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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 2. Berlin, 1869.

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I. Vorbegriffe. §. 8. Inhalt der Rechte des Patentinhabers.
wesentlich verschiedene Dinge bezeichnet werden. Während
in England, Preussen, Russland und Spanien die Einführungs-
patente demjenigen ertheilt werden, welcher eine fremde Er-
findung in das Inland eingeführt, also nach der Auffassung des
Gesetzgebers für das Inland gleichsam entdeckt hat, werden
in Frankreich, Belgien, Italien und Schweden die Einführungs-
patente dem ausländischen Erfinder ertheilt, jedoch ohne einen
Vorzug vor dem auf dieselbe Erfindung von einem Andern als
dem ausländischen Erfinder vorher gelösten Patente. In Nord-
amerika und Oesterreich endlich wird das Einführungspatent
nur dem ausländischen Patentinhaber ertheilt, so dass die von
Andern auf eine auswärts patentirte Erfindung gelösten Pa-
tente ungültig sind1).

Alle bisher angeführten Gesetzgebungen (mit Ausnahme
der Preussischen, Russischen und Spanischen Gesetze) stimmen
dagegen in dem Grundsatze überein, dass Erfindungen, welche
im Auslande bereits patentirt sind, im Inlande nur für die
Dauer des ausländischen Patentes, falls dieses vor der inlän-
dischen Schutzfrist abläuft, patentirt werden. Das Englische
Gesetz vom 1. Juli 1852 (15 & 16 Victoria c. 83) sect. 25 fügt
die Bestimmung hinzu, dass auch die Annullirung des auslän-
dischen Patentes vor Ablauf seiner Dauer sogleich das Erlö-
schen des inländischen Patentschutzes nach sich ziehen soll.

Der Grundsatz, dass die Dauer des Einführungspatentes
niemals die Dauer der ausländischen Schutzfrist übersteigen
soll, ist zuerst im Artikel 9 des Französischen Gesetzes vom
7. Januar 1791 ausgesprochen und in die meisten neueren Pa-
tentgesetzgebungen übergegangen. Das Motiv dieser Bestim-
mung leuchtet ein. Die Fortdauer des Patentschutzes im In-
lande, während die Erfindung im Auslande bereits in den freien
Verkehr übergegangen ist, würde die einheimische Industrie
der Concurrenz des Auslandes preisgeben, ohne dass jene von
den Vortheilen der freien Concurrenz Nutzen ziehen könnte. Die

1) Diese letztere Regel war für die Staaten des Zollvereines in
der Vereinbarung vom 21. September 1842 insoweit ebenfalls angenom-
men, als nach Art. I für die in einem Vereinsstaate bereits patentirte
Erfindung eines vereinsländischen Unterthans in den übrigen Vereins-
staaten nur demselben Patentinhaber ein Einführungspatent ertheilt
werden durfte.

I. Vorbegriffe. §. 8. Inhalt der Rechte des Patentinhabers.
wesentlich verschiedene Dinge bezeichnet werden. Während
in England, Preussen, Russland und Spanien die Einführungs-
patente demjenigen ertheilt werden, welcher eine fremde Er-
findung in das Inland eingeführt, also nach der Auffassung des
Gesetzgebers für das Inland gleichsam entdeckt hat, werden
in Frankreich, Belgien, Italien und Schweden die Einführungs-
patente dem ausländischen Erfinder ertheilt, jedoch ohne einen
Vorzug vor dem auf dieselbe Erfindung von einem Andern als
dem ausländischen Erfinder vorher gelösten Patente. In Nord-
amerika und Oesterreich endlich wird das Einführungspatent
nur dem ausländischen Patentinhaber ertheilt, so dass die von
Andern auf eine auswärts patentirte Erfindung gelösten Pa-
tente ungültig sind1).

Alle bisher angeführten Gesetzgebungen (mit Ausnahme
der Preussischen, Russischen und Spanischen Gesetze) stimmen
dagegen in dem Grundsatze überein, dass Erfindungen, welche
im Auslande bereits patentirt sind, im Inlande nur für die
Dauer des ausländischen Patentes, falls dieses vor der inlän-
dischen Schutzfrist abläuft, patentirt werden. Das Englische
Gesetz vom 1. Juli 1852 (15 & 16 Victoria c. 83) sect. 25 fügt
die Bestimmung hinzu, dass auch die Annullirung des auslän-
dischen Patentes vor Ablauf seiner Dauer sogleich das Erlö-
schen des inländischen Patentschutzes nach sich ziehen soll.

Der Grundsatz, dass die Dauer des Einführungspatentes
niemals die Dauer der ausländischen Schutzfrist übersteigen
soll, ist zuerst im Artikel 9 des Französischen Gesetzes vom
7. Januar 1791 ausgesprochen und in die meisten neueren Pa-
tentgesetzgebungen übergegangen. Das Motiv dieser Bestim-
mung leuchtet ein. Die Fortdauer des Patentschutzes im In-
lande, während die Erfindung im Auslande bereits in den freien
Verkehr übergegangen ist, würde die einheimische Industrie
der Concurrenz des Auslandes preisgeben, ohne dass jene von
den Vortheilen der freien Concurrenz Nutzen ziehen könnte. Die

1) Diese letztere Regel war für die Staaten des Zollvereines in
der Vereinbarung vom 21. September 1842 insoweit ebenfalls angenom-
men, als nach Art. I für die in einem Vereinsstaate bereits patentirte
Erfindung eines vereinsländischen Unterthans in den übrigen Vereins-
staaten nur demselben Patentinhaber ein Einführungspatent ertheilt
werden durfte.
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[74/0101] I. Vorbegriffe. §. 8. Inhalt der Rechte des Patentinhabers. wesentlich verschiedene Dinge bezeichnet werden. Während in England, Preussen, Russland und Spanien die Einführungs- patente demjenigen ertheilt werden, welcher eine fremde Er- findung in das Inland eingeführt, also nach der Auffassung des Gesetzgebers für das Inland gleichsam entdeckt hat, werden in Frankreich, Belgien, Italien und Schweden die Einführungs- patente dem ausländischen Erfinder ertheilt, jedoch ohne einen Vorzug vor dem auf dieselbe Erfindung von einem Andern als dem ausländischen Erfinder vorher gelösten Patente. In Nord- amerika und Oesterreich endlich wird das Einführungspatent nur dem ausländischen Patentinhaber ertheilt, so dass die von Andern auf eine auswärts patentirte Erfindung gelösten Pa- tente ungültig sind 1). Alle bisher angeführten Gesetzgebungen (mit Ausnahme der Preussischen, Russischen und Spanischen Gesetze) stimmen dagegen in dem Grundsatze überein, dass Erfindungen, welche im Auslande bereits patentirt sind, im Inlande nur für die Dauer des ausländischen Patentes, falls dieses vor der inlän- dischen Schutzfrist abläuft, patentirt werden. Das Englische Gesetz vom 1. Juli 1852 (15 & 16 Victoria c. 83) sect. 25 fügt die Bestimmung hinzu, dass auch die Annullirung des auslän- dischen Patentes vor Ablauf seiner Dauer sogleich das Erlö- schen des inländischen Patentschutzes nach sich ziehen soll. Der Grundsatz, dass die Dauer des Einführungspatentes niemals die Dauer der ausländischen Schutzfrist übersteigen soll, ist zuerst im Artikel 9 des Französischen Gesetzes vom 7. Januar 1791 ausgesprochen und in die meisten neueren Pa- tentgesetzgebungen übergegangen. Das Motiv dieser Bestim- mung leuchtet ein. Die Fortdauer des Patentschutzes im In- lande, während die Erfindung im Auslande bereits in den freien Verkehr übergegangen ist, würde die einheimische Industrie der Concurrenz des Auslandes preisgeben, ohne dass jene von den Vortheilen der freien Concurrenz Nutzen ziehen könnte. Die 1) Diese letztere Regel war für die Staaten des Zollvereines in der Vereinbarung vom 21. September 1842 insoweit ebenfalls angenom- men, als nach Art. I für die in einem Vereinsstaate bereits patentirte Erfindung eines vereinsländischen Unterthans in den übrigen Vereins- staaten nur demselben Patentinhaber ein Einführungspatent ertheilt werden durfte.

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Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 2. Berlin, 1869, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum02_1869/101>, abgerufen am 24.04.2024.