Klüber, Johann Ludwig: Europäisches Völkerrecht. Bd. 1. Stuttgart, 1821.II. Th. II. Tit. BedingteRechte; in friedl. Verhältn. keit, oder seiner Verfassung, bedrohte d). Nichterst durch eine wirkliche Leistung, erhält ein Vertrag seine Rechtsgültigkeit. a) C. E. Wächter diss. de modis tollendi pacta inter gentes (Stuttg. 1779. 4.), §. 25. 26. b) Diese moralische Unmöglichkeit oder Rechtsverletzung zeigt sich namentlich bei wahrer Collision eines Vertrags mit ei- nem ältern Vertrag, der mit einem andern Staat errichtet ist. Vergl. das Bündniss zwischen Frankreich und den schweizer Cantonen, vom 28. Mai 1777, Art. 8, in de Martens re- cueil, T. I. p. 606. Desgleichen bei dem Versprechen un- übertragbarer Rechte gegen einen Dritten, z. B. wenn ein Staat die aus dem Bündniss mit einem andern Staat erlang- ten unübertragbaren Rechte, ohne Einwilligung des letzten, vertragweise auf eine dritte Macht übertragen wollte. Vergl. Wächter l. c. §. 30--37. c) Dieses kann der Fall seyn bei dem Versprechen einer Lei- stung, welche, vermöge eines mit einer andern Macht frü- her schon geschlossenen Vertrags, moralisch unmöglich ist. d) Wie fern ein Staat dagegen sich durch Nothgebrauch (§. 44) schützen könne? -- Dass ein Staat zu Erfüllung seines Ver- sprechens schon dann nicht verpflichtet sey, wenn solche ihm mehr schaden, als dem andern nützen würde, behaup- tet, mit Cicero, Wächter l. c. §. 28. sq. §. 145. Heiligkeit der Verträge. Der Staatszweck eines jeden Volkes fordert, II. Th. II. Tit. BedingteRechte; in friedl. Verhältn. keit, oder seiner Verfassung, bedrohte d). Nichterst durch eine wirkliche Leistung, erhält ein Vertrag seine Rechtsgültigkeit. a) C. E. Wächter diss. de modis tollendi pacta inter gentes (Stuttg. 1779. 4.), §. 25. 26. b) Diese moralische Unmöglichkeit oder Rechtsverletzung zeigt sich namentlich bei wahrer Collision eines Vertrags mit ei- nem ältern Vertrag, der mit einem andern Staat errichtet ist. Vergl. das Bündniſs zwischen Frankreich und den schweizer Cantonen, vom 28. Mai 1777, Art. 8, in de Martens re- cueil, T. I. p. 606. Desgleichen bei dem Versprechen un- übertragbarer Rechte gegen einen Dritten, z. B. wenn ein Staat die aus dem Bündniſs mit einem andern Staat erlang- ten unübertragbaren Rechte, ohne Einwilligung des letzten, vertragweise auf eine dritte Macht übertragen wollte. Vergl. Wächter l. c. §. 30—37. c) Dieses kann der Fall seyn bei dem Versprechen einer Lei- stung, welche, vermöge eines mit einer andern Macht frü- her schon geschlossenen Vertrags, moralisch unmöglich ist. d) Wie fern ein Staat dagegen sich durch Nothgebrauch (§. 44) schützen könne? — Daſs ein Staat zu Erfüllung seines Ver- sprechens schon dann nicht verpflichtet sey, wenn solche ihm mehr schaden, als dem andern nützen würde, behaup- tet, mit Cicero, Wächter l. c. §. 28. sq. §. 145. Heiligkeit der Verträge. Der Staatszweck eines jeden Volkes fordert, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0240" n="234"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#i">II. Th. II. Tit. BedingteRechte; in friedl. Verhältn.</hi></fw><lb/> keit, oder seiner Verfassung, bedrohte <hi rendition="#i">d</hi>). Nicht<lb/> erst durch eine wirkliche Leistung, erhält ein<lb/> Vertrag seine Rechtsgültigkeit.</p><lb/> <note place="end" n="a)">C. E. <hi rendition="#k">Wächter</hi> diss. de modis tollendi pacta inter gentes<lb/> (Stuttg. 1779. 4.), §. 25. 26.</note><lb/> <note place="end" n="b)">Diese moralische Unmöglichkeit oder Rechtsverletzung zeigt<lb/> sich namentlich bei wahrer Collision eines Vertrags mit ei-<lb/> nem ältern Vertrag, der mit einem andern Staat errichtet ist.