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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867.

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Selbständiges Recht an der Nachbildung.
der §§. 21. 22 und 29 des Gesetzes vom 11. März 1837 nicht
im Einklange. Der Schutz des Originalwerkes (§§. 21. 22) kann
einer bloss gestatteten Nachbildung nicht zu Gute kommen.
Der Kupferstecher, welcher die Nachbildung seines nur mit
Genehmigung des Malers angefertigten Stiches untersagen will,
würde sich vergeblich auf das Recht des Malers, welches ihm
nicht übertragen ist, berufen. Die blosse Genehmigung des Autors
ist nicht dazu angethan, dessen ausschliessliches Recht der Verviel-
fältigung auf den Nachbildner zu übertragen, und man sucht ver-
geblich in den §§. 21 bis 28 nach einer Bestimmung, welche dem
Kupferstecher, dem das Recht der ausschliesslichen Vervielfälti-
gung nicht übertragen ist, berechtigen könnte, die Nachbildung
seines Abbildes, Namens des Urhebers des Originalgemäldes zu
untersagen. Er würde einen gänzlichen Mangel an Logik ver-
rathen, wenn er verlangte, die Nachbildung des Originales
müsse, weil sie ihm gestattet worden, Andern untersagt wer-
den. Hieraus folgt, dass er die Nachbildung nicht als eine
unbefugte Vervielfältigung des Originalgemäldes, sondern seines
eigenen Kupferstiches, nicht aus einem abgeleiteten, sondern
aus einem ursprünglichen, auch dem Gegenstande nach selbst-
ständigen Rechte untersagen kann. Sein Rechtsschutz beruht
also allein auf der Bestimmung des §. 29, welche die unbefugte
Nachbildung seines rechtmässig angefertigten Kupferstiches ganz
unabhängig von dem Rechte des Malers untersagt. Der §. 29
ferner hat allerdings diejenigen Abbildungen im Auge, welche
nicht unter dem Schutze des Originales stehen, sondern auf
eigenen, durch selbständige künstlerische Thätigkeit erworbenen
Schutz Anspruch haben. Allein es ist mit keinem Worte darin
die Voraussetzung ausgesprochen, dass das Original nicht mehr
im geistigen Eigenthume stehen dürfe, dass eine rechtmässige
Nachbildung durch ein anderes Kunstverfahren nur dann gegen
Nachbildung geschützt werde, wenn sie von einem gemeinfreien
Original genommen sei.

Noch weniger lässt sich aus §. 29 die Folgerung des Satzes
XIII ableiten, dass eine rechtmässige Nachbildung darum min-
der geschützt sein solle, weil sie von dem Urheber des Origi-
nals oder seinem Rechtsnachfolger während der Dauer ihres
ausschliesslichen Vervielfältigungsrechtes angefertigt ist, dass
eine solche Nachbildung mit Ablauf der Schutzfrist des Origi-
nales Gemeingut werde, während die bloss rechtmässige Nach-

Selbständiges Recht an der Nachbildung.
der §§. 21. 22 und 29 des Gesetzes vom 11. März 1837 nicht
im Einklange. Der Schutz des Originalwerkes (§§. 21. 22) kann
einer bloss gestatteten Nachbildung nicht zu Gute kommen.
Der Kupferstecher, welcher die Nachbildung seines nur mit
Genehmigung des Malers angefertigten Stiches untersagen will,
würde sich vergeblich auf das Recht des Malers, welches ihm
nicht übertragen ist, berufen. Die blosse Genehmigung des Autors
ist nicht dazu angethan, dessen ausschliessliches Recht der Verviel-
fältigung auf den Nachbildner zu übertragen, und man sucht ver-
geblich in den §§. 21 bis 28 nach einer Bestimmung, welche dem
Kupferstecher, dem das Recht der ausschliesslichen Vervielfälti-
gung nicht übertragen ist, berechtigen könnte, die Nachbildung
seines Abbildes, Namens des Urhebers des Originalgemäldes zu
untersagen. Er würde einen gänzlichen Mangel an Logik ver-
rathen, wenn er verlangte, die Nachbildung des Originales
müsse, weil sie ihm gestattet worden, Andern untersagt wer-
den. Hieraus folgt, dass er die Nachbildung nicht als eine
unbefugte Vervielfältigung des Originalgemäldes, sondern seines
eigenen Kupferstiches, nicht aus einem abgeleiteten, sondern
aus einem ursprünglichen, auch dem Gegenstande nach selbst-
ständigen Rechte untersagen kann. Sein Rechtsschutz beruht
also allein auf der Bestimmung des §. 29, welche die unbefugte
Nachbildung seines rechtmässig angefertigten Kupferstiches ganz
unabhängig von dem Rechte des Malers untersagt. Der §. 29
ferner hat allerdings diejenigen Abbildungen im Auge, welche
nicht unter dem Schutze des Originales stehen, sondern auf
eigenen, durch selbständige künstlerische Thätigkeit erworbenen
Schutz Anspruch haben. Allein es ist mit keinem Worte darin
die Voraussetzung ausgesprochen, dass das Original nicht mehr
im geistigen Eigenthume stehen dürfe, dass eine rechtmässige
Nachbildung durch ein anderes Kunstverfahren nur dann gegen
Nachbildung geschützt werde, wenn sie von einem gemeinfreien
Original genommen sei.

