Der gelehrte englische Jurist hätte hinzusetzen können, dass dagegen eine Veränderung des Materiales, insofern sie einen neuen materiellen Gebrauch bedingt, allerdings als eine patentfähige Erfindung gilt, und dass z. B. die Erfindungen des Porzellans und des Neusilbers, welche gestatteten, die sil- bernen Geschirre durch ein bei weitem wohlfeileres Material zu ersetzen, unter den Erfindungen vom ersten Range zählen.
Diese Feststellung des Begriffes der Neuheit einer Erfin- dung enthält auch zugleich die Lösung der Frage, ob die Nütz- lichkeit der Erfindung Bedingung des Patentschutzes ist. Wird unter der Nützlichkeit der Erfindung das Erforderniss verstanden, dass der Gegenstand durch seine neuen Eigen- schaften oder Resultate dem materiellen Gebrauche diene, so muss die gestellte Frage bejaht werden. Begreift man da- gegen unter der Nützlichkeit der Erfindung die Rentabilität des zu patentirenden Gewerbes, so kann kein Zweifel darüber bestehen, dass der Patentschutz nicht durch den Nachweis derselben bedingt ist. Viele wichtige Erfindungen haben sich erst nach langjährigen Versuchen und nach Aufwendung eines beträchtlichen Kapitales bezahlt gemacht. Das Fultonsche Dampfschiff, die Ericsonsche calorische Maschine waren bei der ersten Ausführung durch die Erfinder geradezu unrentabel. Erst durch die allmälige Ausbildung der Betriebsmittel und der Betriebsmethode gelang es, die erste Erfindung zu einem Gewerbszweige von ungeheurer Ausdehnung und von reichem Ertrage, die andere zu der haushälterischen Triebkraft der kleinen Werkstätten zu gestalten. Manche Erfindungen von offenbar genialer Conception sind niemals rentabel geworden. Man darf nur an die atmosphärische Eisenbahn, an die Schiess- baumwolle, an die Gewinnung der Soda aus dem Chilisalpeter, endlich an die electromagnetische Kraftmaschine erinnern. Gleich- wohl bleibt auch hier die Möglichkeit offen, dass die eine oder die andere dieser Erfindungen durch eine verbesserte Betriebs- methode oder durch eine Veränderung in den Handelsconjunc- turen zu einem gewinnreichen Betriebszweige erhoben wird. Es ist deshalb nicht zulässig, einer Erfindung den Patentschutz deshalb zu versagen, weil sie zur Zeit noch keinen Gewinn ab- wirft. Dagegen muss die Patentfähigkeit allen solchen Erzeug- nissen versagt werden, welche nicht einer neuen materiellen
Nützlichkeit der Erfindung.
Der gelehrte englische Jurist hätte hinzusetzen können, dass dagegen eine Veränderung des Materiales, insofern sie einen neuen materiellen Gebrauch bedingt, allerdings als eine patentfähige Erfindung gilt, und dass z. B. die Erfindungen des Porzellans und des Neusilbers, welche gestatteten, die sil- bernen Geschirre durch ein bei weitem wohlfeileres Material zu ersetzen, unter den Erfindungen vom ersten Range zählen.
