Klüber, Johann Ludwig: Europäisches Völkerrecht. Bd. 1. Stuttgart, 1821.II. Cap. Die europ. Staaten. sen königliche Ehren b) (honneurs royaux). Aberin allen monarchischen Staaten, den Kirchenstaat ausgenommen, ist der Titel und die Würde des Staates (dignitas realis) dem persönlichen Titel und der Würde des Regenten gleich. Die Staats- gebiete sind fast durchgehends geschlossene (ter- ritoria clausa). Der StaatsReligionsCharakter, das Verhältniss der in dem Staat angenommenen kirchlichen Lehrbegriffe und ihrer Bekenner c), hat jetzt selten mehr völkerrechtliche Beziehung, es sey denn vermöge der mit dem päpstlichen Stuhl von verschiedenen Staaten geschlossenen Concordate d), oder der in manchen Staatsver- trägen in Beziehung auf eine bestimmte Religions- Partei enthaltenen Stipulationen e). Die Eigen- schaft eines PatrimonialStaates, das heisst, dass der Regent nach Eigenthumsrecht über den Staat verfügen könne, ist in Europa durch Staatsgrund- gesetze nirgend festgesetzt f). a) Die Lehnverpflichtung Neapel's und Parma's gegen den päpst- lichen Stuhl, wird nicht mehr anerkannt, von Neapel seit 1788, von Parma seit der im Jahr 1796 im oberen Theil von Italien statt gehabten Staatsumwälzung, und nach der durch die SchlussActe des wiener Congresses statt gehabten Wiederherstellung dieses Staates. Doch protestirt der Papst noch in jedem Jahr öffent- lich, wegen des von beiden nicht entrichteten Lehnzinses, wi- der Neapel am PeterPaulstage, wider Parma am Vorabend dieses Tages. -- Auch Malta war ein päpstliches Lehn, bis auf die Veränderung seiner politischen Verhältnisse, in Folge der Eroberung durch die Franzosen im J. 1798. b) Hievon unten §. 91. c) H. Stäudlin's kirchliche Geographie u. Statistik, Tüb. 1804. Bd. I. u. II. 8. L. Meiners allgem. Geschichte der Religionen. Klüber's Europ. Völkerr. I. 5
II. Cap. Die europ. Staaten. sen königliche Ehren b) (honneurs royaux). Aberin allen monarchischen Staaten, den Kirchenstaat ausgenommen, ist der Titel und die Würde des Staates (dignitas realis) dem persönlichen Titel und der Würde des Regenten gleich. Die Staats- gebiete sind fast durchgehends geschlossene (ter- ritoria clausa). Der StaatsReligionsCharakter, das Verhältniſs der in dem Staat angenommenen kirchlichen Lehrbegriffe und ihrer Bekenner c), hat jetzt selten mehr völkerrechtliche Beziehung, es sey denn vermöge der mit dem päpstlichen Stuhl von verschiedenen Staaten geschlossenen Concordate d), oder der in manchen Staatsver- trägen in Beziehung auf eine bestimmte Religions- Partei enthaltenen Stipulationen e). Die Eigen- schaft eines PatrimonialStaates, das heiſst, daſs der Regent nach Eigenthumsrecht über den Staat verfügen könne, ist in Europa durch Staatsgrund- gesetze nirgend festgesetzt f). a) Die Lehnverpflichtung Neapel’s und Parma’s gegen den päpst- lichen Stuhl, wird nicht mehr anerkannt, von Neapel seit 1788, von Parma seit der im Jahr 1796 im oberen Theil von Italien statt gehabten Staatsumwälzung, und nach der durch die SchluſsActe des wiener Congresses statt gehabten Wiederherstellung dieses Staates. Doch protestirt der Papst noch in jedem Jahr öffent- lich, wegen des von beiden nicht entrichteten Lehnzinses, wi- der Neapel am PeterPaulstage, wider Parma am Vorabend dieses Tages. — Auch Malta war ein päpstliches Lehn, bis auf die Veränderung seiner politischen Verhältnisse, in Folge der Eroberung durch die Franzosen im J. 1798. b) Hievon unten §. 91. c) H. Stäudlin’s kirchliche Geographie u. Statistik, Tüb. 1804. Bd. I. u. II. 8. L. Meiners allgem. Geschichte der Religionen. Klüber’s Europ. Völkerr. I. 5