Noch weniger lässt sich aus §. 29 die Folgerung des Satzes
XIII ableiten, dass eine rechtmässige Nachbildung darum min-
der geschützt sein solle, weil sie von dem Urheber des Origi-
nals oder seinem Rechtsnachfolger während der Dauer ihres
ausschliesslichen Vervielfältigungsrechtes angefertigt ist, dass
eine solche Nachbildung mit Ablauf der Schutzfrist des Origi-
nales Gemeingut werde, während die bloss rechtmässige Nach-

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[187/0203] Selbständiges Recht an der Nachbildung. der §§. 21. 22 und 29 des Gesetzes vom 11. März 1837 nicht im Einklange. Der Schutz des Originalwerkes (§§. 21. 22) kann einer bloss gestatteten Nachbildung nicht zu Gute kommen. Der Kupferstecher, welcher die Nachbildung seines nur mit Genehmigung des Malers angefertigten Stiches untersagen will, würde sich vergeblich auf das Recht des Malers, welches ihm nicht übertragen ist, berufen. Die blosse Genehmigung des Autors ist nicht dazu angethan, dessen ausschliessliches Recht der Verviel- fältigung auf den Nachbildner zu übertragen, und man sucht ver- geblich in den §§. 21 bis 28 nach einer Bestimmung, welche dem Kupferstecher, dem das Recht der ausschliesslichen Vervielfälti- gung nicht übertragen ist, berechtigen könnte, die Nachbildung seines Abbildes, Namens des Urhebers des Originalgemäldes zu untersagen. Er würde einen gänzlichen Mangel an Logik ver- rathen, wenn er verlangte, die Nachbildung des Originales müsse, weil sie ihm gestattet worden, Andern untersagt wer- den. Hieraus folgt, dass er die Nachbildung nicht als eine unbefugte Vervielfältigung des Originalgemäldes, sondern seines eigenen Kupferstiches, nicht aus einem abgeleiteten, sondern aus einem ursprünglichen, auch dem Gegenstande nach selbst- ständigen Rechte untersagen kann. Sein Rechtsschutz beruht also allein auf der Bestimmung des §. 29, welche die unbefugte Nachbildung seines rechtmässig angefertigten Kupferstiches ganz unabhängig von dem Rechte des Malers untersagt. Der §. 29 ferner hat allerdings diejenigen Abbildungen im Auge, welche nicht unter dem Schutze des Originales stehen, sondern auf eigenen, durch selbständige künstlerische Thätigkeit erworbenen Schutz Anspruch haben. Allein es ist mit keinem Worte darin die Voraussetzung ausgesprochen, dass das Original nicht mehr im geistigen Eigenthume stehen dürfe, dass eine rechtmässige Nachbildung durch ein anderes Kunstverfahren nur dann gegen Nachbildung geschützt werde, wenn sie von einem gemeinfreien Original genommen sei. Noch weniger lässt sich aus §. 29 die Folgerung des Satzes XIII ableiten, dass eine rechtmässige Nachbildung darum min- der geschützt sein solle, weil sie von dem Urheber des Origi- nals oder seinem Rechtsnachfolger während der Dauer ihres ausschliesslichen Vervielfältigungsrechtes angefertigt ist, dass eine solche Nachbildung mit Ablauf der Schutzfrist des Origi- nales Gemeingut werde, während die bloss rechtmässige Nach-

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Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/203>, abgerufen am 28.11.2024.