
tigſte Streit durch eine einzige eheliche Umar¬
mung wieder geſchlichtet. Dazu kommen dann
nach und nach Gewohnheit, Beduͤrfniß mit ein¬
ander zu leben, gemeinſchaftliches Intereſſe,
haͤusliche Geſchaͤfte, die uns nicht viel Zeit zu
muͤßigen Grillen laſſen, Freude an Kindern, ge¬
theilte Sorgfalt fuͤr derſelben Erziehung und
Verſorgung, welches alles, ſtatt die Laſt des
Eheſtandes zu erſchweren, in den Jahren, wenn
Jugend, Kraͤfte und Munterkeit mitwuͤrken,
dies Joch ſehr ſuͤß machen, und mannigfaltig
abwechſelnde Freuden gewaͤhren, die durch Theil¬
lung mit einer Gattinn doppelt ſchmackhaft wer¬
den. Nicht alſo im maͤnnlichen Alter! Da for¬
dert man mehr fuͤr ſich, will erndten, genieſſen,
nicht neue Buͤrden uͤbernehmen; man will
gepflegt ſeyn; der Character hat Feſtigkeit, mag
ſich nicht mehr umformen laſſen; die Begier¬
den dringen nicht ſo laut auf Befriedigung.
Nur wenig Ausnahmen moͤgten hier Statt
finden, und dieſe nur unter den edelſten Men¬
ſchen, die bey zunehmenden Jahren nachſichti¬
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang01_1788/147>, abgerufen am 24.11.2024.
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