VI. Entstehung und Endigung. §. 24. Ort des Erscheinens.
letzteren Annahme ein Englischer Autor für seinen inländischen Verlag nicht dreissig Jahre nach seinem Tode, sondern nur sieben Jahre nach seinem Tode, oder zwei und vierzig Jahre nach der Veröffentlichung geschützt sein würde.
Diese Bedenken beruhen auf einer nicht zutreffenden Auf- fassung der territorialen Beschränkung des Rechtsschutzes. Die Deutschen Nachdrucksgesetze schützen im Anschlusse an den Bundesbeschluss vom 9. November 1837 die "im Umfange des Bundesgebietes erscheinenden literarischen und artistischen Er- zeugnisse" ohne eine Beschränkung in Bezug auf die Person des Urhebers. Sie bestimmen ferner im Anschlusse an den Bundesbeschluss vom 19. Juni 1845 die Dauer des Rechtsschutzes für alle diese Erzeugnisse ohne Unterschied der Person des Urhebers auf dreissig Jahre nach dem Tode des letzteren. Sie gewähren also weder dem inländischen Autor Rechtsschutz für ein im Auslande veröffentlichtes Werk, noch schliessen sie den ausländischen Urheber des im Inlande erschienenen Werkes von diesem Rechtsschutze aus1).
Daher ist das in Preussen veröffentlichte Werk eines Nord- amerikaners gegen Nachdruck geschützt, während das in den Vereinigten Staaten erschienene Werk eines Preussen in Preus- sen keinen Rechtsschutz geniesst.
Auch die Dauer der Schutzfrist wird nicht nach der Na- tionalität oder nach dem Wohnorte des Urhebers, sondern le- diglich durch den Ort des Erscheinens bestimmt. Daher be- trägt die Schutzfrist für das in Preussen erschienene Werk eines Nordamerikaners dreissig Jahre nach dem Tode des Au- tors, nicht acht und zwanzig Jahre nach der Veröffentlichung, wie in den Vereinigten Staaten. Es würde ganz unzulässig sein, die Regel eines Nordamerikanischen Rechtes auf ein in Preussen erworbenes geistiges Eigenthum in Anwendung zu bringen, zumal der Urheber durch die in Preussen erfolgte Publication in den Vereinigten Staaten kein geistiges Eigenthum erwirbt.
Die Berechnung der Schutzfrist nach dem Orte des Er- scheinens gilt als Regel auch in den Fällen, wo ein im Auslande erschienenes Werk durch Staatsverträge den Rechtsschutz des Inlandes geniesst. Daher ist das in England erschienene Werk
1) Ueber die abweichenden Regeln der Sächs. Gesetzgebung (vergl. oben S. 247).
VI. Entstehung und Endigung. §. 24. Ort des Erscheinens.
letzteren Annahme ein Englischer Autor für seinen inländischen Verlag nicht dreissig Jahre nach seinem Tode, sondern nur sieben Jahre nach seinem Tode, oder zwei und vierzig Jahre nach der Veröffentlichung geschützt sein würde.
Diese Bedenken beruhen auf einer nicht zutreffenden Auf- fassung der territorialen Beschränkung des Rechtsschutzes. Die Deutschen Nachdrucksgesetze schützen im Anschlusse an den Bundesbeschluss vom 9. November 1837 die »im Umfange des Bundesgebietes erscheinenden literarischen und artistischen Er- zeugnisse« ohne eine Beschränkung in Bezug auf die Person des Urhebers. Sie bestimmen ferner im Anschlusse an den Bundesbeschluss vom 19. Juni 1845 die Dauer des Rechtsschutzes für alle diese Erzeugnisse ohne Unterschied der Person des Urhebers auf dreissig Jahre nach dem Tode des letzteren. Sie gewähren also weder dem inländischen Autor Rechtsschutz für ein im Auslande veröffentlichtes Werk, noch schliessen sie den ausländischen Urheber des im Inlande erschienenen Werkes von diesem Rechtsschutze aus1).
