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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867.

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III. Rechtsquellen und Literatur. §. 9. Internationale Beziehungen.

Für das ehemalige Bundesgebiet gilt die Regel des
Bundesbeschlusses vom 6. September 1832:
dass bei Anwendung der gesetzlichen Vorschriften und Mass-
regeln wider den Nachdruck der Unterschied zwischen den
eigenen Unterthanen eines Bundesstaates und jenen der übri-
gen im Deutschen Bunde vereinigten Staaten gegenseitig und
im ganzen Umfange des Bundes in der Art aufgehoben wer-
den solle, dass die Schriftsteller, Herausgeber und Verleger
eines Bundesstaates sich in jedem andern Bundesstaate des
dort bestehenden Schutzes gegen den Nachdruck gleich-
mässig zu erfreuen haben werden.

Nach dieser Regel gestaltet sich das Verhältniss der verschie-
denen Staaten des ehemaligen deutschen Bundes in Bezug auf
die Geltung des in einem derselben erworbenen geistigen Ei-
genthumes ebenso wie das Verhältniss zwischen verschiedenen
Provinzen eines und desselben Staates, in welchen verschiedene
territoriale Gesetzgebungen bestehen. Das in dem einen Staate
erworbene geistige Eigenthum kann also in dem andern ohne
jede Einschränkung geltend gemacht und verfolgt werden.
Sind die Gesetzgebungen beider Staaten in Bezug auf die
Entstehung, die Dauer und die Verfolgung des geistigen Eigen-
thumes verschieden, so entscheiden die allgemeinen Grundsätze
über die örtliche Herrschaft der Rechtsvorschriften, wie solche
auf dem Gebiete des Civilrechtes angenommen sind. Die Be-
dingungen der Entstehung und Endigung des Rechts werden
also lediglich nach den Gesetzen des Ortes der Entstehung
beurtheilt, während für die Verfolgung des Rechtes die Gesetze
des Ortes massgebend sind, an welchem das Recht geltend ge-
macht wird. Für die Dauer des Rechtes ergibt sich hieraus
die Folgerung, dass das geistige Eigenthum in einem anderen
Bundesstaate einerseits nur so lange geltend gemacht werden
kann, als dasselbe nicht nach den Gesetzen des Ortes der Ent-
stehung erloschen ist, 1) und dass andrerseits die Verfolgung
desselben nur so lange möglich ist, als die Gesetze des andern
Bundesstaates eine Klage wegen Nachdrucks gestatten. Die
Dauer des Rechtsschutzes beschränkt sich also bei einer Ver-
schiedenheit der Schutzfristen beider Staaten im practischen
Erfolge auf die kürzere von beiden Schutzfristen. Daher kann

1) Vergl. das Sächsische Gesetz vom 22. Februar 1844 §. 11.
III. Rechtsquellen und Literatur. §. 9. Internationale Beziehungen.

Für das ehemalige Bundesgebiet gilt die Regel des
Bundesbeschlusses vom 6. September 1832:
dass bei Anwendung der gesetzlichen Vorschriften und Mass-
regeln wider den Nachdruck der Unterschied zwischen den
eigenen Unterthanen eines Bundesstaates und jenen der übri-
gen im Deutschen Bunde vereinigten Staaten gegenseitig und
im ganzen Umfange des Bundes in der Art aufgehoben wer-
den solle, dass die Schriftsteller, Herausgeber und Verleger
eines Bundesstaates sich in jedem andern Bundesstaate des
dort bestehenden Schutzes gegen den Nachdruck gleich-
mässig zu erfreuen haben werden.

