einer Entschuldigung bedürfen, wenn man diesen größern Theil des Publicums nicht so sehr respectirte, daß man strenge ge¬ wissenhaft in Wahl und Ausfeilung der Producte wäre, welche man in die ge¬ lehrte Welt schickte. Schriftstellerey ist in jetzigen Zeiten nicht viel mehr, als Ge¬ spräch mit der Lesewelt; In freundschaft¬ lichen Unterredungen wiegt man aber nicht jedes Wort ab. Der müßige Hau¬ fen will ohne Unterlaß etwas Neues hö¬ ren; ernsthafte, wichtige Werke werden von den Buchhändlern nicht halb so gern in Verlag genommen und vom Publico nicht halb so eifrig gelesen, als jene Mo¬ dewaare; Wenn man sich nun herablässt, die Wahrheiten, die man zu sagen hat, wenigstens in ein solches Gewand zu hül¬ len, wie es der große Haufen gern sieht; so läuft wohl freylich je zuweilen ein unnüz¬ zes Wort mit unter, und das ist vielleicht auch mein Fall gewesen. Doch will ich offenherzig genug seyn, noch etwas zu
Ent¬
einer Entſchuldigung beduͤrfen, wenn man dieſen groͤßern Theil des Publicums nicht ſo ſehr reſpectirte, daß man ſtrenge ge¬ wiſſenhaft in Wahl und Ausfeilung der Producte waͤre, welche man in die ge¬ lehrte Welt ſchickte. Schriftſtellerey iſt in jetzigen Zeiten nicht viel mehr, als Ge¬ ſpraͤch mit der Leſewelt; In freundſchaft¬ lichen Unterredungen wiegt man aber nicht jedes Wort ab. Der muͤßige Hau¬ fen will ohne Unterlaß etwas Neues hoͤ¬ ren; ernſthafte, wichtige Werke werden von den Buchhaͤndlern nicht halb ſo gern in Verlag genommen und vom Publico nicht halb ſo eifrig geleſen, als jene Mo¬ dewaare; Wenn man ſich nun herablaͤſſt, die Wahrheiten, die man zu ſagen hat, wenigſtens in ein ſolches Gewand zu huͤl¬ len, wie es der große Haufen gern ſieht; ſo laͤuft wohl freylich je zuweilen ein unnuͤz¬ zes Wort mit unter, und das iſt vielleicht auch mein Fall geweſen. Doch will ich offenherzig genug ſeyn, noch etwas zu
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[IV/0014]
einer Entſchuldigung beduͤrfen, wenn man
dieſen groͤßern Theil des Publicums nicht
ſo ſehr reſpectirte, daß man ſtrenge ge¬
wiſſenhaft in Wahl und Ausfeilung der
Producte waͤre, welche man in die ge¬
lehrte Welt ſchickte. Schriftſtellerey iſt
in jetzigen Zeiten nicht viel mehr, als Ge¬
ſpraͤch mit der Leſewelt; In freundſchaft¬
lichen Unterredungen wiegt man aber
nicht jedes Wort ab. Der muͤßige Hau¬
fen will ohne Unterlaß etwas Neues hoͤ¬
ren; ernſthafte, wichtige Werke werden
von den Buchhaͤndlern nicht halb ſo gern
in Verlag genommen und vom Publico
nicht halb ſo eifrig geleſen, als jene Mo¬
dewaare; Wenn man ſich nun herablaͤſſt,
die Wahrheiten, die man zu ſagen hat,
wenigſtens in ein ſolches Gewand zu huͤl¬
len, wie es der große Haufen gern ſieht;
ſo laͤuft wohl freylich je zuweilen ein unnuͤz¬
zes Wort mit unter, und das iſt vielleicht
auch mein Fall geweſen. Doch will ich
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788, S. IV. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang01_1788/14>, abgerufen am 22.11.2024.
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