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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867.

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V. Gegenstände. §. 18. Kunstwerke.
schaft von Kunstwerken und die Fähigkeit, Gegenstand eines
artistischen Eigenthumes zu sein abgesprochen, und zwar durch
die Urtheile der Sächsischen Gerichtshöfe in der schon (S. 62)
erwähnten Prozesssache Piloty und Löhle gegen Payne 1).

Die Kunsthandlung von Piloty und Löhle in München hatte
eine Sammlung lithographischer Abbildungen von Gemälden
aus der Münchener Pinakothek und der Privatsammlung des
Königs Ludwig von Bayern mit Genehmigung des genannten
Monarchen veranstaltet. In einer Sammlung von Stahlstichen,
welche unter dem Titel: Der Kunstverein von A. H. Payne,
Inhaber der englischen Kunstanstalt in Leipzig herauskamen,
erschienen Abbildungen derselben Gemälde, welche von der
Kunsthandlung als rechtswidrige Nachbildung ihrer lithogra-
phischen Blätter bezeichnet und sowohl in Bayern als in Sach-
sen mit der Nachdrucksklage verfolgt wurden. In Bayern
erfolgte in allen Instanzen die Verurtheilung des Verklagten
wegen widerrechtlicher Nachbildung, indem angenommen wurde,
dass die fraglichen lithographischen Abbildungen der Gemälde
als künstlerische Erzeugnisse gegen Nachbildung geschützt seien
und dass in den von Payne herausgegebenen Stahlstichen nicht
selbständige Nachbildungen, sondern, wie der Vergleich mit den
Lithographien ergebe, nichts anderes als Copien der letzteren
zu erkennen seien. Die Sächsischen Gerichte wiesen dagegen
(1855) die Nachdrucksklage zurück, indem sie den in Frage
stehenden Lithographien die Eigenschaft künstlerischer, eines
selbständigen Rechtsschutzes fähiger Erzeugnisse absprachen
und ausführten:

"Es sei jedenfalls nur der Urheber des Originalgemäldes oder
dessen Rechtsnachfolger gegen die unbefugte Vervielfältigung zu
schützen. Piloty und Löhle leiteten aber ihr Recht der Nachbil-
dung nicht von den Urhebern der Kunstwerke oder ihren Nach-
folgern im Verlagsrechte her. Die blosse Erlaubniss des Besitzers
der Gemälde, auf welchen das Urheberrecht nicht übertragen sei,
könne ein ausschliessliches Recht zur Vervielfältigung nicht be-
gründen.

Bei der Frage, ob Lithographien oder Producte ähnlicher

1) Vergl. Volkmann, Die Werke der Kunst in den deutschen
Gesetzgebungen München 1856. Wächter, Das Recht des Künstlers
gegen Nachbildung und Nachdruck seiner Werke Stuttgart 1859.

V. Gegenstände. §. 18. Kunstwerke.
schaft von Kunstwerken und die Fähigkeit, Gegenstand eines
artistischen Eigenthumes zu sein abgesprochen, und zwar durch
die Urtheile der Sächsischen Gerichtshöfe in der schon (S. 62)
erwähnten Prozesssache Piloty und Löhle gegen Payne 1).

Die Kunsthandlung von Piloty und Löhle in München hatte
eine Sammlung lithographischer Abbildungen von Gemälden
aus der Münchener Pinakothek und der Privatsammlung des
Königs Ludwig von Bayern mit Genehmigung des genannten
Monarchen veranstaltet. In einer Sammlung von Stahlstichen,
welche unter dem Titel: Der Kunstverein von A. H. Payne,
Inhaber der englischen Kunstanstalt in Leipzig herauskamen,
erschienen Abbildungen derselben Gemälde, welche von der
Kunsthandlung als rechtswidrige Nachbildung ihrer lithogra-
phischen Blätter bezeichnet und sowohl in Bayern als in Sach-
sen mit der Nachdrucksklage verfolgt wurden. In Bayern
erfolgte in allen Instanzen die Verurtheilung des Verklagten
wegen widerrechtlicher Nachbildung, indem angenommen wurde,
dass die fraglichen lithographischen Abbildungen der Gemälde
als künstlerische Erzeugnisse gegen Nachbildung geschützt seien
und dass in den von Payne herausgegebenen Stahlstichen nicht
selbständige Nachbildungen, sondern, wie der Vergleich mit den
Lithographien ergebe, nichts anderes als Copien der letzteren
zu erkennen seien. Die Sächsischen Gerichte wiesen dagegen
(1855) die Nachdrucksklage zurück, indem sie den in Frage
stehenden Lithographien die Eigenschaft künstlerischer, eines
selbständigen Rechtsschutzes fähiger Erzeugnisse absprachen
und ausführten:

