Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klüber, Johann Ludwig: Europäisches Völkerrecht. Bd. 1. Stuttgart, 1821.

Bild:
<< vorherige Seite
II. Cap. Die europ. Staaten.
Staatsrecht überhaupt u. nach der Regierungsform, §. 63 f.
-- Auf jeden Fall ist das Factische von dem Rechtlichen zu
unterscheiden. J. St. Pütter's Beiträge zu dem t. Staats- und
Fürstenr. I. 140. -- In einem eingeschränktern Sinn, heissen
PatrimonialReiche diejenigen, worin Jemand die freie Ver-
fügung über die jedesmalige Thronfolge zusteht; wie ehedem
in Russland, nach der ThronfolgeOrdnung Peter's I. v. 1722.
Scheidemantel a. a. O. Neyron principes du dr. des gens, §. 92.
§. 32.
Insonderheit gewisse Classificationen der Staaten.

In völkerrechtlichem Sinn, ist kein Unterschied
zwischen grossen und kleinen a), oder zwischen
mächtigen und mindermächtigen souverainen
Staaten. Wohl aber kommt die Verschiedenheit
der Machtverhältnisse, besonders der militairi-
schen, sehr in Betracht, wenn von politischer
Wichtigkeit der einzelnen Staaten die Rede ist.
Doch fehlt es auch hier an gehöriger Grundlage
zu einer festen und durchgreifenden Abtheilung
der Staaten; gewiss ist die oben angeführte, so wie
die von einigen gewählte, in Staaten der ersten, zwei-
ten, dritten
und vierten Ordnung b), ganz will-
kührlich und unbestimmt. -- Die Kriegsmacht
der meisten souverainen Staaten von Europa, ist
bloss für Landkriege eingerichtet; bei verschiede-
nen jedoch für Land- und Seekriege. Die ersten
sind blosse Landmächte, die letzten sind Land-
und Seemächte zugleich. Diese werden auch vor-
zugweise Seemächte genannt, wenn ihre Haupt-
macht auf den Seekrieg sich bezieht c). Souve-

II. Cap. Die europ. Staaten.
Staatsrecht überhaupt u. nach der Regierungsform, §. 63 f.
— Auf jeden Fall ist das Factische von dem Rechtlichen zu
unterscheiden. J. St. Pütter’s Beiträge zu dem t. Staats- und
Fürstenr. I. 140. — In einem eingeschränktern Sinn, heiſsen
PatrimonialReiche diejenigen, worin Jemand die freie Ver-
fügung über die jedesmalige Thronfolge zusteht; wie ehedem
in Ruſsland, nach der ThronfolgeOrdnung Peter’s I. v. 1722.
Scheidemantel a. a. O. Neyron principes du dr. des gens, §. 92.
§. 32.
Insonderheit gewisse Classificationen der Staaten.

