Alle Welt weiss, dass gewisse Gasgemische explosiv sind. Bringt man in diese Mischungen eine Flamme von hinreichend ho- her Temperatur, so entsteht im Augenblick eine furchtbare Ex- plosion, welche sich mit der Schnelligkeit des Blitzes fortpflanzt. Diese schlagenden Wetter sind die Ursache zahlreicher und bekla- genswerther Unfälle.
Was that Davy. Er ermittelte durch eine geniale Untersu- chung, dass die im Innern des Drahtnetzes erzeugte Flamme sich beim Durchgange durch die Maschen des Drahtgewebes abkühlt, so dass sie auswendig keine Entzündung mehr verursachen kann. Die alte Lampe wurde nicht verändert. Es wurde nur gezeigt, dass sie Eigenschaften besitzt, die bisher niemand gekannt hatte. Seit dem Augenblick ihrer Einführung hat sie das Leben der Bergleute beschützt und möglich gemacht, in Strecken zu arbeiten, die man sonst hätte aufgeben müssen.
Soll man sagen, hier liege nichts vor als eine Idee? Ich ant- worte, dass Jedermann in England anerkannte, dass sie patentfähig sei. Davy in seiner hohen Stellung und bei seinem Reichthume hielt es nicht für passend, sich ein solches ertheilen zu lassen. Aber sein Anrecht wurde so wohl anerkannt, dass die Ueberlassung der Lampe zum freien Gebrauch durch glänzende Feste gefeiert wurde und dass die Eigenthümer der Steinkohlengruben Davy ein glänzendes Geschenk machten.
Ich habe das Ausland angeführt. -- Ich will ferner zeigen, dass man in unserm Lande eine Idee patentirt und mit Recht pa- tentirt hat, welche ein altes Product der Industrie verwerthete. Der Prozess der Verzinkung ist bekannt. Er war längere Zeit wenig geachtet, weil er das Eisen, wie man sagte, brüchig machte. Diese Schwierigkeit wurde überwunden. Man kann jetzt das Eisen ver- zinken, ohne seine ursprünglichen Eigenschaften zu verändern. Nun war der Gedanke, das Eisen durch einen Zinküberzug vor dem Roste zu schützen, schon vor ungefähr hundert Jahren von Malouin veröffentlicht. Aber die Fabricanten erwiederten Malouin: "Es bleiben immer einige Stellen vom Zink unbedeckt und hier wird das Eisen wie zuvor vom Roste angegriffen werden." Die Verzinkung wurde aufgegeben. Nach hundert Jahren kommt ein französischer Ingenieur und sagt: "Ihr irrt Euch, wenn ihr glaubt, das Zink schütze die Röhren nur soweit es sie bedeckt. Ich er- kläre, gestützt auf Voltas grosse Entdeckung, dass das Zink das Eisen in eine von dem gewöhnlichen Zustande ganz verschiedene
Prinzipien und Ideen.
Alle Welt weiss, dass gewisse Gasgemische explosiv sind. Bringt man in diese Mischungen eine Flamme von hinreichend ho- her Temperatur, so entsteht im Augenblick eine furchtbare Ex- plosion, welche sich mit der Schnelligkeit des Blitzes fortpflanzt. Diese schlagenden Wetter sind die Ursache zahlreicher und bekla- genswerther Unfälle.
Was that Davy. Er ermittelte durch eine geniale Untersu- chung, dass die im Innern des Drahtnetzes erzeugte Flamme sich beim Durchgange durch die Maschen des Drahtgewebes abkühlt, so dass sie auswendig keine Entzündung mehr verursachen kann. Die alte Lampe wurde nicht verändert. Es wurde nur gezeigt, dass sie Eigenschaften besitzt, die bisher niemand gekannt hatte. Seit dem Augenblick ihrer Einführung hat sie das Leben der Bergleute beschützt und möglich gemacht, in Strecken zu arbeiten, die man sonst hätte aufgeben müssen.
Soll man sagen, hier liege nichts vor als eine Idee? Ich ant- worte, dass Jedermann in England anerkannte, dass sie patentfähig sei. Davy in seiner hohen Stellung und bei seinem Reichthume hielt es nicht für passend, sich ein solches ertheilen zu lassen. Aber sein Anrecht wurde so wohl anerkannt, dass die Ueberlassung der Lampe zum freien Gebrauch durch glänzende Feste gefeiert wurde und dass die Eigenthümer der Steinkohlengruben Davy ein glänzendes Geschenk machten.
Ich habe das Ausland angeführt. — Ich will ferner zeigen, dass man in unserm Lande eine Idee patentirt und mit Recht pa- tentirt hat, welche ein altes Product der Industrie verwerthete. Der Prozess der Verzinkung ist bekannt. Er war längere Zeit wenig geachtet, weil er das Eisen, wie man sagte, brüchig machte. Diese Schwierigkeit wurde überwunden. Man kann jetzt das Eisen ver- zinken, ohne seine ursprünglichen Eigenschaften zu verändern. Nun war der Gedanke, das Eisen durch einen Zinküberzug vor dem Roste zu schützen, schon vor ungefähr hundert Jahren von Malouin veröffentlicht. Aber die Fabricanten erwiederten Malouin: »Es bleiben immer einige Stellen vom Zink unbedeckt und hier wird das Eisen wie zuvor vom Roste angegriffen werden.« Die Verzinkung wurde aufgegeben. Nach hundert Jahren kommt ein französischer Ingenieur und sagt: »Ihr irrt Euch, wenn ihr glaubt, das Zink schütze die Röhren nur soweit es sie bedeckt. Ich er- kläre, gestützt auf Voltas grosse Entdeckung, dass das Zink das Eisen in eine von dem gewöhnlichen Zustande ganz verschiedene
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><cit><quote><pbfacs="#f0221"n="205"/><fwplace="top"type="header">Prinzipien und Ideen.</fw><lb/><p>Alle Welt weiss, dass gewisse Gasgemische explosiv sind.<lb/>
Bringt man in diese Mischungen eine Flamme von hinreichend ho-<lb/>
her Temperatur, so entsteht im Augenblick eine furchtbare Ex-<lb/>
plosion, welche sich mit der Schnelligkeit des Blitzes fortpflanzt.<lb/>
Diese schlagenden Wetter sind die Ursache zahlreicher und bekla-<lb/>
genswerther Unfälle.</p><lb/><p>Was that Davy. Er ermittelte durch eine geniale Untersu-<lb/>
chung, dass die im Innern des Drahtnetzes erzeugte Flamme sich<lb/>
beim Durchgange durch die Maschen des Drahtgewebes abkühlt,<lb/>
so dass sie auswendig keine Entzündung mehr verursachen kann.<lb/>
Die alte Lampe wurde nicht verändert. Es wurde nur gezeigt, dass<lb/>
sie Eigenschaften besitzt, die bisher niemand gekannt hatte. Seit<lb/>
dem Augenblick ihrer Einführung hat sie das Leben der Bergleute<lb/>
beschützt und möglich gemacht, in Strecken zu arbeiten, die man<lb/>
sonst hätte aufgeben müssen.</p><lb/><p>Soll man sagen, hier liege nichts vor als eine Idee? Ich ant-<lb/>
worte, dass Jedermann in England anerkannte, dass sie patentfähig<lb/>
sei. Davy in seiner hohen Stellung und bei seinem Reichthume<lb/>
hielt es nicht für passend, sich ein solches ertheilen zu lassen.<lb/>
Aber sein Anrecht wurde so wohl anerkannt, dass die Ueberlassung<lb/>
der Lampe zum freien Gebrauch durch glänzende Feste gefeiert<lb/>
wurde und dass die Eigenthümer der Steinkohlengruben Davy ein<lb/>
glänzendes Geschenk machten.</p><lb/><p>Ich habe das Ausland angeführt. — Ich will ferner zeigen,<lb/>
dass man in unserm Lande eine Idee patentirt und mit Recht pa-<lb/>
tentirt hat, welche ein altes Product der Industrie verwerthete. Der<lb/>
Prozess der Verzinkung ist bekannt. Er war längere Zeit wenig<lb/>
geachtet, weil er das Eisen, wie man sagte, brüchig machte. Diese<lb/>
Schwierigkeit wurde überwunden. Man kann jetzt das Eisen ver-<lb/>
zinken, ohne seine ursprünglichen Eigenschaften zu verändern.<lb/>
Nun war der Gedanke, das Eisen durch einen Zinküberzug vor<lb/>
dem Roste zu schützen, schon vor ungefähr hundert Jahren von<lb/>
Malouin veröffentlicht. Aber die Fabricanten erwiederten Malouin:<lb/>
»Es bleiben immer einige Stellen vom Zink unbedeckt und hier<lb/>
wird das Eisen wie zuvor vom Roste angegriffen werden.« Die<lb/>
Verzinkung wurde aufgegeben. Nach hundert Jahren kommt ein<lb/>
französischer Ingenieur und sagt: »Ihr irrt Euch, wenn ihr glaubt,<lb/>
das Zink schütze die Röhren nur soweit es sie bedeckt. Ich er-<lb/>
kläre, gestützt auf Voltas grosse Entdeckung, dass das Zink das<lb/>
Eisen in eine von dem gewöhnlichen Zustande ganz verschiedene<lb/></p></quote></cit></div></div></div></body></text></TEI>
[205/0221]
Prinzipien und Ideen.
