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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 2. Berlin, 1869.

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XII. Muster- u. Formenschutz. §. 50. Frankreich u. Rheinpreussen.
seiner Ansprüche verlustig, wenn die nach dem neuen Muster
verfertigten Stoffe in den Handel kamen, ehe die Förmlichkeit
der Hinterlegung erfüllt war. Die Nachahmung des geschützten
Musters in andern Gewerbszweigen, z. B. in der Tapetenfabri-
kation, war nicht untersagt, dagegen durfte eine solche Repro-
duction nicht wieder in einem Gewebe nachgeahmt werden,
vielmehr waren nach Art. 8 die Fabrikanten angewiesen, sich
bei etwaiger Nachahmung von Tapetenmustern zu überzeugen,
ob dieselben etwa bereits früher in Geweben ausgeführt waren1).

1) Der Staatsrathsbeschluss von 1787 war eine mittelbare Folge
des Edictes von 1779, welches die Fabrikreglements thatsächlich ausser
Kraft setzte und den Fabrikanten gestattete, bei der Fabrikation von
Geweben nach ihrer Wahl beliebige Zusammenstellungen und Dimen-
sionen zur Anwendung zu bringen, anstatt der bisher durch die Regle-
ments vorgeschriebenen Muster. Er sollte der unter dem Zwange der
Reglements gross gewordenen Industrie in einer andern Form den
Schutz gegen Nachahmung gewähren, welchen man nicht entbehren
zu können glaubte (vergl. Bd. I S. 65. Bd. II S. 293). Die Wiederher-
stellung eines solchen Schutzes gegen die Nachbildung der Muster war
in zahlreichen Bittschriften der Fabrikanten nachgesucht worden. Es
heisst hierüber im Eingange des Beschlusses:
"Nachdem der König in seinem Staatsrathe sich die Bittschriften
und Denkschriften der Corporationen und Innungen der Fabrikanten
von Tours und Lyon in Betreff der ihrem Eigonthumsrechte und dem
allgemeinen Interesse der Manufakturen durch das Copiren und die
Nachbildung der Muster zugefügten Beeinträchtigungen hat vorlegen
lassen, hat Seine Majestät anerkannt, dass die Ueberlegenheit, welche
die Seidenmanufakturen seines Reiches erlangt haben, vorzugsweise
der Erfindung, der Genauigkeit und dem guten Geschmacke der Muster
zu verdanken ist; dass der Wetteifer, welcher die Fabrikanten und
Zeichner beseelt, erlöschen würde, wenn sie nicht gewiss wären, die
Früchte ihrer Arbeit zu ernten; dass diese Gewissheit, welche in Ueber-
einstimmung mit den Eigenthumsrechten steht, bis jetzt diese Art von
Fabrikation erhalten und ihr in den fremden Ländern den Vorzug er-
worben hat. Seine Majestät hat demzufolge nothwendig erachtet, um
derselben alle ihre Vorzüge zu erhalten, die in den Jahren 1739 und
1744 für die Seidenmanufakturen von Lyon in Betreff des Copirens
und der Nachbildung der Muster erlassenen Verordnungen auf die
anderen Seidenmanufakturen seines Reiches auszudehnen und, indem
Sie den wahren Erfindern Gelegenheit gibt. ihr Eigenthumsrecht für
die Zukunft auf eine sichere und unveränderliche Art zu constatiren,
mehr und mehr das Talent durch ein in seiner Dauer den Kosten
und dem Verdienste der Erfindung angemessenes Nutzungsrecht an-
zuspornen."

XII. Muster- u. Formenschutz. §. 50. Frankreich u. Rheinpreussen.
seiner Ansprüche verlustig, wenn die nach dem neuen Muster
verfertigten Stoffe in den Handel kamen, ehe die Förmlichkeit
der Hinterlegung erfüllt war. Die Nachahmung des geschützten
Musters in andern Gewerbszweigen, z. B. in der Tapetenfabri-
kation, war nicht untersagt, dagegen durfte eine solche Repro-
duction nicht wieder in einem Gewebe nachgeahmt werden,
vielmehr waren nach Art. 8 die Fabrikanten angewiesen, sich
bei etwaiger Nachahmung von Tapetenmustern zu überzeugen,
ob dieselben etwa bereits früher in Geweben ausgeführt waren1).