In völkerrechtlichem Sinn, ist kein Unterschied
zwischen grossen und kleinen a), oder zwischen
mächtigen und mindermächtigen souverainen
Staaten. Wohl aber kommt die Verschiedenheit
der Machtverhältnisse, besonders der militairi-
schen, sehr in Betracht, wenn von politischer
Wichtigkeit der einzelnen Staaten die Rede ist.
Doch fehlt es auch hier an gehöriger Grundlage
zu einer festen und durchgreifenden Abtheilung
der Staaten; gewiſs ist die oben angeführte, so wie
die von einigen gewählte, in Staaten der ersten, zwei-
ten, dritten
und vierten Ordnung b), ganz will-
kührlich und unbestimmt. — Die Kriegsmacht
der meisten souverainen Staaten von Europa, ist
bloſs für Landkriege eingerichtet; bei verschiede-
nen jedoch für Land- und Seekriege. Die ersten
sind blosse Landmächte, die letzten sind Land-
und Seemächte zugleich. Diese werden auch vor-
zugweise Seemächte genannt, wenn ihre Haupt-
macht auf den Seekrieg sich bezieht c). Souve-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <note place="end" n="f)"><pb facs="#f0073" n="67"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#i">II. Cap. Die europ. Staaten.</hi></fw><lb/>
Staatsrecht überhaupt u. nach der Regierungsform, §. 63 f.<lb/>
&#x2014; Auf jeden Fall ist das Factische von dem Rechtlichen zu<lb/>
unterscheiden. J. St. <hi rendition="#k">Pütter</hi>&#x2019;s Beiträge zu dem t. Staats- und<lb/>
Fürstenr. I. 140. &#x2014; In einem eingeschränktern Sinn, hei&#x017F;sen<lb/>
PatrimonialReiche diejenigen, worin Jemand die freie Ver-<lb/>
fügung über die jedesmalige Thronfolge zusteht; wie ehedem<lb/>
in Ru&#x017F;sland, nach der ThronfolgeOrdnung Peter&#x2019;s I. v. 1722.<lb/><hi rendition="#k">Scheidemantel</hi> a. a. O. <hi rendition="#k">Neyron</hi> principes du dr. des gens, §. 92.</note>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 32.<lb/><hi rendition="#i">Insonderheit gewisse Classificationen der Staaten</hi>.</head><lb/>
              <p>In völkerrechtlichem Sinn, ist kein Unterschied<lb/>
zwischen <hi rendition="#i">gr</hi>o<hi rendition="#i">ssen</hi> und <hi rendition="#i">kleinen a</hi>), oder zwischen<lb/><hi rendition="#i">mächtigen</hi> und <hi rendition="#i">mindermächtigen</hi> souverainen<lb/>
Staaten. Wohl aber kommt die Verschiedenheit<lb/>
der Machtverhältnisse, besonders der militairi-<lb/>
schen, sehr in Betracht, wenn von politischer<lb/>
Wichtigkeit der einzelnen Staaten die Rede ist.<lb/>
Doch fehlt es auch hier an gehöriger Grundlage<lb/>
zu einer festen und durchgreifenden Abtheilung<lb/>
der Staaten; gewi&#x017F;s ist die oben angeführte, so wie<lb/>
die von einigen gewählte, in Staaten der <hi rendition="#i">ersten, zwei-<lb/>
ten, dritten</hi> und <hi rendition="#i">vierten Ordnung b</hi>), ganz will-<lb/>
kührlich und unbestimmt. &#x2014; Die Kriegsmacht<lb/>
der meisten souverainen Staaten von Europa, ist<lb/>
blo&#x017F;s für Landkriege eingerichtet; bei verschiede-<lb/>
nen jedoch für Land- und Seekriege. Die ersten<lb/>
sind blosse <hi rendition="#i">Landmächte</hi>, die letzten sind <hi rendition="#i">Land-</hi><lb/>
und <hi rendition="#i">Seemächte</hi> zugleich. Diese werden auch vor-<lb/>
zugweise <hi rendition="#i">Seemächte</hi> genannt, wenn ihre Haupt-<lb/>
macht auf den Seekrieg sich bezieht <hi rendition="#i">c</hi>). Souve-<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[67/0073] II. Cap. Die europ. Staaten. f⁾ Staatsrecht überhaupt u. nach der Regierungsform, §. 63 f. — Auf jeden Fall ist das Factische von dem Rechtlichen zu unterscheiden. J. St. Pütter’s Beiträge zu dem t. Staats- und Fürstenr. I. 140. — In einem eingeschränktern Sinn, heiſsen PatrimonialReiche diejenigen, worin Jemand die freie Ver- fügung über die jedesmalige Thronfolge zusteht; wie ehedem in Ruſsland, nach der ThronfolgeOrdnung Peter’s I. v. 1722. Scheidemantel a. a. O. Neyron principes du dr. des gens, §. 92. §. 32. Insonderheit gewisse Classificationen der Staaten. In völkerrechtlichem Sinn, ist kein Unterschied zwischen grossen und kleinen a), oder zwischen mächtigen und mindermächtigen souverainen Staaten. Wohl aber kommt die Verschiedenheit der Machtverhältnisse, besonders der militairi- schen, sehr in Betracht, wenn von politischer Wichtigkeit der einzelnen Staaten die Rede ist. Doch fehlt es auch hier an gehöriger Grundlage zu einer festen und durchgreifenden Abtheilung der Staaten; gewiſs ist die oben angeführte, so wie die von einigen gewählte, in Staaten der ersten, zwei- ten, dritten und vierten Ordnung b), ganz will- kührlich und unbestimmt. — Die Kriegsmacht der meisten souverainen Staaten von Europa, ist bloſs für Landkriege eingerichtet; bei verschiede- nen jedoch für Land- und Seekriege. Die ersten sind blosse Landmächte, die letzten sind Land- und Seemächte zugleich. Diese werden auch vor- zugweise Seemächte genannt, wenn ihre Haupt- macht auf den Seekrieg sich bezieht c). Souve-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klueber_voelkerrecht01_1821
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klueber_voelkerrecht01_1821/73
Zitationshilfe: Klüber, Johann Ludwig: Europäisches Völkerrecht. Bd. 1. Stuttgart, 1821, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klueber_voelkerrecht01_1821/73>, abgerufen am 21.11.2024.