Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 2. Berlin, 1869.

Bild:
<< vorherige Seite

I. Vorbegriffe. §. 6. Einführungspatente.
finders nur insoweit, als sie unter ihrem Schutze erworben sind.
Ausländische Erfindungen können diesen Schutz unter Umstän-
den gleich den inländischen durch gewöhnliche Erfindungspa-
tente erlangen, wenn nämlich die Gesetzgebung des Staates
die Ertheilung von Patenten an Ausländer und für im Aus-
lande gemachte Erfindungen zulässt. Soweit dies nicht der
Fall ist, kann der ausländischen Erfindung durch ein sogenann-
tes Einführungspatent der Patentschutz nach besonderen Re-
geln ertheilt werden, welche von den für die gewöhnlichen Er-
findungspatente geltenden Normen mehrfach abweichen. Die
verschiedenen Patentgesetze verbinden indess mit der Bezeich-
nung der Einführungspatente wesentlich verschiedene Begriffe.

In Preussen und in England gilt die Regel, dass eine aus-
ländische Erfindung so lange sie nicht im Inlande veröffentlicht
ist, von jedem Inländer, welcher zuerst die Absicht erklärt,
dieselbe im Inlande auszuführen, gewissermassen occupirt wer-
den kann und dass dem Inländer, welcher eine solche auslän-
dische Erfindung zuerst zur Patentirung anmeldet, ein Erfin-
dungspatent mit derselben Wirkung ertheilt wird, als wenn
der Inhaber selbst der Urheber der Erfindung wäre.

Das Preussische Publicandum vom 14. October 1815 be-
stimmt hierüber im §. 1:

"Jede Sache kann der Gegenstand einer Patentirung wer-
den, sofern sie nur neu erfunden -- oder im Falle der blossen
Einführung ausländischer Erfindungen, wirklich durch den
Impetranten im Lande zuerst bekannt gemacht und zur An-
wendung gebracht werden soll."

Die im Jahre 1834 verfassten amtlichen Erläuterungen
bemerken hierzu:

"Zu §. 2. Einfährungspatente werden nur dann ertheilt,
wenn es sich von Gegenständen handelt, die durch öffent-
liche Werke oder sonstige Mittheilungen im Inlande noch
nicht bekannt sind,
und der Umstand, dass dieselben
von den Patentinhabern zuerst ausgeführt und angewendet
werden sollen, begründet, wenn sie auf diese Weise schon
bekannt sind, keinen Anspruch auf Patentertheilung."

Ob die einzuführende Erfindung im Auslande patentirt
ist oder nicht, kommt nicht in Betracht. Die Erfindung er-
langt weder durch die Patentirung im Auslande ein Anrecht

I. Vorbegriffe. §. 6. Einführungspatente.
finders nur insoweit, als sie unter ihrem Schutze erworben sind.
Ausländische Erfindungen können diesen Schutz unter Umstän-
den gleich den inländischen durch gewöhnliche Erfindungspa-
tente erlangen, wenn nämlich die Gesetzgebung des Staates
die Ertheilung von Patenten an Ausländer und für im Aus-
lande gemachte Erfindungen zulässt. Soweit dies nicht der
Fall ist, kann der ausländischen Erfindung durch ein sogenann-
tes Einführungspatent der Patentschutz nach besonderen Re-
geln ertheilt werden, welche von den für die gewöhnlichen Er-
findungspatente geltenden Normen mehrfach abweichen. Die
verschiedenen Patentgesetze verbinden indess mit der Bezeich-
nung der Einführungspatente wesentlich verschiedene Begriffe.

In Preussen und in England gilt die Regel, dass eine aus-
ländische Erfindung so lange sie nicht im Inlande veröffentlicht
ist, von jedem Inländer, welcher zuerst die Absicht erklärt,
dieselbe im Inlande auszuführen, gewissermassen occupirt wer-
den kann und dass dem Inländer, welcher eine solche auslän-
dische Erfindung zuerst zur Patentirung anmeldet, ein Erfin-
dungspatent mit derselben Wirkung ertheilt wird, als wenn
der Inhaber selbst der Urheber der Erfindung wäre.

Das Preussische Publicandum vom 14. October 1815 be-
stimmt hierüber im §. 1:

»Jede Sache kann der Gegenstand einer Patentirung wer-
den, sofern sie nur neu erfunden — oder im Falle der blossen
Einführung ausländischer Erfindungen, wirklich durch den
Impetranten im Lande zuerst bekannt gemacht und zur An-
wendung gebracht werden soll.«

Die im Jahre 1834 verfassten amtlichen Erläuterungen
bemerken hierzu:

»Zu §. 2. Einfährungspatente werden nur dann ertheilt,
wenn es sich von Gegenständen handelt, die durch öffent-
liche Werke oder sonstige Mittheilungen im Inlande noch
nicht bekannt sind,
und der Umstand, dass dieselben
von den Patentinhabern zuerst ausgeführt und angewendet
werden sollen, begründet, wenn sie auf diese Weise schon
bekannt sind, keinen Anspruch auf Patentertheilung.«

Ob die einzuführende Erfindung im Auslande patentirt
ist oder nicht, kommt nicht in Betracht. Die Erfindung er-
langt weder durch die Patentirung im Auslande ein Anrecht