Nach dieser Regel gestaltet sich das Verhältniss der verschie-
denen Staaten des ehemaligen deutschen Bundes in Bezug auf
die Geltung des in einem derselben erworbenen geistigen Ei-
genthumes ebenso wie das Verhältniss zwischen verschiedenen
Provinzen eines und desselben Staates, in welchen verschiedene
territoriale Gesetzgebungen bestehen. Das in dem einen Staate
erworbene geistige Eigenthum kann also in dem andern ohne
jede Einschränkung geltend gemacht und verfolgt werden.
Sind die Gesetzgebungen beider Staaten in Bezug auf die
Entstehung, die Dauer und die Verfolgung des geistigen Eigen-
thumes verschieden, so entscheiden die allgemeinen Grundsätze
über die örtliche Herrschaft der Rechtsvorschriften, wie solche
auf dem Gebiete des Civilrechtes angenommen sind. Die Be-
dingungen der Entstehung und Endigung des Rechts werden
also lediglich nach den Gesetzen des Ortes der Entstehung
beurtheilt, während für die Verfolgung des Rechtes die Gesetze
des Ortes massgebend sind, an welchem das Recht geltend ge-
macht wird. Für die Dauer des Rechtes ergibt sich hieraus
die Folgerung, dass das geistige Eigenthum in einem anderen
Bundesstaate einerseits nur so lange geltend gemacht werden
kann, als dasselbe nicht nach den Gesetzen des Ortes der Ent-
stehung erloschen ist, 1) und dass andrerseits die Verfolgung
desselben nur so lange möglich ist, als die Gesetze des andern
Bundesstaates eine Klage wegen Nachdrucks gestatten. Die
Dauer des Rechtsschutzes beschränkt sich also bei einer Ver-
schiedenheit der Schutzfristen beider Staaten im practischen
Erfolge auf die kürzere von beiden Schutzfristen. Daher kann

1) Vergl. das Sächsische Gesetz vom 22. Februar 1844 §. 11.
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[76/0092] III. Rechtsquellen und Literatur. §. 9. Internationale Beziehungen. Für das ehemalige Bundesgebiet gilt die Regel des Bundesbeschlusses vom 6. September 1832: dass bei Anwendung der gesetzlichen Vorschriften und Mass- regeln wider den Nachdruck der Unterschied zwischen den eigenen Unterthanen eines Bundesstaates und jenen der übri- gen im Deutschen Bunde vereinigten Staaten gegenseitig und im ganzen Umfange des Bundes in der Art aufgehoben wer- den solle, dass die Schriftsteller, Herausgeber und Verleger eines Bundesstaates sich in jedem andern Bundesstaate des dort bestehenden Schutzes gegen den Nachdruck gleich- mässig zu erfreuen haben werden. Nach dieser Regel gestaltet sich das Verhältniss der verschie- denen Staaten des ehemaligen deutschen Bundes in Bezug auf die Geltung des in einem derselben erworbenen geistigen Ei- genthumes ebenso wie das Verhältniss zwischen verschiedenen Provinzen eines und desselben Staates, in welchen verschiedene territoriale Gesetzgebungen bestehen. Das in dem einen Staate erworbene geistige Eigenthum kann also in dem andern ohne jede Einschränkung geltend gemacht und verfolgt werden. Sind die Gesetzgebungen beider Staaten in Bezug auf die Entstehung, die Dauer und die Verfolgung des geistigen Eigen- thumes verschieden, so entscheiden die allgemeinen Grundsätze über die örtliche Herrschaft der Rechtsvorschriften, wie solche auf dem Gebiete des Civilrechtes angenommen sind. Die Be- dingungen der Entstehung und Endigung des Rechts werden also lediglich nach den Gesetzen des Ortes der Entstehung beurtheilt, während für die Verfolgung des Rechtes die Gesetze des Ortes massgebend sind, an welchem das Recht geltend ge- macht wird. Für die Dauer des Rechtes ergibt sich hieraus die Folgerung, dass das geistige Eigenthum in einem anderen Bundesstaate einerseits nur so lange geltend gemacht werden kann, als dasselbe nicht nach den Gesetzen des Ortes der Ent- stehung erloschen ist, 1) und dass andrerseits die Verfolgung desselben nur so lange möglich ist, als die Gesetze des andern Bundesstaates eine Klage wegen Nachdrucks gestatten. Die Dauer des Rechtsschutzes beschränkt sich also bei einer Ver- schiedenheit der Schutzfristen beider Staaten im practischen Erfolge auf die kürzere von beiden Schutzfristen. Daher kann 1) Vergl. das Sächsische Gesetz vom 22. Februar 1844 §. 11.

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Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/92>, abgerufen am 28.04.2024.