Jünglinge und alte Weiber recht herzlich und ar¬ tig an einander. Diese Ausnahme von jener allgemeinen Bemerkung, von der Bemerkung, daß der Umgang unter Leuten von gleichen Jah¬ ren viel Vorzüge hat, kann indessen die Vorschrif¬ ten nicht unkräftig machen, die ich jetzt über das Betragen der Menschen von verschiedenem Alter gegen einander geben werde; Nur muß ich noch Eine Anmerkung hinzufügen. Es ist nicht gut, wenn eine zu bestimmte Absonderung unter Per¬ sonen von verschiedenem Alter Statt findet, wie zum Beyspiel in Bern, wo fast jedes Stufen¬ jahr seine eigenen angewiesenen gesellschaftlichen Cirkel hat, so daß, wer vierzig Jahre alt ist, an¬ ständiger Weise nicht mit einem Jünglinge von fünf und zwanzig Jahren umgehn kann. Die Nachtheile eines solchen conventionellen Gesetzes sind wohl nicht schwer einzusehn. Der Ton, den die Jugend annimmt, wenn sie immer sich selbst überlassen ist; pflegt nicht der sittlichste zu seyn; manche gute Einwürkung wird verhindert, und alte Leute bestärken sich in Egoismus, Mangel an Duldung, an Toleranz, und werden mürrische Hausväter, wenn sie keine andre als solche Men¬ schen um sich sehen, die mit ihnen gemeinschaft¬
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Juͤnglinge und alte Weiber recht herzlich und ar¬ tig an einander. Dieſe Ausnahme von jener allgemeinen Bemerkung, von der Bemerkung, daß der Umgang unter Leuten von gleichen Jah¬ ren viel Vorzuͤge hat, kann indeſſen die Vorſchrif¬ ten nicht unkraͤftig machen, die ich jetzt uͤber das Betragen der Menſchen von verſchiedenem Alter gegen einander geben werde; Nur muß ich noch Eine Anmerkung hinzufuͤgen. Es iſt nicht gut, wenn eine zu beſtimmte Abſonderung unter Per¬ ſonen von verſchiedenem Alter Statt findet, wie zum Beyſpiel in Bern, wo faſt jedes Stufen¬ jahr ſeine eigenen angewieſenen geſellſchaftlichen Cirkel hat, ſo daß, wer vierzig Jahre alt iſt, an¬ ſtaͤndiger Weiſe nicht mit einem Juͤnglinge von fuͤnf und zwanzig Jahren umgehn kann. Die Nachtheile eines ſolchen conventionellen Geſetzes ſind wohl nicht ſchwer einzuſehn. Der Ton, den die Jugend annimmt, wenn ſie immer ſich ſelbſt uͤberlaſſen iſt; pflegt nicht der ſittlichſte zu ſeyn; manche gute Einwuͤrkung wird verhindert, und alte Leute beſtaͤrken ſich in Egoismus, Mangel an Duldung, an Toleranz, und werden muͤrriſche Hausvaͤter, wenn ſie keine andre als ſolche Men¬ ſchen um ſich ſehen, die mit ihnen gemeinſchaft¬
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Juͤnglinge und alte Weiber recht herzlich und ar¬
tig an einander. Dieſe Ausnahme von jener
allgemeinen Bemerkung, von der Bemerkung,
daß der Umgang unter Leuten von gleichen Jah¬
ren viel Vorzuͤge hat, kann indeſſen die Vorſchrif¬
ten nicht unkraͤftig machen, die ich jetzt uͤber das
Betragen der Menſchen von verſchiedenem Alter
gegen einander geben werde; Nur muß ich noch
Eine Anmerkung hinzufuͤgen. Es iſt nicht gut,
wenn eine zu beſtimmte Abſonderung unter Per¬
ſonen von verſchiedenem Alter Statt findet, wie
zum Beyſpiel in Bern, wo faſt jedes Stufen¬
jahr ſeine eigenen angewieſenen geſellſchaftlichen
Cirkel hat, ſo daß, wer vierzig Jahre alt iſt, an¬
ſtaͤndiger Weiſe nicht mit einem Juͤnglinge von
fuͤnf und zwanzig Jahren umgehn kann. Die
Nachtheile eines ſolchen conventionellen Geſetzes
ſind wohl nicht ſchwer einzuſehn. Der Ton, den
die Jugend annimmt, wenn ſie immer ſich ſelbſt
uͤberlaſſen iſt; pflegt nicht der ſittlichſte zu ſeyn;
manche gute Einwuͤrkung wird verhindert, und
alte Leute beſtaͤrken ſich in Egoismus, Mangel
an Duldung, an Toleranz, und werden muͤrriſche
Hausvaͤter, wenn ſie keine andre als ſolche Men¬
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang01_1788/119>, abgerufen am 24.11.2024.
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