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0093" n="66"/><fw place="top" type="header">I. Vorbegriffe. §. 6. Einführungspatente.</fw><lb/>
finders nur insoweit, als sie unter ihrem Schutze erworben sind.<lb/>
Ausländische Erfindungen können diesen Schutz unter Umstän-<lb/>
den gleich den inländischen durch gewöhnliche Erfindungspa-<lb/>
tente erlangen, wenn nämlich die Gesetzgebung des Staates<lb/>
die Ertheilung von Patenten an Ausländer und für im Aus-<lb/>
lande gemachte Erfindungen zulässt. Soweit dies nicht der<lb/>
Fall ist, kann der ausländischen Erfindung durch ein sogenann-<lb/>
tes Einführungspatent der Patentschutz nach besonderen Re-<lb/>
geln ertheilt werden, welche von den für die gewöhnlichen Er-<lb/>
findungspatente geltenden Normen mehrfach abweichen. Die<lb/>
verschiedenen Patentgesetze verbinden indess mit der Bezeich-<lb/>
nung der Einführungspatente wesentlich verschiedene Begriffe.</p><lb/>
            <p>In Preussen und in England gilt die Regel, dass eine aus-<lb/>
ländische Erfindung so lange sie nicht im Inlande veröffentlicht<lb/>
ist, von jedem Inländer, welcher zuerst die Absicht erklärt,<lb/>
dieselbe im Inlande auszuführen, gewissermassen occupirt wer-<lb/>
den kann und dass dem Inländer, welcher eine solche auslän-<lb/>
dische Erfindung zuerst zur Patentirung anmeldet, ein Erfin-<lb/>
dungspatent mit derselben Wirkung ertheilt wird, als wenn<lb/>
der Inhaber selbst der Urheber der Erfindung wäre.</p><lb/>
            <p>Das Preussische Publicandum vom 14. October 1815 be-<lb/>
stimmt hierüber im §. 1:</p><lb/>
            <cit>
              <quote> <hi rendition="#et">»Jede Sache kann der Gegenstand einer Patentirung wer-<lb/>
den, sofern sie nur neu erfunden &#x2014; oder im Falle der blossen<lb/>
Einführung ausländischer Erfindungen, wirklich durch den<lb/>
Impetranten im Lande zuerst bekannt gemacht und zur An-<lb/>
wendung gebracht werden soll.«</hi> </quote>
            </cit><lb/>
            <p>Die im Jahre 1834 verfassten amtlichen Erläuterungen<lb/>
bemerken hierzu:</p><lb/>
            <cit>
              <quote> <hi rendition="#et">»Zu §. 2. Einfährungspatente werden nur dann ertheilt,<lb/>
wenn es sich von Gegenständen handelt, die durch öffent-<lb/>
liche Werke oder sonstige Mittheilungen <hi rendition="#g">im Inlande noch<lb/>
nicht bekannt sind,</hi> und der Umstand, dass dieselben<lb/>
von den Patentinhabern zuerst ausgeführt und angewendet<lb/>
werden sollen, begründet, wenn sie auf diese Weise schon<lb/>
bekannt sind, keinen Anspruch auf Patentertheilung.«</hi> </quote>
            </cit><lb/>
            <p>Ob die einzuführende Erfindung im Auslande patentirt<lb/>
ist oder nicht, kommt nicht in Betracht. Die Erfindung er-<lb/>
langt weder durch die Patentirung im Auslande ein Anrecht<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[66/0093] I. Vorbegriffe. §. 6. Einführungspatente. finders nur insoweit, als sie unter ihrem Schutze erworben sind. Ausländische Erfindungen können diesen Schutz unter Umstän- den gleich den inländischen durch gewöhnliche Erfindungspa- tente erlangen, wenn nämlich die Gesetzgebung des Staates die Ertheilung von Patenten an Ausländer und für im Aus- lande gemachte Erfindungen zulässt. Soweit dies nicht der Fall ist, kann der ausländischen Erfindung durch ein sogenann- tes Einführungspatent der Patentschutz nach besonderen Re- geln ertheilt werden, welche von den für die gewöhnlichen Er- findungspatente geltenden Normen mehrfach abweichen. Die verschiedenen Patentgesetze verbinden indess mit der Bezeich- nung der Einführungspatente wesentlich verschiedene Begriffe. In Preussen und in England gilt die Regel, dass eine aus- ländische Erfindung so lange sie nicht im Inlande veröffentlicht ist, von jedem Inländer, welcher zuerst die Absicht erklärt, dieselbe im Inlande auszuführen, gewissermassen occupirt wer- den kann und dass dem Inländer, welcher eine solche auslän- dische Erfindung zuerst zur Patentirung anmeldet, ein Erfin- dungspatent mit derselben Wirkung ertheilt wird, als wenn der Inhaber selbst der Urheber der Erfindung wäre. Das Preussische Publicandum vom 14. October 1815 be- stimmt hierüber im §. 1: »Jede Sache kann der Gegenstand einer Patentirung wer- den, sofern sie nur neu erfunden — oder im Falle der blossen Einführung ausländischer Erfindungen, wirklich durch den Impetranten im Lande zuerst bekannt gemacht und zur An- wendung gebracht werden soll.« Die im Jahre 1834 verfassten amtlichen Erläuterungen bemerken hierzu: »Zu §. 2. Einfährungspatente werden nur dann ertheilt, wenn es sich von Gegenständen handelt, die durch öffent- liche Werke oder sonstige Mittheilungen im Inlande noch nicht bekannt sind, und der Umstand, dass dieselben von den Patentinhabern zuerst ausgeführt und angewendet werden sollen, begründet, wenn sie auf diese Weise schon bekannt sind, keinen Anspruch auf Patentertheilung.« Ob die einzuführende Erfindung im Auslande patentirt ist oder nicht, kommt nicht in Betracht. Die Erfindung er- langt weder durch die Patentirung im Auslande ein Anrecht

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum02_1869
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum02_1869/93
Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 2. Berlin, 1869, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum02_1869/93>, abgerufen am 24.11.2024.