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0071" n="65"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#i">II. Cap. Die europ. Staaten.</hi></fw><lb/> sen <hi rendition="#i">königliche Ehren b</hi>) (honneurs royaux). Aber<lb/> in allen monarchischen Staaten, den Kirchenstaat<lb/> ausgenommen, ist der <hi rendition="#i">Titel</hi> und die <hi rendition="#i">Würde</hi> des<lb/><hi rendition="#i">Staates</hi> (dignitas realis) dem persönlichen Titel<lb/> und der Würde des <hi rendition="#i">Regenten</hi> gleich. Die Staats-<lb/> gebiete sind fast durchgehends <hi rendition="#i">geschlossene</hi> (ter-<lb/> ritoria clausa). Der <hi rendition="#i">StaatsReligionsCharakter</hi>,<lb/> das Verhältniſs der in dem Staat angenommenen<lb/> kirchlichen Lehrbegriffe und ihrer Bekenner <hi rendition="#i">c</hi>),<lb/> hat jetzt selten mehr völkerrechtliche Beziehung,<lb/> es sey denn vermöge der mit dem päpstlichen<lb/> Stuhl von verschiedenen Staaten geschlossenen<lb/> Concordate <hi rendition="#i">d</hi>), oder der in manchen Staatsver-<lb/> trägen in Beziehung auf eine bestimmte Religions-<lb/> Partei enthaltenen Stipulationen <hi rendition="#i">e</hi>). Die Eigen-<lb/> schaft eines <hi rendition="#i">PatrimonialStaates</hi>, das heiſst, daſs<lb/> der Regent nach Eigenthumsrecht über den Staat<lb/> verfügen könne, ist in Europa durch Staatsgrund-<lb/> gesetze nirgend festgesetzt <hi rendition="#i">f</hi>).</p><lb/> <note place="end" n="a)">Die Lehnverpflichtung <hi rendition="#i">Neapel’s</hi> und <hi rendition="#i">Parma’s</hi> gegen den päpst-<lb/> lichen Stuhl, wird nicht mehr anerkannt, von Neapel seit 1788,<lb/> von Parma seit der im Jahr 1796 im oberen Theil von Italien statt<lb/> gehabten Staatsumwälzung, und nach der durch die SchluſsActe<lb/> des wiener Congresses statt gehabten Wiederherstellung dieses<lb/> Staates. Doch protestirt der Papst noch in jedem Jahr öffent-<lb/> lich, wegen des von beiden nicht entrichteten Lehnzinses, wi-<lb/> der Neapel am PeterPaulstage, wider Parma am Vorabend<lb/> dieses Tages. — Auch <hi rendition="#i">Malta</hi> war ein päpstliches Lehn, bis<lb/> auf die Veränderung seiner politischen Verhältnisse, in Folge<lb/> der Eroberung durch die Franzosen im J. 1798.</note><lb/> <note place="end" n="b)">Hievon unten §. 91.</note><lb/> <note place="end" n="c)">H. <hi rendition="#k">Stäudlin</hi>’s kirchliche Geographie u. Statistik, Tüb. 1804.<lb/> Bd. I. u. II. 8. L. <hi rendition="#k">Meiners</hi> allgem. Geschichte der Religionen.<lb/> <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#i">Klüber’s Europ. Völkerr.</hi> I. 5</fw><lb/></note> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [65/0071]
II. Cap. Die europ. Staaten.
sen königliche Ehren b) (honneurs royaux). Aber
in allen monarchischen Staaten, den Kirchenstaat
ausgenommen, ist der Titel und die Würde des
Staates (dignitas realis) dem persönlichen Titel
und der Würde des Regenten gleich. Die Staats-
gebiete sind fast durchgehends geschlossene (ter-
ritoria clausa). Der StaatsReligionsCharakter,
das Verhältniſs der in dem Staat angenommenen
kirchlichen Lehrbegriffe und ihrer Bekenner c),
hat jetzt selten mehr völkerrechtliche Beziehung,
es sey denn vermöge der mit dem päpstlichen
Stuhl von verschiedenen Staaten geschlossenen
Concordate d), oder der in manchen Staatsver-
trägen in Beziehung auf eine bestimmte Religions-
Partei enthaltenen Stipulationen e). Die Eigen-
schaft eines PatrimonialStaates, das heiſst, daſs
der Regent nach Eigenthumsrecht über den Staat
verfügen könne, ist in Europa durch Staatsgrund-
gesetze nirgend festgesetzt f).
a⁾ Die Lehnverpflichtung Neapel’s und Parma’s gegen den päpst-
lichen Stuhl, wird nicht mehr anerkannt, von Neapel seit 1788,
von Parma seit der im Jahr 1796 im oberen Theil von Italien statt
gehabten Staatsumwälzung, und nach der durch die SchluſsActe
des wiener Congresses statt gehabten Wiederherstellung dieses
Staates. Doch protestirt der Papst noch in jedem Jahr öffent-
lich, wegen des von beiden nicht entrichteten Lehnzinses, wi-
der Neapel am PeterPaulstage, wider Parma am Vorabend
dieses Tages. — Auch Malta war ein päpstliches Lehn, bis
auf die Veränderung seiner politischen Verhältnisse, in Folge
der Eroberung durch die Franzosen im J. 1798.
b⁾ Hievon unten §. 91.
c⁾ H. Stäudlin’s kirchliche Geographie u. Statistik, Tüb. 1804.
Bd. I. u. II. 8. L. Meiners allgem. Geschichte der Religionen.
Klüber’s Europ. Völkerr. I. 5
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |