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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 2. Berlin, 1869.

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IV. Verfolgung der Rechte. §. 18. Thatbestand der Verletzung.
Handels-Minister Beschwerde und dieser ordnete durch den
Recursbescheid vom 13. Juni 1864 die Einleitung der Unter-
suchung aus folgenden Gründen an:

"Nach Lage der Sache ist dem Antrage auf Abweisung
des Beschwerdeführers nicht statt zu geben. Denn abgesehen
davon, dass den Ausführungen, wonach unter der durch das
Patent gewährten Berechtigung zur ausschliesslichen Benutzung
des patentirten Gegenstandes nur eine Benutzung zu industriel-
len Zwecken zu verstehen sei, Bedenken entgegenstehen, so
stützt auch V. seine Beschwerde wesentlich darauf, dass das
von P. nachgebildete Modell ein vollkommen leistungsfähiges
Erzeugniss gewesen sei. Das Ergebniss der bisher in der Sache
gepflogenen Verhandlungen widerspricht dieser Behauptung
nicht und der Antrag des V. würde begründet erscheinen, wenn
selbst ohne Rücksicht auf die Grösse und die Beschaffenheit
des Modells dasselbe die Möglichkeit der Benutzung für den
Gebrauch darbietet. Hierzu kommt, dass nach der ferneren
Behauptung des V., P. auch durch den wiederholten Verkauf
von Modellen der patentirten Maschine nach dem Auslande
eines Eingriffs in das Patentrecht des Beschwerdeführers sich
schuldig gemacht haben soll."

Auch die unbefugte Benutzung zum eigenen Gebrauche
kann eine Beeinträchtigung des Patentinhabers enthalten (vergl.
Bd. I S. 375)1).

1) Ein Eingriff in das Patentrecht liegt dagegen nicht vor, wenn
die von dem Patentinhaber gelieferte patentirte Vorrichtung von dem
Besteller nach seinem Ermessen abgeändert wird, da dem Patentinhaber
kein Anspruch auf die Ausführung solcher Veränderungen zusteht. Dies
ergibt der folgende Rechtsfall:
Der Zimmermeister W. erhielt ein Patent auf eine Vorrichtung
zum gleichmässigen Aufziehen der Klappen an Zugbrücken und wurde
gegen den Magistrat der Stadt F. wegen Verletzung seines Patentrech-
tes durch eigenmächtige Abänderung eines von ihm gelieferten Auf-
zuges klagbar. Seine Beschwerde gegen die zurückweisende Verfügung
der Regierung wurde durch den Recursbescheid des Handels-Ministers
vom 26. November 1864 aus folgenden Gründen verworfen:
"Nach den angestellten Ermittelungen hat der Magistrat der
Stadt F. bei der nöthig gewordenen Erneuerung einzelner Theile
der Oderbrücke sich darauf beschra nkt, das Gewicht an dem von
Ihnen hergestellten Aufzug zur Verstärkung der Wippruthen zu ver-
mehren. Die Bestellung resp. Lieferung und Anbringung der für

IV. Verfolgung der Rechte. §. 18. Thatbestand der Verletzung.
Handels-Minister Beschwerde und dieser ordnete durch den
Recursbescheid vom 13. Juni 1864 die Einleitung der Unter-
suchung aus folgenden Gründen an:

»Nach Lage der Sache ist dem Antrage auf Abweisung
des Beschwerdeführers nicht statt zu geben. Denn abgesehen
davon, dass den Ausführungen, wonach unter der durch das
Patent gewährten Berechtigung zur ausschliesslichen Benutzung
des patentirten Gegenstandes nur eine Benutzung zu industriel-
len Zwecken zu verstehen sei, Bedenken entgegenstehen, so
stützt auch V. seine Beschwerde wesentlich darauf, dass das
von P. nachgebildete Modell ein vollkommen leistungsfähiges
Erzeugniss gewesen sei. Das Ergebniss der bisher in der Sache
gepflogenen Verhandlungen widerspricht dieser Behauptung
nicht und der Antrag des V. würde begründet erscheinen, wenn
selbst ohne Rücksicht auf die Grösse und die Beschaffenheit
des Modells dasselbe die Möglichkeit der Benutzung für den
Gebrauch darbietet. Hierzu kommt, dass nach der ferneren
Behauptung des V., P. auch durch den wiederholten Verkauf
von Modellen der patentirten Maschine nach dem Auslande
eines Eingriffs in das Patentrecht des Beschwerdeführers sich
schuldig gemacht haben soll.«

Auch die unbefugte Benutzung zum eigenen Gebrauche
kann eine Beeinträchtigung des Patentinhabers enthalten (vergl.
Bd. I S. 375)1).

