V. Gegenstände. §. 20. Waarenmuster und Fabrikzeichen.
den Kreis der Lyoner Seidenweberei, für welche die Hinterle- gung der Waarenmuster durch die Reglements von 1737 und 1744 geordnet wurde. Ein Staatsrathsbeschluss vom 19. Juli 1787 dehnte diese Einrichtungen auf die Fabrikation von Ge- weben überhaupt und in der ganzen Monarchie aus1). Das spätere Decret vom 18. März 1806, auf welchem das heutige Recht beruht, hatte zunächst wieder nur die Einrichtung eines Gewerberathes für die Stadt Lyon zum Gegenstande und regelte im zweiten Titel die Hinterlegung der Waarenmuster bei die- sem Rathe.
Die Praxis und später das Decret vom 17.--29. August 1825 haben diese Einrichtungen auf die ganze Monarchie über- tragen. Der Musterschutz bleibt aber nach dem Wortlaute der Decrete von 1806 und 1825 auf die Muster von Ge- weben beschränkt, da die Vorschriften über die Hinterlegung von Proben unter versiegeltem Couvert nur auf solche Stoffe passen.
Dies ist auch von der französischen Gerichtspraxis im All- gemeinen anerkannt. Indess ist das Vorurtheil für die Rechte des geistigen Eigenthumes bei den französischen Juristen so gross, dass die Frage über den Schutz eines Geistesproductes gegen Nachahmung nicht dahin gestellt zu werden pflegt, ob dasselbe überhaupt gesetzlich geschützt ist, sondern vielmehr, welche Form des Rechtsschutzes auf dasselbe anzuwenden sei. Der gesetzliche Grund für dieses Verfahren pflegt aus Art. 7 des Decrets vom 19. Juli 1793 entnommen zu werden, welcher bestimmt:
Die Erben des Urhebers eines Werkes der Literatur, oder des Kupferstiches, oder jeder andern Hervorbrin- gung des Geistes oder des Genies, welche den schönen Künsten angehört, behalten das ausschliessliche Eigenthum während zehn Jahren.
Dieser Artikel trifft allerdings nicht über die Gegenstände des geistigen Eigenthumes Bestimmung, welche vielmehr im Art. 1 in einer viel engeren und bestimmteren Weise definirt werden, sondern er betrifft die Rechte der Erben. Man hat jedoch aus der Art, wie hier beiläufig die Gegenstände des artistischen Eigenthumes erwähnt werden, das Postulat abgeleitet, dass
1) Renouard, Traite des brevets d'invention p. 78.
V. Gegenstände. §. 20. Waarenmuster und Fabrikzeichen.
den Kreis der Lyoner Seidenweberei, für welche die Hinterle- gung der Waarenmuster durch die Reglements von 1737 und 1744 geordnet wurde. Ein Staatsrathsbeschluss vom 19. Juli 1787 dehnte diese Einrichtungen auf die Fabrikation von Ge- weben überhaupt und in der ganzen Monarchie aus1). Das spätere Decret vom 18. März 1806, auf welchem das heutige Recht beruht, hatte zunächst wieder nur die Einrichtung eines Gewerberathes für die Stadt Lyon zum Gegenstande und regelte im zweiten Titel die Hinterlegung der Waarenmuster bei die- sem Rathe.
Die Praxis und später das Decret vom 17.—29. August 1825 haben diese Einrichtungen auf die ganze Monarchie über- tragen. Der Musterschutz bleibt aber nach dem Wortlaute der Decrete von 1806 und 1825 auf die Muster von Ge- weben beschränkt, da die Vorschriften über die Hinterlegung von Proben unter versiegeltem Couvert nur auf solche Stoffe passen.
