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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867.

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II. Geschichte des geistigen Eigenthumes. §. 8. Neuere Zeit. (Forts.)
Rechtsnachfolger ein Patent in einem andern Vereinsstaate er-
theilt werden soll.

In materieller Beziehung wurde der Grundsatz festgestellt,
dass Patente überall nur für solche Gegenstände ertheilt wer-
den sollen, welche wirklich neu und eigenthümlich sind. Es
wurde also das Vorprüfungsverfahren, wie solches durch das
Publicandum vom 14. October 1815 für Preussen vorgeschrie-
ben ist, als gemeinschaftliches Princip der Patentertheilung
angenommen.

Die Gesetzgebung der Vereinsstaaten hat indess an dieser
Grundlage keinesweges festgehalten. Die bayerische Verord-
nung vom 10. Februar 1842 erklärt im §. 5, dass die Erthei-
lung des Gewerbsprivilegiums durch eine vorausgehende amt-
liche Untersuchung der Neuheit und Eigenthümlichkeit der
angeblichen Erfindung nicht bedingt ist. Ebenso ist in Wür-
temberg nach Art. 145 der Allgem. Gewerbeordnung vom
5. August 1836 die Untersuchung darauf beschränkt, ob der
zu patentirende Gegenstand den bestehenden Gesetzen zuwider
läuft, und ob er schon früher im Inlande patentirt worden
ist. Endlich gilt auch in Sachsen nach der Verordnung vom
20. Januar 1853 das Anmeldeverfahren.

Nach der gegenwärtigen Gesetzgebung der Zollvereins-
staaten fehlt also das unerlässliche Requisit für die Existenz
irgend einer, auch der beschränktesten Gemeinsamkeit des Pa-
tentschutzes, und der Artikel I. der Uebereinkunft vom 21. Sep-
tember 1842 ist gegenüber der durchgreifenden Verschiedenheit
in den Prinzipien der Patentgesetzgebung der Zollvereinsstaa-
ten geradezu unausführbar geworden.

In der Gesetzgebung des Auslandes zeigt sich die-
selbe Verschiedenheit der Grundsätze, verbunden mit häufigem
Wechsel zwischen den verschiedenen Systemen. In den Ver-
einigten Staaten von Nordamerika wurde durch die Congress-
acte vom 4. Juli 1836 das Vorprüfungsverfahren eingeführt
und durch zweckmässige Formen geregelt. Die späteren Acte
vom 3. März 1839 und vom 4. März 1861 ergänzten diese For-
men und gestatteten die Berufung gegen die Entscheidung des Pa-
tent-Amtes. Während das Vorprüfungsverfahren sich unter diesen
Formen in Nordamerika vorzüglich bewährt hat, ist in Oester-
reich die in den früheren Gesetzen vorgeschriebene materielle
Vorprüfung durch das Patentgesetz vom 15. August 1852 wieder

II. Geschichte des geistigen Eigenthumes. §. 8. Neuere Zeit. (Forts.)
Rechtsnachfolger ein Patent in einem andern Vereinsstaate er-
theilt werden soll.

In materieller Beziehung wurde der Grundsatz festgestellt,
dass Patente überall nur für solche Gegenstände ertheilt wer-
den sollen, welche wirklich neu und eigenthümlich sind. Es
wurde also das Vorprüfungsverfahren, wie solches durch das
Publicandum vom 14. October 1815 für Preussen vorgeschrie-
ben ist, als gemeinschaftliches Princip der Patentertheilung
angenommen.

Die Gesetzgebung der Vereinsstaaten hat indess an dieser
Grundlage keinesweges festgehalten. Die bayerische Verord-
nung vom 10. Februar 1842 erklärt im §. 5, dass die Erthei-
lung des Gewerbsprivilegiums durch eine vorausgehende amt-
liche Untersuchung der Neuheit und Eigenthümlichkeit der
angeblichen Erfindung nicht bedingt ist. Ebenso ist in Wür-
temberg nach Art. 145 der Allgem. Gewerbeordnung vom
5. August 1836 die Untersuchung darauf beschränkt, ob der
zu patentirende Gegenstand den bestehenden Gesetzen zuwider
läuft, und ob er schon früher im Inlande patentirt worden
ist. Endlich gilt auch in Sachsen nach der Verordnung vom
20. Januar 1853 das Anmeldeverfahren.

