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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 2. Berlin, 1869.

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XIII. Waarenbezeichnungen. §. 57. Frankreich.

Durch das Decret über die Errichtung von Gewerberäthen
vom 11. Juni 1809 wurden dann weitere Bestimmungen über
die Wahl und die Hinterlegung der Fabrikzeichen getroffen
und die Gewerberäthe mit der Ueberwachung der Eintragun-
gen sowie mit der schiedsrichterlichen Entscheidung der Strei-
tigkeiten über das Recht zur Benutzung bestimmter Zeichen
beauftragt. Als Strafen der Nachbildung oder der unbefugten
Benutzung fremder Waarenzeichen wurden durch Art. 142. 143
des Code penal das Zuchthaus und der Pranger verhängt.

Besondere Verordnungen ergingen in der Kaiserzeit zum
Schutze der Zeichen von Kurz- und Messerschmiedewaaren
vom 5. September 1810, und über die Bezeichnung der aus
Olivenöl, Rüböl oder Talg fabrizirten Seifen vom 1. April und
18. September 1811, endlich zum Schutze der auf den Sal-
bändern der Tuche angebrachten Fabrikzeichen vom 22. De-
zember 1812. Ein Gesetz vom 28. Juli 1824 ergänzte alle
diese früheren Gesetze durch die Bestimmung, dass auch der
Zwischenhändler die Waarenzeichen der von ihm debitirten
Waaren nicht verändern und nicht durch die Bezeichnung
eines andern Fabrikanten oder Fabrikortes ersetzen darf.

Ein Versuch zur Reform der Gesetzgebung über die
Waarenbezeichnungen, welcher im Jahre 1847 gemacht wurde,
führte nicht zum Ziele, da der der Pairskammer vorgelegte
Entwurf nicht zur Berathung gelangte und dann durch die Fe-
bruarrevolution mit der Pairskammer beseitigt wurde.

Erst zehn Jahre später gelangte die beabsichtigte Reform
zur Ausführung durch das Gesetz vom 23. Juni 1857, welches
den Grundsatz der Hinterlegung der Marken beibehält, und
zwar nicht wie die frühere Gesetzgebung als blosse Bedingung
der gerichtlichen Verfolgung etwaiger Nachbildungen, sondern
als Bedingung des ausschliesslichen Rechtes der Benutzung
und folglich als Norm für die Priorität der Erwerbung eines
bestimmten Waarenzeichens.

Eine Verpflichtung zur Führung eines hinterlegten Waa-
renzeichens besteht nicht, doch kann dieselbe durch besondre
Verordnungen für einzelne Waarengattungen ausnahmsweise
vorgeschrieben werden.

Zu geschützten Waarenzeichen können gewählt werden:
die Namenszüge in lesbarer Form, Sinnbilder, Wappen, Stempel,
Siegel, Vignetten, Reliefs, Buchstaben, sowie alle andern Zeichen,

XIII. Waarenbezeichnungen. §. 57. Frankreich.

Durch das Decret über die Errichtung von Gewerberäthen
vom 11. Juni 1809 wurden dann weitere Bestimmungen über
die Wahl und die Hinterlegung der Fabrikzeichen getroffen
und die Gewerberäthe mit der Ueberwachung der Eintragun-
gen sowie mit der schiedsrichterlichen Entscheidung der Strei-
tigkeiten über das Recht zur Benutzung bestimmter Zeichen
beauftragt. Als Strafen der Nachbildung oder der unbefugten
Benutzung fremder Waarenzeichen wurden durch Art. 142. 143
des Code pénal das Zuchthaus und der Pranger verhängt.

Besondere Verordnungen ergingen in der Kaiserzeit zum
Schutze der Zeichen von Kurz- und Messerschmiedewaaren
vom 5. September 1810, und über die Bezeichnung der aus
Olivenöl, Rüböl oder Talg fabrizirten Seifen vom 1. April und
18. September 1811, endlich zum Schutze der auf den Sal-
bändern der Tuche angebrachten Fabrikzeichen vom 22. De-
zember 1812. Ein Gesetz vom 28. Juli 1824 ergänzte alle
diese früheren Gesetze durch die Bestimmung, dass auch der
Zwischenhändler die Waarenzeichen der von ihm debitirten
Waaren nicht verändern und nicht durch die Bezeichnung
eines andern Fabrikanten oder Fabrikortes ersetzen darf.