Alle Welt weiss, dass gewisse Gasgemische explosiv sind.
Bringt man in diese Mischungen eine Flamme von hinreichend ho-
her Temperatur, so entsteht im Augenblick eine furchtbare Ex-
plosion, welche sich mit der Schnelligkeit des Blitzes fortpflanzt.
Diese schlagenden Wetter sind die Ursache zahlreicher und bekla-
genswerther Unfälle.
Was that Davy. Er ermittelte durch eine geniale Untersu-
chung, dass die im Innern des Drahtnetzes erzeugte Flamme sich
beim Durchgange durch die Maschen des Drahtgewebes abkühlt,
so dass sie auswendig keine Entzündung mehr verursachen kann.
Die alte Lampe wurde nicht verändert. Es wurde nur gezeigt, dass
sie Eigenschaften besitzt, die bisher niemand gekannt hatte. Seit
dem Augenblick ihrer Einführung hat sie das Leben der Bergleute
beschützt und möglich gemacht, in Strecken zu arbeiten, die man
sonst hätte aufgeben müssen.
Soll man sagen, hier liege nichts vor als eine Idee? Ich ant-
worte, dass Jedermann in England anerkannte, dass sie patentfähig
sei. Davy in seiner hohen Stellung und bei seinem Reichthume
hielt es nicht für passend, sich ein solches ertheilen zu lassen.
Aber sein Anrecht wurde so wohl anerkannt, dass die Ueberlassung
der Lampe zum freien Gebrauch durch glänzende Feste gefeiert
wurde und dass die Eigenthümer der Steinkohlengruben Davy ein
glänzendes Geschenk machten.
Ich habe das Ausland angeführt. — Ich will ferner zeigen,
dass man in unserm Lande eine Idee patentirt und mit Recht pa-
tentirt hat, welche ein altes Product der Industrie verwerthete. Der
Prozess der Verzinkung ist bekannt. Er war längere Zeit wenig
geachtet, weil er das Eisen, wie man sagte, brüchig machte. Diese
Schwierigkeit wurde überwunden. Man kann jetzt das Eisen ver-
zinken, ohne seine ursprünglichen Eigenschaften zu verändern.
Nun war der Gedanke, das Eisen durch einen Zinküberzug vor
dem Roste zu schützen, schon vor ungefähr hundert Jahren von
Malouin veröffentlicht. Aber die Fabricanten erwiederten Malouin:
»Es bleiben immer einige Stellen vom Zink unbedeckt und hier
wird das Eisen wie zuvor vom Roste angegriffen werden.« Die
Verzinkung wurde aufgegeben. Nach hundert Jahren kommt ein
französischer Ingenieur und sagt: »Ihr irrt Euch, wenn ihr glaubt,
das Zink schütze die Röhren nur soweit es sie bedeckt. Ich er-
kläre, gestützt auf Voltas grosse Entdeckung, dass das Zink das
Eisen in eine von dem gewöhnlichen Zustande ganz verschiedene
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/221>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.