Nach der gegenwärtigen Gesetzgebung der Zollvereins-
staaten fehlt also das unerlässliche Requisit für die Existenz
irgend einer, auch der beschränktesten Gemeinsamkeit des Pa-
tentschutzes, und der Artikel I. der Uebereinkunft vom 21. Sep-
tember 1842 ist gegenüber der durchgreifenden Verschiedenheit
in den Prinzipien der Patentgesetzgebung der Zollvereinsstaa-
ten geradezu unausführbar geworden.

In der Gesetzgebung des Auslandes zeigt sich die-
selbe Verschiedenheit der Grundsätze, verbunden mit häufigem
Wechsel zwischen den verschiedenen Systemen. In den Ver-
einigten Staaten von Nordamerika wurde durch die Congress-
acte vom 4. Juli 1836 das Vorprüfungsverfahren eingeführt
und durch zweckmässige Formen geregelt. Die späteren Acte
vom 3. März 1839 und vom 4. März 1861 ergänzten diese For-
men und gestatteten die Berufung gegen die Entscheidung des Pa-
tent-Amtes. Während das Vorprüfungsverfahren sich unter diesen
Formen in Nordamerika vorzüglich bewährt hat, ist in Oester-
reich die in den früheren Gesetzen vorgeschriebene materielle
Vorprüfung durch das Patentgesetz vom 15. August 1852 wieder

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[70/0086] II. Geschichte des geistigen Eigenthumes. §. 8. Neuere Zeit. (Forts.) Rechtsnachfolger ein Patent in einem andern Vereinsstaate er- theilt werden soll. In materieller Beziehung wurde der Grundsatz festgestellt, dass Patente überall nur für solche Gegenstände ertheilt wer- den sollen, welche wirklich neu und eigenthümlich sind. Es wurde also das Vorprüfungsverfahren, wie solches durch das Publicandum vom 14. October 1815 für Preussen vorgeschrie- ben ist, als gemeinschaftliches Princip der Patentertheilung angenommen. Die Gesetzgebung der Vereinsstaaten hat indess an dieser Grundlage keinesweges festgehalten. Die bayerische Verord- nung vom 10. Februar 1842 erklärt im §. 5, dass die Erthei- lung des Gewerbsprivilegiums durch eine vorausgehende amt- liche Untersuchung der Neuheit und Eigenthümlichkeit der angeblichen Erfindung nicht bedingt ist. Ebenso ist in Wür- temberg nach Art. 145 der Allgem. Gewerbeordnung vom 5. August 1836 die Untersuchung darauf beschränkt, ob der zu patentirende Gegenstand den bestehenden Gesetzen zuwider läuft, und ob er schon früher im Inlande patentirt worden ist. Endlich gilt auch in Sachsen nach der Verordnung vom 20. Januar 1853 das Anmeldeverfahren. Nach der gegenwärtigen Gesetzgebung der Zollvereins- staaten fehlt also das unerlässliche Requisit für die Existenz irgend einer, auch der beschränktesten Gemeinsamkeit des Pa- tentschutzes, und der Artikel I. der Uebereinkunft vom 21. Sep- tember 1842 ist gegenüber der durchgreifenden Verschiedenheit in den Prinzipien der Patentgesetzgebung der Zollvereinsstaa- ten geradezu unausführbar geworden. In der Gesetzgebung des Auslandes zeigt sich die- selbe Verschiedenheit der Grundsätze, verbunden mit häufigem Wechsel zwischen den verschiedenen Systemen. In den Ver- einigten Staaten von Nordamerika wurde durch die Congress- acte vom 4. Juli 1836 das Vorprüfungsverfahren eingeführt und durch zweckmässige Formen geregelt. Die späteren Acte vom 3. März 1839 und vom 4. März 1861 ergänzten diese For- men und gestatteten die Berufung gegen die Entscheidung des Pa- tent-Amtes. Während das Vorprüfungsverfahren sich unter diesen Formen in Nordamerika vorzüglich bewährt hat, ist in Oester- reich die in den früheren Gesetzen vorgeschriebene materielle Vorprüfung durch das Patentgesetz vom 15. August 1852 wieder

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Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/86>, abgerufen am 25.11.2024.