Ein Versuch zur Reform der Gesetzgebung über die
Waarenbezeichnungen, welcher im Jahre 1847 gemacht wurde,
führte nicht zum Ziele, da der der Pairskammer vorgelegte
Entwurf nicht zur Berathung gelangte und dann durch die Fe-
bruarrevolution mit der Pairskammer beseitigt wurde.

Erst zehn Jahre später gelangte die beabsichtigte Reform
zur Ausführung durch das Gesetz vom 23. Juni 1857, welches
den Grundsatz der Hinterlegung der Marken beibehält, und
zwar nicht wie die frühere Gesetzgebung als blosse Bedingung
der gerichtlichen Verfolgung etwaiger Nachbildungen, sondern
als Bedingung des ausschliesslichen Rechtes der Benutzung
und folglich als Norm für die Priorität der Erwerbung eines
bestimmten Waarenzeichens.

Eine Verpflichtung zur Führung eines hinterlegten Waa-
renzeichens besteht nicht, doch kann dieselbe durch besondre
Verordnungen für einzelne Waarengattungen ausnahmsweise
vorgeschrieben werden.

Zu geschützten Waarenzeichen können gewählt werden:
die Namenszüge in lesbarer Form, Sinnbilder, Wappen, Stempel,
Siegel, Vignetten, Reliefs, Buchstaben, sowie alle andern Zeichen,

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[406/0433] XIII. Waarenbezeichnungen. §. 57. Frankreich. Durch das Decret über die Errichtung von Gewerberäthen vom 11. Juni 1809 wurden dann weitere Bestimmungen über die Wahl und die Hinterlegung der Fabrikzeichen getroffen und die Gewerberäthe mit der Ueberwachung der Eintragun- gen sowie mit der schiedsrichterlichen Entscheidung der Strei- tigkeiten über das Recht zur Benutzung bestimmter Zeichen beauftragt. Als Strafen der Nachbildung oder der unbefugten Benutzung fremder Waarenzeichen wurden durch Art. 142. 143 des Code pénal das Zuchthaus und der Pranger verhängt. Besondere Verordnungen ergingen in der Kaiserzeit zum Schutze der Zeichen von Kurz- und Messerschmiedewaaren vom 5. September 1810, und über die Bezeichnung der aus Olivenöl, Rüböl oder Talg fabrizirten Seifen vom 1. April und 18. September 1811, endlich zum Schutze der auf den Sal- bändern der Tuche angebrachten Fabrikzeichen vom 22. De- zember 1812. Ein Gesetz vom 28. Juli 1824 ergänzte alle diese früheren Gesetze durch die Bestimmung, dass auch der Zwischenhändler die Waarenzeichen der von ihm debitirten Waaren nicht verändern und nicht durch die Bezeichnung eines andern Fabrikanten oder Fabrikortes ersetzen darf. Ein Versuch zur Reform der Gesetzgebung über die Waarenbezeichnungen, welcher im Jahre 1847 gemacht wurde, führte nicht zum Ziele, da der der Pairskammer vorgelegte Entwurf nicht zur Berathung gelangte und dann durch die Fe- bruarrevolution mit der Pairskammer beseitigt wurde. Erst zehn Jahre später gelangte die beabsichtigte Reform zur Ausführung durch das Gesetz vom 23. Juni 1857, welches den Grundsatz der Hinterlegung der Marken beibehält, und zwar nicht wie die frühere Gesetzgebung als blosse Bedingung der gerichtlichen Verfolgung etwaiger Nachbildungen, sondern als Bedingung des ausschliesslichen Rechtes der Benutzung und folglich als Norm für die Priorität der Erwerbung eines bestimmten Waarenzeichens. Eine Verpflichtung zur Führung eines hinterlegten Waa- renzeichens besteht nicht, doch kann dieselbe durch besondre Verordnungen für einzelne Waarengattungen ausnahmsweise vorgeschrieben werden. Zu geschützten Waarenzeichen können gewählt werden: die Namenszüge in lesbarer Form, Sinnbilder, Wappen, Stempel, Siegel, Vignetten, Reliefs, Buchstaben, sowie alle andern Zeichen,

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Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 2. Berlin, 1869, S. 406. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum02_1869/433>, abgerufen am 26.11.2024.