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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788.

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Blut wir sind, unter deren Herzen wir gelegen,
die uns gefüttert, für uns gewacht, gesorgt,
die alles mit uns getheilt haben.

Unmittelbar darauf folgt die Verbindung
unter den Zweigen Eines Stammes. Die
Mitglieder der nemlichen Familie, durch ähn¬
liche Organisation, gleichförmige Erziehung
und gemeinschaftliches Interesse harmonisch ge¬
stimmt und an einander geknüpft, fühlen für
einander, was sie für Fremde nicht fühlen, und
fremder werden ihnen die Menschen, je mehr
sich dieser Cirkel erweitert.

Vaterlands-Liebe ist schon ein zusammen¬
gesetzteres Gefühl, aber immer noch inniger,
wärmer als Weltbürger-Geist, für einen Men¬
schen, der nicht früh verwiesen aus der bür¬
gerlichen Gesellschaft, als ein Abentheurer von
Lande zu Lande irrend, kein Eigenthum und
keinen Sinn für bürgerliche Pflichten hat.
Wer die Mutter nicht liebt, deren Brüste er
gesogen; wessen Herz nicht warm wird bey
dem Anblicke der Gefilde, in welchen er die
unschuldigen, glücklichen Jahre seiner Jugend
fröhlich und sorgenlos verlebt hat -- was für

In¬

Blut wir ſind, unter deren Herzen wir gelegen,
die uns gefuͤttert, fuͤr uns gewacht, geſorgt,
die alles mit uns getheilt haben.

Unmittelbar darauf folgt die Verbindung
unter den Zweigen Eines Stammes. Die
Mitglieder der nemlichen Familie, durch aͤhn¬
liche Organiſation, gleichfoͤrmige Erziehung
und gemeinſchaftliches Intereſſe harmoniſch ge¬
ſtimmt und an einander geknuͤpft, fuͤhlen fuͤr
einander, was ſie fuͤr Fremde nicht fuͤhlen, und
fremder werden ihnen die Menſchen, je mehr
ſich dieſer Cirkel erweitert.

Vaterlands-Liebe iſt ſchon ein zuſammen¬
geſetzteres Gefuͤhl, aber immer noch inniger,
waͤrmer als Weltbuͤrger-Geiſt, fuͤr einen Men¬
ſchen, der nicht fruͤh verwieſen aus der buͤr¬
gerlichen Geſellſchaft, als ein Abentheurer von
Lande zu Lande irrend, kein Eigenthum und
keinen Sinn fuͤr buͤrgerliche Pflichten hat.
Wer die Mutter nicht liebt, deren Bruͤſte er
geſogen; weſſen Herz nicht warm wird bey
dem Anblicke der Gefilde, in welchen er die
unſchuldigen, gluͤcklichen Jahre ſeiner Jugend
froͤhlich und ſorgenlos verlebt hat — was fuͤr

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[102/0132] Blut wir ſind, unter deren Herzen wir gelegen, die uns gefuͤttert, fuͤr uns gewacht, geſorgt, die alles mit uns getheilt haben. Unmittelbar darauf folgt die Verbindung unter den Zweigen Eines Stammes. Die Mitglieder der nemlichen Familie, durch aͤhn¬ liche Organiſation, gleichfoͤrmige Erziehung und gemeinſchaftliches Intereſſe harmoniſch ge¬ ſtimmt und an einander geknuͤpft, fuͤhlen fuͤr einander, was ſie fuͤr Fremde nicht fuͤhlen, und fremder werden ihnen die Menſchen, je mehr ſich dieſer Cirkel erweitert. Vaterlands-Liebe iſt ſchon ein zuſammen¬ geſetzteres Gefuͤhl, aber immer noch inniger, waͤrmer als Weltbuͤrger-Geiſt, fuͤr einen Men¬ ſchen, der nicht fruͤh verwieſen aus der buͤr¬ gerlichen Geſellſchaft, als ein Abentheurer von Lande zu Lande irrend, kein Eigenthum und keinen Sinn fuͤr buͤrgerliche Pflichten hat. Wer die Mutter nicht liebt, deren Bruͤſte er geſogen; weſſen Herz nicht warm wird bey dem Anblicke der Gefilde, in welchen er die unſchuldigen, gluͤcklichen Jahre ſeiner Jugend froͤhlich und ſorgenlos verlebt hat — was fuͤr In¬

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Zitationshilfe: Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang01_1788/132>, abgerufen am 24.11.2024.