Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klopstock, Friedrich Gottlieb: Der Messias. Ein Heldengedicht. Halle, 1749.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Messias.
Alle Bezirke der Schöpfungen GOttes, und ihre Bewohner
Sah, und mit dem er unnachahmbarere Thaten voll-
führte,

Als das Geschlecht der Menschen mit seinen Edelsten aus-
übt.

Jtzo verklärten sie sich schon liebreich gegen einander.
Schnell, mit brünstig eröffneten Armen, mit herzlichen
Blicken

Eilten sie gegen einander. Sie zitterten beyde vor Freuden,
Als sie sich umarmten. Wie Brüder erzittern, die beyde
Tugendhaft sind, und beyde den Tod fürs Vaterland
suchten,

Wenn sie, vom Heldenblute noch voll, sich nach ewigen
Thaten

Wiedersehn, und sich vor ihrem noch göttlichern Vater um-
armen.

GOtt sah sie fern, und segnete sie. So giengen sie beyde,
Herrlicher noch durch die Freundschaft, dem himmlischen
Thron entgegen.

Also kamen sie weiter bis ans Allerheiligste GOttes.
Nah bey der Herrlichkeit GOttes, auf einem himmlischen
Berge,

Ruht des Allerheiligsten Nacht. Ein lichthelles Glänzen
Wacht inwendig um GOttes Geheimniß. Das heilige
Dunkel

Deckt nur das Jnnre vorm Auge der Engel. Bisweilen
eröffnet

GOtt den dämmernden Vorhang durch majestätische
Donner

Vor dem Blicke der himmlischen Schauer. Sie sehen
und feyren.


Jtzo

Der Meſſias.
Alle Bezirke der Schoͤpfungen GOttes, und ihre Bewohner
Sah, und mit dem er unnachahmbarere Thaten voll-
fuͤhrte,

Als das Geſchlecht der Menſchen mit ſeinen Edelſten aus-
uͤbt.

Jtzo verklaͤrten ſie ſich ſchon liebreich gegen einander.
Schnell, mit bruͤnſtig eroͤffneten Armen, mit herzlichen
Blicken

Eilten ſie gegen einander. Sie zitterten beyde vor Freuden,
Als ſie ſich umarmten. Wie Bruͤder erzittern, die beyde
Tugendhaft ſind, und beyde den Tod fuͤrs Vaterland
ſuchten,

Wenn ſie, vom Heldenblute noch voll, ſich nach ewigen
Thaten

Wiederſehn, und ſich vor ihrem noch goͤttlichern Vater um-
armen.

GOtt ſah ſie fern, und ſegnete ſie. So giengen ſie beyde,
Herrlicher noch durch die Freundſchaft, dem himmliſchen
Thron entgegen.

Alſo kamen ſie weiter bis ans Allerheiligſte GOttes.
Nah bey der Herrlichkeit GOttes, auf einem himmliſchen
Berge,

Ruht des Allerheiligſten Nacht. Ein lichthelles Glaͤnzen
Wacht inwendig um GOttes Geheimniß. Das heilige
Dunkel

Deckt nur das Jnnre vorm Auge der Engel. Bisweilen
eroͤffnet

GOtt den daͤmmernden Vorhang durch majeſtaͤtiſche
Donner

Vor dem Blicke der himmliſchen Schauer. Sie ſehen
und feyren.