<lb/> Vergl. das Bündniſs zwischen Frankreich und den schweizer<lb/> Cantonen, vom 28. Mai 1777, Art. 8, in de <hi rendition="#k">Martens</hi> re-<lb/> cueil, T. I. p. 606. Desgleichen bei dem Versprechen un-<lb/> übertragbarer Rechte gegen einen Dritten, z. B. wenn ein<lb/> Staat die aus dem Bündniſs mit einem andern Staat erlang-<lb/> ten unübertragbaren Rechte, ohne Einwilligung des letzten,<lb/> vertragweise auf eine dritte Macht übertragen wollte. Vergl.<lb/><hi rendition="#k">Wächter</hi> l. c. §. 30—37.</note><lb/> <note place="end" n="c)">Dieses kann der Fall seyn bei dem Versprechen einer Lei-<lb/> stung, welche, vermöge eines mit einer andern Macht frü-<lb/> her schon geschlossenen Vertrags, moralisch unmöglich ist.</note><lb/> <note place="end" n="d)">Wie fern ein Staat dagegen sich durch Nothgebrauch (§. 44)<lb/> schützen könne? — Daſs ein Staat zu Erfüllung seines Ver-<lb/> sprechens schon dann nicht verpflichtet sey, wenn solche<lb/> ihm mehr schaden, als dem andern nützen würde, behaup-<lb/> tet, mit <hi rendition="#k">Cicero, Wächter</hi> l. c. §. 28. sq.</note> </div><lb/> <div n="5"> <head>§. 145.<lb/><hi rendition="#i">Heiligkeit der Verträge</hi>.</head><lb/> <p>Der Staatszweck eines jeden Volkes fordert,<lb/> unter gewissen Umständen, Verträge mit andern<lb/> Staaten. Völkerverträge sind demnach rechtlich<lb/> nothwendig. Da nun vernünftigerweise kein Staat<lb/> geneigt seyn könnte, mit andern Staaten Ver-<lb/> träge zu schliessen, folglich kein Vertrag mög-<lb/> lich wäre, wenn jedem Staat rechtsgültig frei<lb/> stünde, sein vertragmäsig gegebenes Versprechen<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [234/0240]
II. Th. II. Tit. BedingteRechte; in friedl. Verhältn.
keit, oder seiner Verfassung, bedrohte d). Nicht
erst durch eine wirkliche Leistung, erhält ein
Vertrag seine Rechtsgültigkeit.
a⁾ C. E. Wächter diss. de modis tollendi pacta inter gentes
(Stuttg. 1779. 4.), §. 25. 26.
b⁾ Diese moralische Unmöglichkeit oder Rechtsverletzung zeigt
sich namentlich bei wahrer Collision eines Vertrags mit ei-
nem ältern Vertrag, der mit einem andern Staat errichtet ist.
Vergl. das Bündniſs zwischen Frankreich und den schweizer
Cantonen, vom 28. Mai 1777, Art. 8, in de Martens re-
cueil, T. I. p. 606. Desgleichen bei dem Versprechen un-
übertragbarer Rechte gegen einen Dritten, z. B. wenn ein
Staat die aus dem Bündniſs mit einem andern Staat erlang-
ten unübertragbaren Rechte, ohne Einwilligung des letzten,
vertragweise auf eine dritte Macht übertragen wollte. Vergl.
Wächter l. c. §. 30—37.
c⁾ Dieses kann der Fall seyn bei dem Versprechen einer Lei-
stung, welche, vermöge eines mit einer andern Macht frü-
her schon geschlossenen Vertrags, moralisch unmöglich ist.
d⁾ Wie fern ein Staat dagegen sich durch Nothgebrauch (§. 44)
schützen könne? — Daſs ein Staat zu Erfüllung seines Ver-
sprechens schon dann nicht verpflichtet sey, wenn solche
ihm mehr schaden, als dem andern nützen würde, behaup-
tet, mit Cicero, Wächter l. c. §. 28. sq.
§. 145.
Heiligkeit der Verträge.
Der Staatszweck eines jeden Volkes fordert,
unter gewissen Umständen, Verträge mit andern
Staaten. Völkerverträge sind demnach rechtlich
nothwendig. Da nun vernünftigerweise kein Staat
geneigt seyn könnte, mit andern Staaten Ver-
träge zu schliessen, folglich kein Vertrag mög-
lich wäre, wenn jedem Staat rechtsgültig frei
stünde, sein vertragmäsig gegebenes Versprechen
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |