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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 2. Berlin, 1869.

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I Vorbegriffe. §. 5. Neuheit der Erfindung (Fortsetzung).
Erfindung aus fremden Quellen geschöpft habe. Selbst eine
Untersuchung über die Priorität der Erfindung, wenn sie auf
die rein innere Thatsache des Erfindens gerichtet würde, müsste
in den meisten Fällen ohne Ergebniss bleiben.

Das Patentrecht sieht daher von dieser subjectiven Auf-
fassung der Bedingungen des Urheberrechtes ab und formulirt
dieselben rein objectiv dahin, dass die Erfindung zur Zeit des
Patentgesuches noch nicht im Gebrauche befindlich und noch
nicht bekannt gemacht sein darf. Hierdurch ist die Bedingung
der Originalität an sich keinesweges verneint. Im Gegentheile
bestimmen die Patentgesetze von Grossbritannien, der Verei-
nigten Staaten und von Preussen ausdrücklich, dass nur der
wirkliche erste Erfinder zum Patentschutze berechtigt ist1).

Allein dieselben Gesetzgebungen erleichtern die Beweis-
führung des Urheberrechtes dadurch, dass derjenige, welcher
eine neue Erfindung zuerst zur Patentirung anmeldet, bevor
dieselbe von Andern gebraucht und veröffentlicht war, als der
erste Erfinder angesehen wird, während dem früheren oder
gleichzeitigen Erfinder, welcher die rechtzeitige Anmeldung
versäumte, nur das Recht offen gelassen ist, das zu seinem
Nachtheile ertheilte Patent wegen Betruges anzufechten2) oder
doch für seine Person das unbeschränkte Recht der Ausübung
seiner Erfindung in Anspruch zu nehmen3).

Nur in den Ländern des reinen Anmeldungssystemes, wie
in Frankreich, bleibt die Bedingung der Originalität der Er-
findung ganz unberücksichtigt, so dass die Gültigkeit des Pa-
tentes lediglich nach der Priorität der Anmeldung beurtheilt
wird und der wirkliche Erfinder, welchem sein Geheimniss ent-
fremdet ist, gegen den betrüglichen Patentinhaber nur eine
persönliche Klage auf Entschädigung hat, ohne dass er die
Gültigkeit des erlangten Patentes anfechten kann4).

1) Engl. Statut v. 1623 (21. James I. cap. 3) sect. 6: "to the true
and first inventor." -- Nordamer. Statut v. 4. Juli 1836 sect. 6: "the
original and first inventor." -- Preuss. Publicandum v. 14. October 1815
"einer neuen selbst erfundenen Sache."
2) Engl. Statut v. 11. April 1851 (5 & 6 Victoria cap. 83) sect. 10.
3) Preuss. Publicandum v. 1. October 1815 §. 8.
4) Vergl. Renouard, Traite des brevets d'invention p. 312 f. --
Oesterreich. Gesetz v. 15. August 1852 §. 13. -- Belg. Gesetz v. 24.

I Vorbegriffe. §. 5. Neuheit der Erfindung (Fortsetzung).
Erfindung aus fremden Quellen geschöpft habe. Selbst eine
Untersuchung über die Priorität der Erfindung, wenn sie auf
die rein innere Thatsache des Erfindens gerichtet würde, müsste
in den meisten Fällen ohne Ergebniss bleiben.

Das Patentrecht sieht daher von dieser subjectiven Auf-
fassung der Bedingungen des Urheberrechtes ab und formulirt
dieselben rein objectiv dahin, dass die Erfindung zur Zeit des
Patentgesuches noch nicht im Gebrauche befindlich und noch
nicht bekannt gemacht sein darf. Hierdurch ist die Bedingung
der Originalität an sich keinesweges verneint. Im Gegentheile
bestimmen die Patentgesetze von Grossbritannien, der Verei-
nigten Staaten und von Preussen ausdrücklich, dass nur der
wirkliche erste Erfinder zum Patentschutze berechtigt ist1).

Allein dieselben Gesetzgebungen erleichtern die Beweis-
führung des Urheberrechtes dadurch, dass derjenige, welcher
eine neue Erfindung zuerst zur Patentirung anmeldet, bevor
dieselbe von Andern gebraucht und veröffentlicht war, als der
erste Erfinder angesehen wird, während dem früheren oder
gleichzeitigen Erfinder, welcher die rechtzeitige Anmeldung
versäumte, nur das Recht offen gelassen ist, das zu seinem
Nachtheile ertheilte Patent wegen Betruges anzufechten2) oder
doch für seine Person das unbeschränkte Recht der Ausübung
seiner Erfindung in Anspruch zu nehmen3).