»Es sei jedenfalls nur der Urheber des Originalgemäldes oder
dessen Rechtsnachfolger gegen die unbefugte Vervielfältigung zu
schützen. Piloty und Löhle leiteten aber ihr Recht der Nachbil-
dung nicht von den Urhebern der Kunstwerke oder ihren Nach-
folgern im Verlagsrechte her. Die blosse Erlaubniss des Besitzers
der Gemälde, auf welchen das Urheberrecht nicht übertragen sei,
könne ein ausschliessliches Recht zur Vervielfältigung nicht be-
gründen.

Bei der Frage, ob Lithographien oder Producte ähnlicher

1) Vergl. Volkmann, Die Werke der Kunst in den deutschen
Gesetzgebungen München 1856. Wächter, Das Recht des Künstlers
gegen Nachbildung und Nachdruck seiner Werke Stuttgart 1859.
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[182/0198] V. Gegenstände. §. 18. Kunstwerke. schaft von Kunstwerken und die Fähigkeit, Gegenstand eines artistischen Eigenthumes zu sein abgesprochen, und zwar durch die Urtheile der Sächsischen Gerichtshöfe in der schon (S. 62) erwähnten Prozesssache Piloty und Löhle gegen Payne 1). Die Kunsthandlung von Piloty und Löhle in München hatte eine Sammlung lithographischer Abbildungen von Gemälden aus der Münchener Pinakothek und der Privatsammlung des Königs Ludwig von Bayern mit Genehmigung des genannten Monarchen veranstaltet. In einer Sammlung von Stahlstichen, welche unter dem Titel: Der Kunstverein von A. H. Payne, Inhaber der englischen Kunstanstalt in Leipzig herauskamen, erschienen Abbildungen derselben Gemälde, welche von der Kunsthandlung als rechtswidrige Nachbildung ihrer lithogra- phischen Blätter bezeichnet und sowohl in Bayern als in Sach- sen mit der Nachdrucksklage verfolgt wurden. In Bayern erfolgte in allen Instanzen die Verurtheilung des Verklagten wegen widerrechtlicher Nachbildung, indem angenommen wurde, dass die fraglichen lithographischen Abbildungen der Gemälde als künstlerische Erzeugnisse gegen Nachbildung geschützt seien und dass in den von Payne herausgegebenen Stahlstichen nicht selbständige Nachbildungen, sondern, wie der Vergleich mit den Lithographien ergebe, nichts anderes als Copien der letzteren zu erkennen seien. Die Sächsischen Gerichte wiesen dagegen (1855) die Nachdrucksklage zurück, indem sie den in Frage stehenden Lithographien die Eigenschaft künstlerischer, eines selbständigen Rechtsschutzes fähiger Erzeugnisse absprachen und ausführten: »Es sei jedenfalls nur der Urheber des Originalgemäldes oder dessen Rechtsnachfolger gegen die unbefugte Vervielfältigung zu schützen. Piloty und Löhle leiteten aber ihr Recht der Nachbil- dung nicht von den Urhebern der Kunstwerke oder ihren Nach- folgern im Verlagsrechte her. Die blosse Erlaubniss des Besitzers der Gemälde, auf welchen das Urheberrecht nicht übertragen sei, könne ein ausschliessliches Recht zur Vervielfältigung nicht be- gründen. Bei der Frage, ob Lithographien oder Producte ähnlicher 1) Vergl. Volkmann, Die Werke der Kunst in den deutschen Gesetzgebungen München 1856. Wächter, Das Recht des Künstlers gegen Nachbildung und Nachdruck seiner Werke Stuttgart 1859.

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Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/198>, abgerufen am 21.11.2024.