Diese Feststellung des Begriffes der Neuheit einer Erfin- dung enthält auch zugleich die Lösung der Frage, ob die Nütz- lichkeit der Erfindung Bedingung des Patentschutzes ist. Wird unter der Nützlichkeit der Erfindung das Erforderniss verstanden, dass der Gegenstand durch seine neuen Eigen- schaften oder Resultate dem materiellen Gebrauche diene, so muss die gestellte Frage bejaht werden. Begreift man da- gegen unter der Nützlichkeit der Erfindung die Rentabilität des zu patentirenden Gewerbes, so kann kein Zweifel darüber bestehen, dass der Patentschutz nicht durch den Nachweis derselben bedingt ist. Viele wichtige Erfindungen haben sich erst nach langjährigen Versuchen und nach Aufwendung eines beträchtlichen Kapitales bezahlt gemacht. Das Fultonsche Dampfschiff, die Ericsonsche calorische Maschine waren bei der ersten Ausführung durch die Erfinder geradezu unrentabel. Erst durch die allmälige Ausbildung der Betriebsmittel und der Betriebsmethode gelang es, die erste Erfindung zu einem Gewerbszweige von ungeheurer Ausdehnung und von reichem Ertrage, die andere zu der haushälterischen Triebkraft der kleinen Werkstätten zu gestalten. Manche Erfindungen von offenbar genialer Conception sind niemals rentabel geworden. Man darf nur an die atmosphärische Eisenbahn, an die Schiess- baumwolle, an die Gewinnung der Soda aus dem Chilisalpeter, endlich an die electromagnetische Kraftmaschine erinnern. Gleich- wohl bleibt auch hier die Möglichkeit offen, dass die eine oder die andere dieser Erfindungen durch eine verbesserte Betriebs- methode oder durch eine Veränderung in den Handelsconjunc- turen zu einem gewinnreichen Betriebszweige erhoben wird. Es ist deshalb nicht zulässig, einer Erfindung den Patentschutz deshalb zu versagen, weil sie zur Zeit noch keinen Gewinn ab- wirft. Dagegen muss die Patentfähigkeit allen solchen Erzeug- nissen versagt werden, welche nicht einer neuen materiellen
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0068"n="41"/><fwplace="top"type="header">Nützlichkeit der Erfindung.</fw><lb/><p>Der gelehrte englische Jurist hätte hinzusetzen können,<lb/>
dass dagegen eine Veränderung des Materiales, insofern sie<lb/>
einen neuen materiellen Gebrauch bedingt, allerdings als eine<lb/>
patentfähige Erfindung gilt, und dass z. B. die Erfindungen<lb/>
des Porzellans und des Neusilbers, welche gestatteten, die sil-<lb/>
bernen Geschirre durch ein bei weitem wohlfeileres Material<lb/>
zu ersetzen, unter den Erfindungen vom ersten Range zählen.</p><lb/><p>Diese Feststellung des Begriffes der Neuheit einer Erfin-<lb/>
dung enthält auch zugleich die Lösung der Frage, ob die <hirendition="#g">Nütz-<lb/>
lichkeit</hi> der Erfindung Bedingung des Patentschutzes ist.<lb/>
Wird unter der Nützlichkeit der Erfindung das Erforderniss<lb/>
verstanden, dass der Gegenstand durch seine neuen Eigen-<lb/>
schaften oder Resultate dem materiellen Gebrauche diene, so<lb/>
muss die gestellte Frage bejaht werden. Begreift man da-<lb/>
gegen unter der Nützlichkeit der Erfindung die Rentabilität<lb/>
des zu patentirenden Gewerbes, so kann kein Zweifel darüber<lb/>
bestehen, dass der Patentschutz nicht durch den Nachweis<lb/>
derselben bedingt ist. Viele wichtige Erfindungen haben sich<lb/>
erst nach langjährigen Versuchen und nach Aufwendung eines<lb/>
beträchtlichen Kapitales bezahlt gemacht. Das Fultonsche<lb/>
Dampfschiff, die Ericsonsche calorische Maschine waren bei der<lb/>
ersten Ausführung durch die Erfinder geradezu unrentabel.<lb/>
Erst durch die allmälige Ausbildung der Betriebsmittel und<lb/>
der Betriebsmethode gelang es, die erste Erfindung zu einem<lb/>
Gewerbszweige von ungeheurer Ausdehnung und von reichem<lb/>
Ertrage, die andere zu der haushälterischen Triebkraft der<lb/>
kleinen Werkstätten zu gestalten. Manche Erfindungen von<lb/>
offenbar genialer Conception sind niemals rentabel geworden.<lb/>
Man darf nur an die atmosphärische Eisenbahn, an die Schiess-<lb/>
baumwolle, an die Gewinnung der Soda aus dem Chilisalpeter,<lb/>
endlich an die electromagnetische Kraftmaschine erinnern. Gleich-<lb/>
wohl bleibt auch hier die Möglichkeit offen, dass die eine oder<lb/>
die andere dieser Erfindungen durch eine verbesserte Betriebs-<lb/>
methode oder durch eine Veränderung in den Handelsconjunc-<lb/>
turen zu einem gewinnreichen Betriebszweige erhoben wird. Es<lb/>
ist deshalb nicht zulässig, einer Erfindung den Patentschutz<lb/>
deshalb zu versagen, weil sie zur Zeit noch keinen Gewinn ab-<lb/>
wirft. Dagegen muss die Patentfähigkeit allen solchen Erzeug-<lb/>
nissen versagt werden, welche nicht einer neuen materiellen<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[41/0068]
Nützlichkeit der Erfindung.