1) Ein Eingriff in das Patentrecht liegt dagegen nicht vor, wenn
die von dem Patentinhaber gelieferte patentirte Vorrichtung von dem
Besteller nach seinem Ermessen abgeändert wird, da dem Patentinhaber
kein Anspruch auf die Ausführung solcher Veränderungen zusteht. Dies
ergibt der folgende Rechtsfall:
Der Zimmermeister W. erhielt ein Patent auf eine Vorrichtung
zum gleichmässigen Aufziehen der Klappen an Zugbrücken und wurde
gegen den Magistrat der Stadt F. wegen Verletzung seines Patentrech-
tes durch eigenmächtige Abänderung eines von ihm gelieferten Auf-
zuges klagbar. Seine Beschwerde gegen die zurückweisende Verfügung
der Regierung wurde durch den Recursbescheid des Handels-Ministers
vom 26. November 1864 aus folgenden Gründen verworfen:
»Nach den angestellten Ermittelungen hat der Magistrat der
Stadt F. bei der nöthig gewordenen Erneuerung einzelner Theile
der Oderbrücke sich darauf beschrǎ nkt, das Gewicht an dem von
Ihnen hergestellten Aufzug zur Verstärkung der Wippruthen zu ver-
mehren. Die Bestellung resp. Lieferung und Anbringung der für
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[170/0197] IV. Verfolgung der Rechte. §. 18. Thatbestand der Verletzung. Handels-Minister Beschwerde und dieser ordnete durch den Recursbescheid vom 13. Juni 1864 die Einleitung der Unter- suchung aus folgenden Gründen an: »Nach Lage der Sache ist dem Antrage auf Abweisung des Beschwerdeführers nicht statt zu geben. Denn abgesehen davon, dass den Ausführungen, wonach unter der durch das Patent gewährten Berechtigung zur ausschliesslichen Benutzung des patentirten Gegenstandes nur eine Benutzung zu industriel- len Zwecken zu verstehen sei, Bedenken entgegenstehen, so stützt auch V. seine Beschwerde wesentlich darauf, dass das von P. nachgebildete Modell ein vollkommen leistungsfähiges Erzeugniss gewesen sei. Das Ergebniss der bisher in der Sache gepflogenen Verhandlungen widerspricht dieser Behauptung nicht und der Antrag des V. würde begründet erscheinen, wenn selbst ohne Rücksicht auf die Grösse und die Beschaffenheit des Modells dasselbe die Möglichkeit der Benutzung für den Gebrauch darbietet. Hierzu kommt, dass nach der ferneren Behauptung des V., P. auch durch den wiederholten Verkauf von Modellen der patentirten Maschine nach dem Auslande eines Eingriffs in das Patentrecht des Beschwerdeführers sich schuldig gemacht haben soll.« Auch die unbefugte Benutzung zum eigenen Gebrauche kann eine Beeinträchtigung des Patentinhabers enthalten (vergl. Bd. I S. 375) 1). 1) Ein Eingriff in das Patentrecht liegt dagegen nicht vor, wenn die von dem Patentinhaber gelieferte patentirte Vorrichtung von dem Besteller nach seinem Ermessen abgeändert wird, da dem Patentinhaber kein Anspruch auf die Ausführung solcher Veränderungen zusteht. Dies ergibt der folgende Rechtsfall: Der Zimmermeister W. erhielt ein Patent auf eine Vorrichtung zum gleichmässigen Aufziehen der Klappen an Zugbrücken und wurde gegen den Magistrat der Stadt F. wegen Verletzung seines Patentrech- tes durch eigenmächtige Abänderung eines von ihm gelieferten Auf- zuges klagbar. Seine Beschwerde gegen die zurückweisende Verfügung der Regierung wurde durch den Recursbescheid des Handels-Ministers vom 26. November 1864 aus folgenden Gründen verworfen: »Nach den angestellten Ermittelungen hat der Magistrat der Stadt F. bei der nöthig gewordenen Erneuerung einzelner Theile der Oderbrücke sich darauf beschrǎ nkt, das Gewicht an dem von Ihnen hergestellten Aufzug zur Verstärkung der Wippruthen zu ver- mehren. Die Bestellung resp. Lieferung und Anbringung der für

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Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 2. Berlin, 1869, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum02_1869/197>, abgerufen am 02.05.2024.