Daher ist das in Preussen veröffentlichte Werk eines Nord- amerikaners gegen Nachdruck geschützt, während das in den Vereinigten Staaten erschienene Werk eines Preussen in Preus- sen keinen Rechtsschutz geniesst.
Auch die Dauer der Schutzfrist wird nicht nach der Na- tionalität oder nach dem Wohnorte des Urhebers, sondern le- diglich durch den Ort des Erscheinens bestimmt. Daher be- trägt die Schutzfrist für das in Preussen erschienene Werk eines Nordamerikaners dreissig Jahre nach dem Tode des Au- tors, nicht acht und zwanzig Jahre nach der Veröffentlichung, wie in den Vereinigten Staaten. Es würde ganz unzulässig sein, die Regel eines Nordamerikanischen Rechtes auf ein in Preussen erworbenes geistiges Eigenthum in Anwendung zu bringen, zumal der Urheber durch die in Preussen erfolgte Publication in den Vereinigten Staaten kein geistiges Eigenthum erwirbt.
Die Berechnung der Schutzfrist nach dem Orte des Er- scheinens gilt als Regel auch in den Fällen, wo ein im Auslande erschienenes Werk durch Staatsverträge den Rechtsschutz des Inlandes geniesst. Daher ist das in England erschienene Werk
1) Ueber die abweichenden Regeln der Sächs. Gesetzgebung (vergl. oben S. 247).
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VI. Entstehung und Endigung. §. 24. Ort des Erscheinens.
letzteren Annahme ein Englischer Autor für seinen inländischen
Verlag nicht dreissig Jahre nach seinem Tode, sondern nur
sieben Jahre nach seinem Tode, oder zwei und vierzig Jahre
nach der Veröffentlichung geschützt sein würde.
Diese Bedenken beruhen auf einer nicht zutreffenden Auf-
fassung der territorialen Beschränkung des Rechtsschutzes. Die
Deutschen Nachdrucksgesetze schützen im Anschlusse an den
Bundesbeschluss vom 9. November 1837 die »im Umfange des
Bundesgebietes erscheinenden literarischen und artistischen Er-
zeugnisse« ohne eine Beschränkung in Bezug auf die Person
des Urhebers. Sie bestimmen ferner im Anschlusse an den
Bundesbeschluss vom 19. Juni 1845 die Dauer des Rechtsschutzes
für alle diese Erzeugnisse ohne Unterschied der Person des
Urhebers auf dreissig Jahre nach dem Tode des letzteren. Sie
gewähren also weder dem inländischen Autor Rechtsschutz für
ein im Auslande veröffentlichtes Werk, noch schliessen sie den
ausländischen Urheber des im Inlande erschienenen Werkes
von diesem Rechtsschutze aus 1).
Daher ist das in Preussen veröffentlichte Werk eines Nord-
amerikaners gegen Nachdruck geschützt, während das in den
Vereinigten Staaten erschienene Werk eines Preussen in Preus-
sen keinen Rechtsschutz geniesst.
Auch die Dauer der Schutzfrist wird nicht nach der Na-
tionalität oder nach dem Wohnorte des Urhebers, sondern le-
diglich durch den Ort des Erscheinens bestimmt. Daher be-
trägt die Schutzfrist für das in Preussen erschienene Werk
eines Nordamerikaners dreissig Jahre nach dem Tode des Au-
tors, nicht acht und zwanzig Jahre nach der Veröffentlichung,
wie in den Vereinigten Staaten. Es würde ganz unzulässig sein,
die Regel eines Nordamerikanischen Rechtes auf ein in Preussen
erworbenes geistiges Eigenthum in Anwendung zu bringen,
zumal der Urheber durch die in Preussen erfolgte Publication
in den Vereinigten Staaten kein geistiges Eigenthum erwirbt.
Die Berechnung der Schutzfrist nach dem Orte des Er-
scheinens gilt als Regel auch in den Fällen, wo ein im Auslande
erschienenes Werk durch Staatsverträge den Rechtsschutz des
Inlandes geniesst. Daher ist das in England erschienene Werk
1) Ueber die abweichenden Regeln der Sächs. Gesetzgebung (vergl.
oben S. 247).
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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/270>, abgerufen am 16.02.2025.
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