Der gelehrte englische Jurist hätte hinzusetzen können,
dass dagegen eine Veränderung des Materiales, insofern sie
einen neuen materiellen Gebrauch bedingt, allerdings als eine
patentfähige Erfindung gilt, und dass z. B. die Erfindungen
des Porzellans und des Neusilbers, welche gestatteten, die sil-
bernen Geschirre durch ein bei weitem wohlfeileres Material
zu ersetzen, unter den Erfindungen vom ersten Range zählen.
Diese Feststellung des Begriffes der Neuheit einer Erfin-
dung enthält auch zugleich die Lösung der Frage, ob die Nütz-
lichkeit der Erfindung Bedingung des Patentschutzes ist.
Wird unter der Nützlichkeit der Erfindung das Erforderniss
verstanden, dass der Gegenstand durch seine neuen Eigen-
schaften oder Resultate dem materiellen Gebrauche diene, so
muss die gestellte Frage bejaht werden. Begreift man da-
gegen unter der Nützlichkeit der Erfindung die Rentabilität
des zu patentirenden Gewerbes, so kann kein Zweifel darüber
bestehen, dass der Patentschutz nicht durch den Nachweis
derselben bedingt ist. Viele wichtige Erfindungen haben sich
erst nach langjährigen Versuchen und nach Aufwendung eines
beträchtlichen Kapitales bezahlt gemacht. Das Fultonsche
Dampfschiff, die Ericsonsche calorische Maschine waren bei der
ersten Ausführung durch die Erfinder geradezu unrentabel.
Erst durch die allmälige Ausbildung der Betriebsmittel und
der Betriebsmethode gelang es, die erste Erfindung zu einem
Gewerbszweige von ungeheurer Ausdehnung und von reichem
Ertrage, die andere zu der haushälterischen Triebkraft der
kleinen Werkstätten zu gestalten. Manche Erfindungen von
offenbar genialer Conception sind niemals rentabel geworden.
Man darf nur an die atmosphärische Eisenbahn, an die Schiess-
baumwolle, an die Gewinnung der Soda aus dem Chilisalpeter,
endlich an die electromagnetische Kraftmaschine erinnern. Gleich-
wohl bleibt auch hier die Möglichkeit offen, dass die eine oder
die andere dieser Erfindungen durch eine verbesserte Betriebs-
methode oder durch eine Veränderung in den Handelsconjunc-
turen zu einem gewinnreichen Betriebszweige erhoben wird. Es
ist deshalb nicht zulässig, einer Erfindung den Patentschutz
deshalb zu versagen, weil sie zur Zeit noch keinen Gewinn ab-
wirft. Dagegen muss die Patentfähigkeit allen solchen Erzeug-
nissen versagt werden, welche nicht einer neuen materiellen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 2. Berlin, 1869, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum02_1869/68>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.