Jtzo
<TEI>
  <text>
    <body>
      <lg type="poem">
        <lg n="23">
          <pb facs="#f0026" n="22"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Der Me&#x017F;&#x017F;ias.</hi> </fw><lb/>
          <l>Alle Bezirke der Scho&#x0364;pfungen GOttes, und ihre Bewohner</l><lb/>
          <l>Sah, und mit dem er unnachahmbarere Thaten voll-<lb/><hi rendition="#et">fu&#x0364;hrte,</hi></l><lb/>
          <l>Als das Ge&#x017F;chlecht der Men&#x017F;chen mit &#x017F;einen Edel&#x017F;ten aus-<lb/><hi rendition="#et">u&#x0364;bt.</hi></l><lb/>
          <l>Jtzo verkla&#x0364;rten &#x017F;ie &#x017F;ich &#x017F;chon liebreich gegen einander.</l><lb/>
          <l>Schnell, mit bru&#x0364;n&#x017F;tig ero&#x0364;ffneten Armen, mit herzlichen<lb/><hi rendition="#et">Blicken</hi></l><lb/>
          <l>Eilten &#x017F;ie gegen einander. Sie zitterten beyde vor Freuden,</l><lb/>
          <l>Als &#x017F;ie &#x017F;ich umarmten. Wie Bru&#x0364;der erzittern, die beyde</l><lb/>
          <l>Tugendhaft &#x017F;ind, und beyde den Tod fu&#x0364;rs Vaterland<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;uchten,</hi></l><lb/>
          <l>Wenn &#x017F;ie, vom Heldenblute noch voll, &#x017F;ich nach ewigen<lb/><hi rendition="#et">Thaten</hi></l><lb/>
          <l>Wieder&#x017F;ehn, und &#x017F;ich vor ihrem noch go&#x0364;ttlichern Vater um-<lb/><hi rendition="#et">armen.</hi></l><lb/>
          <l>GOtt &#x017F;ah &#x017F;ie fern, und &#x017F;egnete &#x017F;ie. So giengen &#x017F;ie beyde,</l><lb/>
          <l>Herrlicher noch durch die Freund&#x017F;chaft, dem himmli&#x017F;chen<lb/><hi rendition="#et">Thron entgegen.</hi></l><lb/>
          <l>Al&#x017F;o kamen &#x017F;ie weiter bis ans Allerheilig&#x017F;te GOttes.</l><lb/>
          <l>Nah bey der Herrlichkeit GOttes, auf einem himmli&#x017F;chen<lb/><hi rendition="#et">Berge,</hi></l><lb/>
          <l>Ruht des Allerheilig&#x017F;ten Nacht. Ein lichthelles Gla&#x0364;nzen</l><lb/>
          <l>Wacht inwendig um GOttes Geheimniß. Das heilige<lb/><hi rendition="#et">Dunkel</hi></l><lb/>
          <l>Deckt nur das Jnnre vorm Auge der Engel. Bisweilen<lb/><hi rendition="#et">ero&#x0364;ffnet</hi></l><lb/>
          <l>GOtt den da&#x0364;mmernden Vorhang durch maje&#x017F;ta&#x0364;ti&#x017F;che<lb/><hi rendition="#et">Donner</hi></l><lb/>
          <l>Vor dem Blicke der himmli&#x017F;chen Schauer. Sie &#x017F;ehen<lb/><hi rendition="#et">und feyren.</hi></l>
        </lg><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">Jtzo</fw><lb/>
      </lg>
    </body>
  </text>
</TEI>
[22/0026] Der Meſſias. Alle Bezirke der Schoͤpfungen GOttes, und ihre Bewohner Sah, und mit dem er unnachahmbarere Thaten voll- fuͤhrte, Als das Geſchlecht der Menſchen mit ſeinen Edelſten aus- uͤbt. Jtzo verklaͤrten ſie ſich ſchon liebreich gegen einander. Schnell, mit bruͤnſtig eroͤffneten Armen, mit herzlichen Blicken Eilten ſie gegen einander. Sie zitterten beyde vor Freuden, Als ſie ſich umarmten. Wie Bruͤder erzittern, die beyde Tugendhaft ſind, und beyde den Tod fuͤrs Vaterland ſuchten, Wenn ſie, vom Heldenblute noch voll, ſich nach ewigen Thaten Wiederſehn, und ſich vor ihrem noch goͤttlichern Vater um- armen. GOtt ſah ſie fern, und ſegnete ſie. So giengen ſie beyde, Herrlicher noch durch die Freundſchaft, dem himmliſchen Thron entgegen. Alſo kamen ſie weiter bis ans Allerheiligſte GOttes. Nah bey der Herrlichkeit GOttes, auf einem himmliſchen Berge, Ruht des Allerheiligſten Nacht. Ein lichthelles Glaͤnzen Wacht inwendig um GOttes Geheimniß. Das heilige Dunkel Deckt nur das Jnnre vorm Auge der Engel. Bisweilen eroͤffnet GOtt den daͤmmernden Vorhang durch majeſtaͤtiſche Donner Vor dem Blicke der himmliſchen Schauer. Sie ſehen und feyren. Jtzo

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die ersten drei Gesänge von Klopstocks ‚Messias‘ … [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias_1749
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias_1749/26
Zitationshilfe: Klopstock, Friedrich Gottlieb: Der Messias. Ein Heldengedicht. Halle, 1749, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias_1749/26>, abgerufen am 24.11.2024.