1) Der Staatsrathsbeschluss von 1787 war eine mittelbare Folge
des Edictes von 1779, welches die Fabrikreglements thatsächlich ausser
Kraft setzte und den Fabrikanten gestattete, bei der Fabrikation von
Geweben nach ihrer Wahl beliebige Zusammenstellungen und Dimen-
sionen zur Anwendung zu bringen, anstatt der bisher durch die Regle-
ments vorgeschriebenen Muster. Er sollte der unter dem Zwange der
Reglements gross gewordenen Industrie in einer andern Form den
Schutz gegen Nachahmung gewähren, welchen man nicht entbehren
zu können glaubte (vergl. Bd. I S. 65. Bd. II S. 293). Die Wiederher-
stellung eines solchen Schutzes gegen die Nachbildung der Muster war
in zahlreichen Bittschriften der Fabrikanten nachgesucht worden. Es
heisst hierüber im Eingange des Beschlusses:
»Nachdem der König in seinem Staatsrathe sich die Bittschriften
und Denkschriften der Corporationen und Innungen der Fabrikanten
von Tours und Lyon in Betreff der ihrem Eigonthumsrechte und dem
allgemeinen Interesse der Manufakturen durch das Copiren und die
Nachbildung der Muster zugefügten Beeinträchtigungen hat vorlegen
lassen, hat Seine Majestät anerkannt, dass die Ueberlegenheit, welche
die Seidenmanufakturen seines Reiches erlangt haben, vorzugsweise
der Erfindung, der Genauigkeit und dem guten Geschmacke der Muster
zu verdanken ist; dass der Wetteifer, welcher die Fabrikanten und
Zeichner beseelt, erlöschen würde, wenn sie nicht gewiss wären, die
Früchte ihrer Arbeit zu ernten; dass diese Gewissheit, welche in Ueber-
einstimmung mit den Eigenthumsrechten steht, bis jetzt diese Art von
Fabrikation erhalten und ihr in den fremden Ländern den Vorzug er-
worben hat. Seine Majestät hat demzufolge nothwendig erachtet, um
derselben alle ihre Vorzüge zu erhalten, die in den Jahren 1739 und
1744 für die Seidenmanufakturen von Lyon in Betreff des Copirens
und der Nachbildung der Muster erlassenen Verordnungen auf die
anderen Seidenmanufakturen seines Reiches auszudehnen und, indem
Sie den wahren Erfindern Gelegenheit gibt. ihr Eigenthumsrecht für
die Zukunft auf eine sichere und unveränderliche Art zu constatiren,
mehr und mehr das Talent durch ein in seiner Dauer den Kosten
und dem Verdienste der Erfindung angemessenes Nutzungsrecht an-
zuspornen.«
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[358/0385] XII. Muster- u. Formenschutz. §. 50. Frankreich u. Rheinpreussen. seiner Ansprüche verlustig, wenn die nach dem neuen Muster verfertigten Stoffe in den Handel kamen, ehe die Förmlichkeit der Hinterlegung erfüllt war. Die Nachahmung des geschützten Musters in andern Gewerbszweigen, z. B. in der Tapetenfabri- kation, war nicht untersagt, dagegen durfte eine solche Repro- duction nicht wieder in einem Gewebe nachgeahmt werden, vielmehr waren nach Art. 8 die Fabrikanten angewiesen, sich bei etwaiger Nachahmung von Tapetenmustern zu überzeugen, ob dieselben etwa bereits früher in Geweben ausgeführt waren 1). 1) Der Staatsrathsbeschluss von 1787 war eine mittelbare Folge des Edictes von 1779, welches die Fabrikreglements thatsächlich ausser Kraft setzte und den Fabrikanten gestattete, bei der Fabrikation von Geweben nach ihrer Wahl beliebige Zusammenstellungen und Dimen- sionen zur Anwendung zu bringen, anstatt der bisher durch die Regle- ments vorgeschriebenen Muster. Er sollte der unter dem Zwange der Reglements gross gewordenen Industrie in einer andern Form den Schutz gegen Nachahmung gewähren, welchen man nicht entbehren zu können glaubte (vergl. Bd. I S. 65. Bd. II S. 293). Die Wiederher- stellung eines solchen Schutzes gegen die Nachbildung der Muster war in zahlreichen Bittschriften der Fabrikanten nachgesucht worden. Es heisst hierüber im Eingange des Beschlusses: »Nachdem der König in seinem Staatsrathe sich die Bittschriften und Denkschriften der Corporationen und Innungen der Fabrikanten von Tours und Lyon in Betreff der ihrem Eigonthumsrechte und dem allgemeinen Interesse der Manufakturen durch das Copiren und die Nachbildung der Muster zugefügten Beeinträchtigungen hat vorlegen lassen, hat Seine Majestät anerkannt, dass die Ueberlegenheit, welche die Seidenmanufakturen seines Reiches erlangt haben, vorzugsweise der Erfindung, der Genauigkeit und dem guten Geschmacke der Muster zu verdanken ist; dass der Wetteifer, welcher die Fabrikanten und Zeichner beseelt, erlöschen würde, wenn sie nicht gewiss wären, die Früchte ihrer Arbeit zu ernten; dass diese Gewissheit, welche in Ueber- einstimmung mit den Eigenthumsrechten steht, bis jetzt diese Art von Fabrikation erhalten und ihr in den fremden Ländern den Vorzug er- worben hat. Seine Majestät hat demzufolge nothwendig erachtet, um derselben alle ihre Vorzüge zu erhalten, die in den Jahren 1739 und 1744 für die Seidenmanufakturen von Lyon in Betreff des Copirens und der Nachbildung der Muster erlassenen Verordnungen auf die anderen Seidenmanufakturen seines Reiches auszudehnen und, indem Sie den wahren Erfindern Gelegenheit gibt. ihr Eigenthumsrecht für die Zukunft auf eine sichere und unveränderliche Art zu constatiren, mehr und mehr das Talent durch ein in seiner Dauer den Kosten und dem Verdienste der Erfindung angemessenes Nutzungsrecht an- zuspornen.«

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Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 2. Berlin, 1869, S. 358. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum02_1869/385>, abgerufen am 17.05.2024.