Klopstock, Friedrich Gottlieb: Der Messias. Ein Heldengedicht. Halle, 1749.
Schon A 5
Schon A 5
<TEI> <text> <body> <lg type="poem"> <lg n="8"> <l> <pb facs="#f0013" n="9"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Erſter Geſang.</hi> </fw> </l><lb/> <l>Laßt uns das Bild der Gottheit von neuem im Menſchen<lb/><hi rendition="#et">erſchaffen;</hi></l><lb/> <l>Alſo erfanden wir unſer Geheimniß, das Blut der Ver-<lb/><hi rendition="#et">ſoͤhnung,</hi></l><lb/> <l>Und die zum ewigen Bilde verneuerte Schoͤpfung der<lb/><hi rendition="#et">Menſchen.</hi></l><lb/> <l>Hier erkohr ich mich ſelbſt, dieß goͤttliche Werk zu vollen-<lb/><hi rendition="#et">den.</hi></l><lb/> <l>Ewiger Vater, das weißſt du, das wiſſen die Himmel, wie<lb/><hi rendition="#et">bruͤnſtig</hi></l><lb/> <l>Mich ſeit dieſem Entſchluß nach meiner Erniedrung ver-<lb/><hi rendition="#et">langte;</hi></l><lb/> <l>Erde, wie oft warſt du, in deiner niedrigen Ferne,</l><lb/> <l>Mein erwaͤhltes geliebteſtes Augenmerk! Und du, o Canan,</l><lb/> <l>Heiliges Land, wie oft hieng mein ſanftthraͤnendes Auge</l><lb/> <l>An dem Huͤgel, den ich vom Blute des Bundes ſchon<lb/><hi rendition="#et">voll ſah.</hi></l><lb/> <l>Und, o wie bebt mir mein Herz von ſuͤſſen wallenden<lb/><hi rendition="#et">Freuden,</hi></l><lb/> <l>Daß ich ſo lange ſchon Meuſch bin, daß ſchon ſo viele<lb/><hi rendition="#et">Gerechte</hi></l><lb/> <l>Zu mir ſich ſammlen, und nun bald alle Geſchlechte der<lb/><hi rendition="#et">Menſchen</hi></l><lb/> <l>Durch mich geheiliget werden! Hier lieg ich, goͤttlicher<lb/><hi rendition="#et">Vater,</hi></l><lb/> <l>Noch mit den Zuͤgen der Menſchheit, nach deinem Bilde,<lb/><hi rendition="#et">gezieret.</hi></l><lb/> <l>Betend vor dir: Bald aber wird mich dein toͤdtend Ge-<lb/><hi rendition="#et">richte</hi></l><lb/> <l>Blutig entſtellen, und unter den Staub der Todten be-<lb/><hi rendition="#et">graben.</hi></l><lb/> <fw place="bottom" type="sig">A 5</fw> <fw place="bottom" type="catch">Schon</fw><lb/> </lg> </lg> </body> </text> </TEI> [9/0013]
Erſter Geſang.
Laßt uns das Bild der Gottheit von neuem im Menſchen
erſchaffen;
Alſo erfanden wir unſer Geheimniß, das Blut der Ver-
ſoͤhnung,
Und die zum ewigen Bilde verneuerte Schoͤpfung der
Menſchen.
Hier erkohr ich mich ſelbſt, dieß goͤttliche Werk zu vollen-
den.
Ewiger Vater, das weißſt du, das wiſſen die Himmel, wie
bruͤnſtig
Mich ſeit dieſem Entſchluß nach meiner Erniedrung ver-
langte;
Erde, wie oft warſt du, in deiner niedrigen Ferne,
Mein erwaͤhltes geliebteſtes Augenmerk! Und du, o Canan,
Heiliges Land, wie oft hieng mein ſanftthraͤnendes Auge
An dem Huͤgel, den ich vom Blute des Bundes ſchon
voll ſah.
Und, o wie bebt mir mein Herz von ſuͤſſen wallenden
Freuden,
Daß ich ſo lange ſchon Meuſch bin, daß ſchon ſo viele
Gerechte
Zu mir ſich ſammlen, und nun bald alle Geſchlechte der
Menſchen
Durch mich geheiliget werden! Hier lieg ich, goͤttlicher
Vater,
Noch mit den Zuͤgen der Menſchheit, nach deinem Bilde,
gezieret.
Betend vor dir: Bald aber wird mich dein toͤdtend Ge-
richte
Blutig entſtellen, und unter den Staub der Todten be-
graben.
Schon
A 5
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDie ersten drei Gesänge von Klopstocks ‚Messias‘ … [mehr] Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |