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Klüber, Johann Ludwig: Europäisches Völkerrecht. Bd. 1. Stuttgart, 1821.

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III. Cap. Recht d. Unterhandl., ins. durch Gesandte.
gesandschaftlichen Auftrags. In der letzten Ei-
genschaft handelt er, im Namen des Staates,
mit demjenigen an welchen er gesendet ist a).
Die erste Eigenschaft wird, in der Regel, als
fortwährend betrachtet, die andere, ein beson-
derer Auftrag, als vorübergehend. Daher sind
die gesandschaftliche Würde und Function, selbst
diejenigen eines ordentlichen Gesandten, nebst
dem damit verbundenen Gehalt b), wiederruf-
lich.

a) Zu andern Staaten steht ein Gesandter, in der Regel, bloss
in dem allgemeinen Verhältniss eines Auswärtigen. Wicque-
fort
, liv. I, sect. 15. Doch pflegt man durchreisenden Ge-
sandten eines fremden Staates, in manchen Staaten gewisse
Befreiungen aus Höflichkeit einzuräumen.
b) F. C. v. Moser von dem Appointement oder Gehalt eines
Gesandten; in dessen kleinen Schriften, Th. I, S. 182--290.
Moser's Versuch, III. 147. Ebendess. Beyträge, III. 117 ff. --
Die freie Bewirthung oder Gastfreiheit (defrai, lautia pu-
blica), welche ehehin den Gesandten zu Theil ward, hat
mit der Einführung beständiger Gesandschaften vollends auf-
gehört; etwa die Gesandten der Pforte und afrikanischer
oder asiatischer Fürsten bei europäischen Höfen, und etliche
andere seltene Beispiele ausgenommen. Moser's Versuch,
III. 259. Ebendess. Beiträge, III. 411. Förmlich aufgeho-
ben ward sie zwischen Russland und Schweden, in dem
nystädter Frieden 1721, Art. 10, und in dem aboer Frieden
1743, Art. 10. -- Ausserordentliche, auf kürzere Zeit ge-
schickte Gesandte erhalten als solche meist nur Taggelder
(Diäten), keinen stehenden Gehalt, oder sie leben auf Rech-
nung des Hofes. -- Ausserordentliche Kosten werden, auch
bei stehendem Gehalt oder Diäten, besonders angerechnet.
Mancher Gesandter bestreitet seinen gesandschaftlichen Auf-
wand wenigstens zum Theil aus eigenen Mitteln. "Gardons-
"nous de placer les agens exterieurs entre la penurie et la
"seduction", schrieb das französische Directoire executif im
J. 1798 an das Conseil des cinq cents. Le Redacteur, du

III. Cap. Recht d. Unterhandl., ins. durch Gesandte.
gesandschaftlichen Auftrags. In der letzten Ei-
genschaft handelt er, im Namen des Staates,
mit demjenigen an welchen er gesendet ist a).
Die erste Eigenschaft wird, in der Regel, als
fortwährend betrachtet, die andere, ein beson-
derer Auftrag, als vorübergehend. Daher sind
die gesandschaftliche Würde und Function, selbst
diejenigen eines ordentlichen Gesandten, nebst
dem damit verbundenen Gehalt b), wiederruf-
lich.

a) Zu andern Staaten steht ein Gesandter, in der Regel, bloſs
in dem allgemeinen Verhältniſs eines Auswärtigen. Wicque-
fort
, liv. I, sect. 15. Doch pflegt man durchreisenden Ge-
sandten eines fremden Staates, in manchen Staaten gewisse
Befreiungen aus Höflichkeit einzuräumen.
b) F. C. v. Moser von dem Appointement oder Gehalt eines
Gesandten; in dessen kleinen Schriften, Th. I, S. 182—290.
Moser’s Versuch, III. 147. Ebendess. Beyträge, III. 117 ff. —
Die freie Bewirthung oder Gastfreiheit (défrai, lautia pu-
blica), welche ehehin den Gesandten zu Theil ward, hat
mit der Einführung beständiger Gesandschaften vollends auf-
gehört; etwa die Gesandten der Pforte und afrikanischer
oder asiatischer Fürsten bei europäischen Höfen, und etliche
andere seltene Beispiele ausgenommen. Moser’s Versuch,
III. 259. Ebendess. Beiträge, III. 411. Förmlich aufgeho-
ben ward sie zwischen Ruſsland und Schweden, in dem
nystädter Frieden 1721, Art. 10, und in dem aboer Frieden
1743, Art. 10. — Ausserordentliche, auf kürzere Zeit ge-
schickte Gesandte erhalten als solche meist nur Taggelder
(Diäten), keinen stehenden Gehalt, oder sie leben auf Rech-
nung des Hofes. — Ausserordentliche Kosten werden, auch
bei stehendem Gehalt oder Diäten, besonders angerechnet.
Mancher Gesandter bestreitet seinen gesandschaftlichen Auf-
wand wenigstens zum Theil aus eigenen Mitteln. „Gardons-
„nous de placer les agens extérieurs entre la pénurie et la
„séduction“, schrieb das französische Directoire exécutif im
J. 1798 an das Conseil des cinq cents. Le Rédacteur, du
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[275/0281] III. Cap. Recht d. Unterhandl., ins. durch Gesandte. gesandschaftlichen Auftrags. In der letzten Ei- genschaft handelt er, im Namen des Staates, mit demjenigen an welchen er gesendet ist a). Die erste Eigenschaft wird, in der Regel, als fortwährend betrachtet, die andere, ein beson- derer Auftrag, als vorübergehend. Daher sind die gesandschaftliche Würde und Function, selbst diejenigen eines ordentlichen Gesandten, nebst dem damit verbundenen Gehalt b), wiederruf- lich. a⁾ Zu andern Staaten steht ein Gesandter, in der Regel, bloſs in dem allgemeinen Verhältniſs eines Auswärtigen. Wicque- fort, liv. I, sect. 15. Doch pflegt man durchreisenden Ge- sandten eines fremden Staates, in manchen Staaten gewisse Befreiungen aus Höflichkeit einzuräumen. b⁾ F. C. v. Moser von dem Appointement oder Gehalt eines Gesandten; in dessen kleinen Schriften, Th. I, S. 182—290. Moser’s Versuch, III. 147. Ebendess. Beyträge, III. 117 ff. — Die freie Bewirthung oder Gastfreiheit (défrai, lautia pu- blica), welche ehehin den Gesandten zu Theil ward, hat mit der Einführung beständiger Gesandschaften vollends auf- gehört; etwa die Gesandten der Pforte und afrikanischer oder asiatischer Fürsten bei europäischen Höfen, und etliche andere seltene Beispiele ausgenommen. Moser’s Versuch, III. 259. Ebendess. Beiträge, III. 411. Förmlich aufgeho- ben ward sie zwischen Ruſsland und Schweden, in dem nystädter Frieden 1721, Art. 10, und in dem aboer Frieden 1743, Art. 10. — Ausserordentliche, auf kürzere Zeit ge- schickte Gesandte erhalten als solche meist nur Taggelder (Diäten), keinen stehenden Gehalt, oder sie leben auf Rech- nung des Hofes. — Ausserordentliche Kosten werden, auch bei stehendem Gehalt oder Diäten, besonders angerechnet. Mancher Gesandter bestreitet seinen gesandschaftlichen Auf- wand wenigstens zum Theil aus eigenen Mitteln. „Gardons- „nous de placer les agens extérieurs entre la pénurie et la „séduction“, schrieb das französische Directoire exécutif im J. 1798 an das Conseil des cinq cents. Le Rédacteur, du

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Zitationshilfe: Klüber, Johann Ludwig: Europäisches Völkerrecht. Bd. 1. Stuttgart, 1821, S. 275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klueber_voelkerrecht01_1821/281>, abgerufen am 02.05.2024.