Nur in den Ländern des reinen Anmeldungssystemes, wie
in Frankreich, bleibt die Bedingung der Originalität der Er-
findung ganz unberücksichtigt, so dass die Gültigkeit des Pa-
tentes lediglich nach der Priorität der Anmeldung beurtheilt
wird und der wirkliche Erfinder, welchem sein Geheimniss ent-
fremdet ist, gegen den betrüglichen Patentinhaber nur eine
persönliche Klage auf Entschädigung hat, ohne dass er die
Gültigkeit des erlangten Patentes anfechten kann4).

1) Engl. Statut v. 1623 (21. James I. cap. 3) sect. 6: »to the true
and first inventor.« — Nordamer. Statut v. 4. Juli 1836 sect. 6: »the
original and first inventor.« — Preuss. Publicandum v. 14. October 1815
»einer neuen selbst erfundenen Sache.«
2) Engl. Statut v. 11. April 1851 (5 & 6 Victoria cap. 83) sect. 10.
3) Preuss. Publicandum v. 1. October 1815 §. 8.
4) Vergl. Renouard, Traité des brevets d’invention p. 312 f. —
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[44/0071] I Vorbegriffe. §. 5. Neuheit der Erfindung (Fortsetzung). Erfindung aus fremden Quellen geschöpft habe. Selbst eine Untersuchung über die Priorität der Erfindung, wenn sie auf die rein innere Thatsache des Erfindens gerichtet würde, müsste in den meisten Fällen ohne Ergebniss bleiben. Das Patentrecht sieht daher von dieser subjectiven Auf- fassung der Bedingungen des Urheberrechtes ab und formulirt dieselben rein objectiv dahin, dass die Erfindung zur Zeit des Patentgesuches noch nicht im Gebrauche befindlich und noch nicht bekannt gemacht sein darf. Hierdurch ist die Bedingung der Originalität an sich keinesweges verneint. Im Gegentheile bestimmen die Patentgesetze von Grossbritannien, der Verei- nigten Staaten und von Preussen ausdrücklich, dass nur der wirkliche erste Erfinder zum Patentschutze berechtigt ist 1). Allein dieselben Gesetzgebungen erleichtern die Beweis- führung des Urheberrechtes dadurch, dass derjenige, welcher eine neue Erfindung zuerst zur Patentirung anmeldet, bevor dieselbe von Andern gebraucht und veröffentlicht war, als der erste Erfinder angesehen wird, während dem früheren oder gleichzeitigen Erfinder, welcher die rechtzeitige Anmeldung versäumte, nur das Recht offen gelassen ist, das zu seinem Nachtheile ertheilte Patent wegen Betruges anzufechten 2) oder doch für seine Person das unbeschränkte Recht der Ausübung seiner Erfindung in Anspruch zu nehmen 3). Nur in den Ländern des reinen Anmeldungssystemes, wie in Frankreich, bleibt die Bedingung der Originalität der Er- findung ganz unberücksichtigt, so dass die Gültigkeit des Pa- tentes lediglich nach der Priorität der Anmeldung beurtheilt wird und der wirkliche Erfinder, welchem sein Geheimniss ent- fremdet ist, gegen den betrüglichen Patentinhaber nur eine persönliche Klage auf Entschädigung hat, ohne dass er die Gültigkeit des erlangten Patentes anfechten kann 4). 1) Engl. Statut v. 1623 (21. James I. cap. 3) sect. 6: »to the true and first inventor.« — Nordamer. Statut v. 4. Juli 1836 sect. 6: »the original and first inventor.« — Preuss. Publicandum v. 14. October 1815 »einer neuen selbst erfundenen Sache.« 2) Engl. Statut v. 11. April 1851 (5 & 6 Victoria cap. 83) sect. 10. 3) Preuss. Publicandum v. 1. October 1815 §. 8. 4) Vergl. Renouard, Traité des brevets d’invention p. 312 f. — Oesterreich. Gesetz v. 15. August 1852 §. 13. — Belg. Gesetz v. 24.

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Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 2. Berlin, 1869, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum02_1869/71>, abgerufen am 25.11.2024.