Dies ist auch von der französischen Gerichtspraxis im All- gemeinen anerkannt. Indess ist das Vorurtheil für die Rechte des geistigen Eigenthumes bei den französischen Juristen so gross, dass die Frage über den Schutz eines Geistesproductes gegen Nachahmung nicht dahin gestellt zu werden pflegt, ob dasselbe überhaupt gesetzlich geschützt ist, sondern vielmehr, welche Form des Rechtsschutzes auf dasselbe anzuwenden sei. Der gesetzliche Grund für dieses Verfahren pflegt aus Art. 7 des Decrets vom 19. Juli 1793 entnommen zu werden, welcher bestimmt:
Die Erben des Urhebers eines Werkes der Literatur, oder des Kupferstiches, oder jeder andern Hervorbrin- gung des Geistes oder des Genies, welche den schönen Künsten angehört, behalten das ausschliessliche Eigenthum während zehn Jahren.
Dieser Artikel trifft allerdings nicht über die Gegenstände des geistigen Eigenthumes Bestimmung, welche vielmehr im Art. 1 in einer viel engeren und bestimmteren Weise definirt werden, sondern er betrifft die Rechte der Erben. Man hat jedoch aus der Art, wie hier beiläufig die Gegenstände des artistischen Eigenthumes erwähnt werden, das Postulat abgeleitet, dass
1) Renouard, Traité des brevets d’invention p. 78.
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V. Gegenstände. §. 20. Waarenmuster und Fabrikzeichen.
den Kreis der Lyoner Seidenweberei, für welche die Hinterle-
gung der Waarenmuster durch die Reglements von 1737 und
1744 geordnet wurde. Ein Staatsrathsbeschluss vom 19. Juli
1787 dehnte diese Einrichtungen auf die Fabrikation von Ge-
weben überhaupt und in der ganzen Monarchie aus 1). Das
spätere Decret vom 18. März 1806, auf welchem das heutige
Recht beruht, hatte zunächst wieder nur die Einrichtung eines
Gewerberathes für die Stadt Lyon zum Gegenstande und regelte
im zweiten Titel die Hinterlegung der Waarenmuster bei die-
sem Rathe.
Die Praxis und später das Decret vom 17.—29. August
1825 haben diese Einrichtungen auf die ganze Monarchie über-
tragen. Der Musterschutz bleibt aber nach dem Wortlaute
der Decrete von 1806 und 1825 auf die Muster von Ge-
weben beschränkt, da die Vorschriften über die Hinterlegung
von Proben unter versiegeltem Couvert nur auf solche Stoffe
passen.
Dies ist auch von der französischen Gerichtspraxis im All-
gemeinen anerkannt. Indess ist das Vorurtheil für die Rechte
des geistigen Eigenthumes bei den französischen Juristen so
gross, dass die Frage über den Schutz eines Geistesproductes
gegen Nachahmung nicht dahin gestellt zu werden pflegt, ob
dasselbe überhaupt gesetzlich geschützt ist, sondern vielmehr,
welche Form des Rechtsschutzes auf dasselbe anzuwenden sei.
Der gesetzliche Grund für dieses Verfahren pflegt aus Art. 7
des Decrets vom 19. Juli 1793 entnommen zu werden, welcher
bestimmt:
Die Erben des Urhebers eines Werkes der Literatur, oder
des Kupferstiches, oder jeder andern Hervorbrin-
gung des Geistes oder des Genies, welche den
schönen Künsten angehört, behalten das ausschliessliche
Eigenthum während zehn Jahren.
Dieser Artikel trifft allerdings nicht über die Gegenstände des
geistigen Eigenthumes Bestimmung, welche vielmehr im Art. 1
in einer viel engeren und bestimmteren Weise definirt werden,
sondern er betrifft die Rechte der Erben. Man hat jedoch aus
der Art, wie hier beiläufig die Gegenstände des artistischen
Eigenthumes erwähnt werden, das Postulat abgeleitet, dass
1) Renouard, Traité des brevets d’invention p. 78.
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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/226>, abgerufen am 16.02.2025.
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